Kapitel 13

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Yvaine

Wie erschlagen sitze ich an der Kücheninsel. Den Kopf auf meiner Hand abgestützt und versuche alles, um nicht vor meiner Schüssel Müsli einzuschlafen und mit dem Gesicht in die Milch zu krachen.

Natürlich habe ich nicht schlafen können. Die. Ganze. Verdammte. Nacht.

Und jetzt sitze ich hier, wie ein ausgehungerter Zombie, der auf seine nächste Portion Gehirn wartet.

Margret hantiert hinter mir an der Spüle und macht das Geschirr sauber. Jedes einzelne Klirren ist wie ein lauter Knall in meinen Ohren. Es fühlt sich so an, als hätte ich den Kater meines Lebens und das, obwohl ich nicht einmal etwas getrunken habe.

»Und? Was hast du heute vor?«, fragt sie mich mit einer viel zu fröhlichen Stimme.

Versuchen nicht an Schlaflosigkeit zu sterben. Hätte ich ihr gerne gesagt, aber das würde nur Fragen aufwerfen. Fragen, mit denen ich mich für heute nicht mehr auseinandersetzen will.

»Ich treffe mich später mir Lou und Aurelia zum Essen«, sage ich stattdessen. Und es ist auch die Wahrheit. Heute früh habe ich eine Nachricht von Louisa bekommen, mit der Frage, ob wir uns mit Lilly treffen sollen.

Natürlich habe ich nicht abgelehnt. Nicht etwa, weil ich Lilly über den Zustand ihres Bruders aushorchen will, sondern weil ich alles dafür tun will, um dieser Festung zu entkommen.

Selbst wenn Vater nicht hier ist, fühle ich mich dennoch wie eine Gefangene. Also nutze ich jede Gelegenheit, die mir entgegenkommt, um zu verschwinden.

»Schön. Ich freue mich, dass du endlich wieder etwas mit deinen Freundinnen unternehmen kannst«, trällert sie fröhlich und ich frage mich, wie sie so früh am Morgen nur solch gute Laune versprühen kann.

»Ich mich auch«, erwidere ich leise und beinahe kraftlos, während ich den nächsten Löffel mit dem Müsli aus der Schüssel hebe. Sogar das ist viel zu anstrengend für mich.

Plötzlich durchzieht mich ein merkwürdiges Gefühl. Ich erschaudere und merke, wie sich meine Nackenhaare aufstellen. Automatisch richte ich mich auf dem Hocker auf und drehe den Kopf gerade noch rechtzeitig, um Grey in die Küche eintreten zu sehen.

Ohne den Anschein mich überhaupt wahrzunehmen, geht er zum Kühlschrank und holt sich eine Kruke gefüllt mit Orangensaft heraus.

Seit wann ist er eigentlich wieder hier? Ich habe Grey seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr in diesem Haus gesehen. Oder aber er hat sich die ganze Zeit über so unsichtbar gemacht, dass ich ihn nicht sehen konnte.

»Guten Morgen, mein Junge«, grüßt Margret ihn und ich sehe aus dem Augenwinkel, wie sie ihm lächelnd mit den Fingern über das kurze Haar fährt. Sie muss sich ein wenig auf die Zehnspitzen stellen, da sie kleiner ist als er, dennoch schafft sie es seine Haare zu verwuscheln. »Sei doch so lieb und hole mir die Auflaufform aus der oberen Schublade. Der Herr des Hauses kehrt heute Abend zurück und ich möchte ihn mit seinem Lieblingsessen überraschen.«

Erneut spanne ich mich an. Vater kommt zurück...

Mein Blick fliegt zu Grey, nur um festzustellen, dass er mich bereits mit seinen Adleraugen beobachtet.

Wortlos steht er da mit einer grauen Jogginghose und einem schwarzen T-Shirt, welches sich um seinen muskulösen Oberkörper spannt. Sein linker Arm ist mit schwarzen Tattoos bedeckt, bis hin zu seinem Handrücken und den Fingerknöcheln.

Sein Blick ist unergründlich und ich habe keine Ahnung, was sich in seinem Kopf abspielt. Vielleicht denkt er bereits darüber nach, wie er mich bei seinem Boss verpfeifen kann.

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