Kapitel 49

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Wesley

Es hat eine Weile gedauert, ehe ich mich wieder fangen konnte. Die letzten Tage habe ich so vieles in mir verschlossen gehalten, bis das Schloss in meinem Inneren geplatzt ist und alle Emotionen, die ich nicht mehr fühlen wollte, sind mit einem Schlag ausgebrochen.

Und Yvaine nach so langer Zeit wieder zusehen, war anscheinend der erste Schritt für diesen Ausbruch. Jetzt sitzen wir auf eines der Bänke der Umkleide und schweigen uns an. Ich bin mir nicht sicher, ob sie nur nichts sagt, um nichts Falsches herauszubringen. Doch ich halte still, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll. Ich habe kein Recht dazu mich bei ihr dafür zu bedanken, dass sie hier ist. Sie sollte eigentlich nicht hier sein. Nicht, nachdem ihr das alles angetan wurde. Nicht, nachdem, was ich ihr angetan habe.

Doch... Eigentlich weiß ich, was ich ihr sagen sollte.

>>Es tut mir leid<<, bringe ich leise und kraftlos hervor und doch zuckt sie unter meiner Stimme leicht zusammen.

>>Was genau?<<

Die Luft ausstoßend, drehe ich mich auf der Bank zu ihr herum, um sie anzusehen. >>Einfach alles.<< Auch sie dreht sich zu mir herum. >>Du hast recht. Ich habe so einiges falsch gemacht. Ich habe viele im Stich gelassen. Sie verletzt. Wie es aussieht, ist das alles, was ich tun kann.<<

>>Wes, ich bin nicht hier, um dir ein schlechtes Gewissen zu machen. Ich bin hier, um dir zu helfen. Um dir beizustehen.<<

>>Wieso? Wurdest du wegen mir nicht schon genug verletzt?<< Diese Narben auf ihren Rücken. Doyle hat mir zwar gesagt, dass ihr Vater sie geschlagen hätte, aber ich hätte nie gedacht, dass es so aussehen würde. Und ich hasse mich umso mehr dafür, dass ich danach noch einen draufgesetzt hatte.

Yvaine schüttelt den Kopf und will nach meiner Hand greifen, doch ich ziehe sie automatisch weg. Sie versteht, dennoch bringt sie ein trauriges Lächeln hervor. >>Er hat es nicht wegen dir getan<<, beginnt sie. >>Er hat es getan, weil ich mich endlich gegen ihn gewehrt habe. Ich habe ihm widersprochen. Ihm gewünscht, dass sein Imperium untergeht. Und ich habe ihm ins Gesicht gespuckt.<<

Okay, jetzt bin ich doch ein wenig erstaunt. Ich habe ja gewusst, dass in Yvaine eine wilde und rebellische Seite steckt. Aber das...

>>Er hat die Nerven ganz verloren. Nur deshalb hat er es so weit getrieben. Er wollte, dass ich mich wieder vor ihm fürchte. Aber er hat sich getäuscht. Und er hat nicht mit Grey gerechnet.<<

Ja, und dafür danke ich diesen Mistkerl noch immer.

>>Es tut mir leid. Hätte ich das gewusst, dann...<<

Sie schnaubt. >>Dann was? Hättest du noch ein paar Tage gewartet, um mich abzuservieren? Nein, auf dieses Mitleid hätte ich verzichten können.<<

Ich senke den Kopf. Ich habe alles riskiert, um meine Familie zu beschützen. Ich habe versucht alles richtig zu machen und doch habe ich alles zerstört, was mir je wichtig war. Und wozu das alles? Jetzt ist unsere Mutter letztendlich doch noch gestorben. Ich habe Yvaine umsonst von mir gestoßen. Ich habe dieses Opfer umsonst gebracht.

>>Alles, was ich getan habe, habe ich für meine Familie getan<<, beginne ich und sehe ihr wieder in die Augen. >>Um sie zu beschützen und um sie am Leben zu halten.<<

>>Ich weiß.<<

>>Nein, du weißt es nicht<<, erwidere ich Kopfschüttelnd und stehe auf. Ich beginne vor ihr auf und abzugehen. >>Ihre Leben standen auf dem Spiel.<<

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