Kapitel 16

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Wesley

Ah, zum Teufel noch mal!

Entgeistert starre ich auf das große Anwesen, welches so großzügig die Festung genannt wird. Ich habe keine Ahnung, wieso ich hier bin. Geschweige davon, wie ich überhaupt hergekommen bin. Alles was ich weiß ist, dass ich so tief in meinen Gedanken versunken war, dass ich nicht bemerkt habe, wie mich meine eigenen verräterischen Beine hierhergeführt haben. Dabei weiß ich noch nicht einmal, was ich hier soll.

Die Lichter sind im ganzen Haus aus und bis auf die Laternen auf der Straße ist das Anwesen Stockfinster. Na ja, nicht verwunderlich, es ist immerhin mitten in der Nacht.

Obwohl es bereits so spät ist und ich eigentlich völlig ausgepowert bin, bin ich in diesen Moment dennoch wacher denn je.

Das alte Gartentor ist komplett zugewuchert. Hier und da kann man gebrochene Zweige und eingestampfte Erde erkennen, aber jetzt weiß ich, wieso sie sich keine Sorgen gemacht hat, dass sie erwischt wird. Es sieht wirklich vergessen aus. Trotz der hohen Büsche und dem Holz, aus dem das Tor besteht, gibt es hier und da eine größere Lücke, durch die man hindurchsehen und tatsächlich den gesamten Garten überblicken kann.

Perfekt. Jetzt fühle ich mich tatsächlich wie ein kranker Stalker.

Gerade als ich die Augen zukneifen will, um mir selbst eine zu verpassen, erlangt eine Bewegung meine Aufmerksamkeit. Mitten auf dem Rasen. Wie ein Déjà-Vu. Yvaine liegt dort, die Beine ein wenig angewinkelt und streckt gerade ihren Arm zum Himmel aus, als würde sie nach den Sternen greifen wollen.

Ich sollte wirklich nicht hier sein. Ich hätte gar nicht erst in ihre Nähe kommen sollen, doch wie es aussieht, hat mich das Gespräch mit Lilly mehr aufgewühlt, als ich gedacht habe.

Scheiße noch mal! Habe ich sie letztes Mal nicht noch so grob behandelt? Und jetzt... Jetzt stehe ich hier, lege meine verdammte Hand auf die verrostete Klinke und drücke die modrige Tür mit einem knarzenden Geräusch auf.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich hier sein soll und, dass ich es später noch bitter bereuen werde.

Mit großen, aber dennoch langsamen Schritten gehe ich sie zu. Entweder sie hat mich noch nicht bemerkt, oder aber sie versucht es zu ignorieren. Doch als ich bei ihr bin, lässt sie den Arm langsam wieder sinken und legt ihn auf ihren Bauch.

Wie auch schon beim ersten Mal, als ich hier war, lege ich mich einfach neben sie, als wäre ich nicht gerade der Eindringling, der ich eigentlich bin. »Und? Was sehen wir uns dieses Mal an?«, frage ich leise, ohne sie erschrecken zu wollen.

Zu meiner Überraschung scheint sie vollkommen ruhig zu sein. Es hätte sonst jemand herkommen können und trotzdem hat sie sich kein bisschen erschrocken oder ist gleich aufgesprungen, um zu schreien. Das bedeutet wiederum, dass Yvaine einen ziemlich beschissenen Tag hinter sich hat.

Sie öffnet die Augen und dreht den Kopf langsam zu mir. Ihr Blick trifft mich mit voller Wucht. Er trieft nur so vor Erschöpfung und Resignation. Diesen Blick kenne ich viel zu gut, denn es ist einer, den ich öfters im Spiegel gesehen habe, als mir lieb ist.

»Was tust du hier?«, fragt sie leise und ruhig. Es ist nicht so wie beim letzten mal. Yvaine rastet nicht komplett aus, mit der Furcht erwischt zu werden. Sie gibt auf und es gefällt mir nicht.

»Keine Ahnung«, seufze ich und wende meinen eigenen Blick von ihr ab. Dummerweise ertrage ich es nicht, wenn sie so aussieht.

Stille macht sich zwischen uns breit. Ich kann deutlich spüren, dass sie mich noch immer ansieht, wie sie versucht hinter meine Worte und Absichten zu kommen. Aber um ehrlich zu sein, gibt es hierbei keine Absichten oder sonst was. Ich habe wirklich keinen blassen Schimmer, wieso ich hier bin.

Sinners - Beast ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt