Kapitel 15

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Wesley

Beinahe am Verdursten verlasse ich den Keller, in dem ich die letzten Stunden verbracht habe und schlendere erschöpft in die Küche, greife mir dort eine Wasserflasche und trinke sie beinahe leer. Es ist zu schade Geld für Wasserflaschen zu verschwenden, aber das Zeug, was in diesem Haus aus dem Wasserhahn kommt, würde ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind zutrauen. Es reicht schon, dass diese Familie in ihr duschen muss.

Seufzend lehne ich mich gegen die alte Küchenzeile und versuche nicht allzu tief durchzuatmen. Meine Verletzungen tun noch immer weh. Glücklicherweise sind die Schwellungen in meinem Gesicht und am Körper nicht zu schlimm, trotzdem wird es noch ein wenig dauern, bis alles wieder verheilt ist. Und trotzdem hält es mich nicht vom Training ab. Ich muss nun mal in Form bleiben. Selbst mit einem gebrochenen Bein - falls es jemals dazu kommen sollte, was ich nicht hoffe.

Draußen wird es bereits dunkel und im Haus herrscht eine merkwürdige Stille. Vor einigen Stunden ist Iggy mit Melody in die Stadt gefahren und bisher sind sie noch nicht wieder zurück.

Da mein durchgeknallter, bester Freund sich ein wenig dazu verdient, mit Dingen, von denen ich lieber nichts wissen will, verwöhnt er meine kleine Schwester immer wieder mit verschiedenen Dingen. Besuche in Spielhallen, Eisessen ohne Ende und Spielzeuge. Ich muss zugeben, dass ich ihn dafür nicht leiden kann. Und mich noch weniger, weil ich nicht derjenige bin, der das alles für seine Schwester tun kann.

Mel weiß, in welcher Situation wir uns befinden, dass wir das Geld für Mutter und die Schulden brauchen und leider versucht sogar sie ihre eigenen Bedürfnisse zurückzuschrauben. Verdammt noch mal sie ist zehn. Sie sollte sich nicht mit den Problemen des Erwachsenen seins beschäftigen. Sie hat noch Zeit und sollte ihre Kindheit so gut genießen, wie sie nur kann.

Aber so wütend ich auch auf Iggy bin, weil er im Moment ein besserer Bruder für Mel ist als ich, kann ich diesen Idioten dennoch nicht oft genug dafür danken, für das was er für meine Familie tut.

Nach einem weiteren großen Schluck stelle ich die Flasche ab und stoße mich von der Küchenzeile ab.

Routiniert schreite ich durch den kleinen Flur und bleibe an jener Tür stehen, die mir jedes Mal ein Herz aus Blei verschafft.

Hart schluckend öffne ich die Tür so leise ich nur kann und werde sofort von einer erstickenden Dunkelheit empfangen. Die dicken Vorhänge sind zugezogen. Vermutlich hat Lilly es getan ehe sie ging und vermutlich hatte Mutter sie darum gebeten.

Immer wieder gibt es Phasen, in denen sie so lichtempfindlich ist, dass ihr sogar die Dunkelheit weh tut.

Ein leises Wimmern lässt mich stark zusammenzucken. Obwohl es nur ganz schwach und leise klingt, hört es sich für mich so laut an, wie ein Donner, bevor der Blitz neben einem einschlägt.

»Ma'«, sage ich leise und betrete ihr Zimmer. Besorgt und mit zitternden Beinen trete ich an ihr Bett und erstarre, als mir der beißende Geruch in die Nase dringt.

Fuck. Nicht schon wieder.

»Ma' wieso hast du nichts gesagt?«, frage ich leise und schlage ihre die Decke weg. Der Uringeruch breitet sich immer weiter im Zimmer aus und es fällt mir immer schwerer die Luft zu holen. Nicht, weil sie es nicht auf die Toilette geschafft hat, sondern weil es mir verflucht, schwer fällt sie in solch einer Verfassung zu sehen.

Ein erneutes Wimmern dringt aus ihrer Kehle und mein Herz bricht erneut. »Es tut mir leid. Ich...« Ihre Stimme versagt.

»Schon gut. Ich mache dir keine Vorwürfe, das weißt du.« Vorsichtig lege ich meine Arme unter den schwachen Körper meiner Mutter und hebe sie hoch.

Sinners - Beast ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt