𝟙𝟟. 𝔸𝕦𝕗𝕤𝕥𝕖𝕙𝕖𝕟. 𝕎𝕖𝕚𝕥𝕖𝕣𝕞𝕒𝕔𝕙𝕖𝕟.

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Rumi wachte langsam auf. Sie fühlte sich sehr erholt und ausgeschlafen, als sie die Lider öffnete. Als sie ihren Nacken zur Seite legte, blickte sie auf die Digitaluhr - es war 05:37 Uhr. Sie versuchte aufzustehen, um sich ein Glas Wasser aus dem Bad zu holen. Doch sie scheiterte daran, denn vor Schmerz fiel sie zurück auf die Matratze.

Diese Schmerzen. Woher hatte sie diese Schmerzen?

Ihr dämmerte es: Es waren Schmerzen, die sie noch nie in Leben zuvor gespürt hatte. Sie sank tiefer in die Matratze. Das Herz pochte schlagartig schneller. Sie blickte auf die wulstigen weißen Decken und realisierte langsam, dass sie im Bett aufgewacht war neben Anton. 

Sie war nicht tot.

Wieso war sie nicht tot? Landet man in seiner persönlichen Hölle, wenn man stirbt? Wo war die endlose Dunkelheit, die sie erlösen sollte? Warum war sie hier?

Ihre Muskeln schmerzten, ihre Oberschenkel zogen, ihr Rücken knackte, Ihre Lippen und ihr Eingang taten so weh, als hätte sie auf einer Messerschneide gesessen. Langsam kamen die Bilder zurück. Die Gerüche. Die Geräusche. Das Schmatzen ihrer Mitte und der Schwänze, die sich in ihren Körper bohrten. Ihr wurde übel. Sie rannte ins Badezimmer und übergab sich mehrere Male. Aus ihr sprudelte nur Magensäure.

Heute aufzuwachen und sich daran erinnern zu müssen, das musste ihre perönliche Hölle sein. Dann kam ihr ein Gedanke:

Es gibt keine Hölle. Es gibt keinen Himmel.
Es gibt keinen Gott. Es gibt keine Dämomen.

Es gibt nur die Natur. Es gibt nur Tiere.
Es gibt nur Menschen.
Es gibt nur Gut und Böse auf dieser Welt.

Böse Menschen erschaffen dir die Hölle.
Gute Menschen erschaffen für dich den Himmel auf Erden.

Jetzt, wo sie bei klarem Verstand war, da wurde ihr Eines bewusst. Sie hat jeden Schmerz auf dieser Welt gespürt. Schläge ins Gesicht. Am Körper. Ihre Haut wurde mit Messern aufgeritzt. Und ihre Körperöffnungen wurden mit Schwänzen geschunden.

Es gibt keinen körperlichen Schmerz, den sie nicht gespürt hat. Eisige Kälte an den Füßen, als sie durch den Schnee gerannt ist. Unerträgliche Hitze von den vielen Wutanfällen, die ihre Seele ausbrennen haben lassen. Es klebte jede erdenkliche  Körperflussigkeit an ihr.
Schweiß, Blut, Sperma, ihr Sekret, Speichel, ihr Erbrochenes, Tränen...

Sie war durch jeden Feuerring gesprungen. Sie hatte alles überlebt. Sie war durch die Hölle gegangen und am anderen Ende lebend wieder herausgekommen. Lena nicht.
Darina vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon? So viele werden all das nicht überlebt haben. So viele Mädchen, so viele Frauen, Schwestern, Mütter, Tanten, Töchter...

Verschollen. Verkauft. Vergewaltigt. Geschunden. Geschlagen. Getötet.

Begraben und Vergessen.

Und genau für diese Mädchen und Frauen musste sie nun weiterleben. Überleben. Das Beste aus ihrer Situation machen. Sich beugen und versuchen ihr neu gewonnenes Leben für all diese Frauen und Mädchen weiterzuleben. Sie verkörperte all diese Opfer und all die Schicksale, die zu früh ein Ende genommen haben.

Das wird das erste und letzte Mal sein, dass Anton sie verschonen wird. Davon war sie überzeugt.
Kurz danach wollte sie alles an sich abwaschen. Sie wollte die Beweise des letzten Tages abwaschen und sich sauber fühlen. Sie setzte sich in die Badewanne. Ihre Beine zitterten. Ihre Muskeln hielten sie kaum. Langsam lief das Wasser in die Wanne und umgab sie mit Wärme, wie eine sanfte Umarmung. Sie fürchtete sich davor sich zu berühren. Ihre eigene Berührung versetzte ihren Körper in Angst. Ihre Mitte fühlte sich geschwollen an. Das warme Wasser war erlösend und reinigend, aber es brannte auch.

Elf treue Sklavinnen - und eine RumiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt