𝟜𝟝. 𝕎𝕖𝕣 𝕚𝕤𝕥 ℕ𝕚𝕟𝕒?

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Eine Woche später, gleich nachdem Anton sein Frühstück eingenommen hatte, rief er Rumjana zu sich ins Büro. Er hatte sich das Tablett auf seinen überladenen Schreibttisch gestellt und beugte sich immer wieder über aufgeklappte Haushaltsbücher, wo er wild Summen eintrug.

Es machte Sinn, dass er staubige Haushaltsbücher weiterverwendete und keine Technik, da diese von Behörden und staatlichen Organen ausgeschnüffelt werden könnten. Allerdings musste es ein enormer Aufwand sein auf diese Art und Weise Buch zu führen. Mit einer Gabel in der linken und einem Kugelschreiber in der rechten Hand, stand er vor ihr an seinem Schreibtisch.

"Heute Morgen wurde mir das letzte Mädchen gebracht. Sie heißt Nina. Ich weiß, du hast die Tour schon letzte Woche gemacht, aber ich bitte dich ihr noch mal alles zu zeigen.", ergriff er kauend das Wort. Er blickte von seinen Büchern auf und streifte sie mit seinem Blick.
"Sie ist etwas schwieriger.", warnte er. "Ich schulde jemanden einen Gefallen. Ich weiß wenig über sie und mein a Vertrauen zu ihr ist gering.", fügte er hinzu.
Bei dem Gedanken, dass Anton jemandem einen Gefallen schuldete, zog Rumjana die Augenbrauen hoch. Aber wer weiß? Möglich ist es. Seine ganze "Branche" beruht darauf linken Gestalten und finsteren Männern Gefälligkeiten und Gefallen zu erfüllen.

Nickend nahm Rumjana die Anweisungen entgegen. Diese Aufgabe würde sie wenigstens von dem Schmerz ablenken, den Stepan's schneller Auszug hinterlassen hatte.

So gut sie konnte, überspielte sie ihre Traurigkeit vor Anton. Er kannte sie zwar gut, zu gut, aber Rumjana hatte eine Taktik entwickelt ihre wahren Gefühle zu verlagern und vor ihm zu verstecken. Häufig, wenn sie traurig, zornig oder deprimiert war, versteckte sie sich morgens, bevor sie Anton's Frühstück zubereitete in der Wäschekammer und ließ dort ihren Gefühlen freien Lauf. Manchmal weinte sie, manchmal schrieb sie in das neue Notizbuch, welches Anton ihr gegeben hatte und manchmal krakelte sie wütend Skizzen hinein. Das notizbuch hielt sie stets an ihrer Seite, aus Angst, Anton könnte es lesen. Ob er ihr es geschenkt hatte, um ihre echten Gedanken und Gefühle auszuschnüffeln? So groß war ihr Misstrauen gegenüber diesem Mann. 

Als Anton sie mit etwas belaberte, schweiften ihre Gedanken umher und für einen Moment kam ihr der seltsame Traum von gestern Nacht in den Sinn. Sie hatte geträumt, dass sie sich in einen indischen Schauspieler verliebt hatte. Im Traum war sie mit ihrer besten Freundin auf eine Kinopremiere gegangen und hatte ihn dort zum ersten Mal gesehen. Nach der Vorstellung durfte sie ihn sogar persönlich treffen. Weil sie sich so unsterblich in ihn verliebt hatte, ist sie ihm nachgereist, um ihm so nah wie möglich zu sein. In diesem Traum sah Rumjana wenig Symbolik. Da ging einfach ihre Fantasie mit ihr durch. Aus Spaß hatte sie es heute morgen in ihrem Traumdeutungsbuch nachgeschlagen, und fand dort folgende Erklärung: Sie werden neue Freunde finden oder sich mehr Beliebtheit erfreuen!
In diesem Haus ist das eine Unmöglichkeit, dachte Rumjana. Als ihr die Bilder des lustigen Traums wieder vor Augen flimmerten, musste sie etwas schmunzeln und sich wieder sammeln. Konzentriert blickte sie zurück und nickte, um ihm den Eindruck zu verschaffen, dass sie voll bei der Sache war.

"Das Mädel ist etwas wilder und ich weiß nicht viel über sie, deshalb erkläre ihr bitte nur das Nötigste. Sascha wird sie ausbilden. Sie wird jetzt unten sein.", fuhr er fort.
"Ich verstehe.", nickte sie sanft. "Was ist denn an ihr so 'schwierig'?", fragte Rumjana neugierig und lief ein paar Schritte auf ihn zu. Sein Gesichtsausdruck vermittelte ihr, dass er gestresst war. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und drei leichte horizontale Fältchen bildeten sich auf seiner Stirn. Er wedelte abwertend mit seiner Hand, so als hätte er keine Zeit für sie.

"Was habe ich dir gerade gesagt? Du weißt genug! Alles was du über sie herausfindest, geht wieder zurück an mich. Verstanden!", seine Stimme wurde scharf. Anton war überhaupt nicht gut drauf. Bevor er sie erneut ankeifen konnte, ergriff Rumi schnell die Flucht und lief herunter.

Elf treue Sklavinnen - und eine RumiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt