Kapitel 34

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Yvaine

Immer wieder fahre ich sanft mit meinen Fingern über Wesleys Oberkörper. Fahre die Narben nach, die er von vergangenen Kämpfen davongetragen haben musste.

Arm im Arm liegen wir nackt im Bett, die Decke halb über uns und ich kann nicht anders, als seinem ruhigen Herzschlag zu lauschen.

Nun... was soll ich sagen? Wes hat sein Versprechen eingehalten. Er hat mich zum Schreien gebracht. Nicht nur einmal. Und ich bete dafür, dass es kein anderer gehört hat.

>>Bist du dir sicher, dass du das durchziehen willst?<<, sagt er plötzlich in die Stille hinein. >>Das mit deinem Vater?<<

Augenblicklich höre ich auf mit dem, was ich tue, und verharre mit der Hand über einer kleinen Narbe an seinen Rippen.

Ich habe lange darüber nachgedacht. Wie ich Mom und Atlas dabei helfen kann meinen Vater von seinem Turm zu stürzen. Ich habe ihr einige Vorschläge gemacht, die sie jedoch nicht hören wollte. Mom will nicht, dass ich mich da einmische. Aber eine Sache hat sie dabei vergessen. Mein Vater ist ein wahrer Meister darin seine zwielichtigen Geschäfte zu verschleiern. Ja, er besitzt viele Gebäude und Unternehmen in dieser Stadt – und auch sonst wo auf dieser gottverdammten Welt – aber ich weiß auch, dass er nicht nur auf legalen Weg sein Geld verdient. Zwar habe ich noch keine Beweise dafür, doch ich spüre tief in mir, dass er Dreck am Stecken hat. Es reicht schon, wenn ich mir die Leute ansehe, die für ihn arbeiten. Die vollausgerüsteten Bodyguards. Mr. Doyle Senior und sein durchgeknallter Sohn.

Kein Mensch, der allein durch die Wallstreet an sein Vermögen kommt, stellt solche Leute ein. Allein deshalb habe ich für mich beschlossen – selbst, wenn Mom es mir auszureden versucht hat – dass ich nach Beweisen suchen werde, die ihn mit illegalem Zeug in Verbindung bringen.

>>Ich bin mir sicher.<<

Tief durchatmend regt sich Wesley unter mir und rutscht ein wenig im Bett auf. Dabei ziehe ich mit und stütze mich mit meinem Arm auf der Matratze ab, als er mein Kinn umfasst und meinen Kopf zu sich zieht, sodass ich ihn ansehen muss.

Sein Blick ruht ernst auf mir und ich sehe, wie seine Kiefer zucken, als er die Zähne aufeinanderpresst. >>Sag mir nur, dass du das nicht nur tust, um hier her kommen zu dürfen.<<

Ich schweige. Nicht nur, weil ich es ihm nicht sagen kann. Natürlich ist er einer dieser Gründe. Scheiße noch mal, ich will nicht Angst darum haben mich in den falschen Gegenden herumzutreiben, nur weil ich Vaters wütendes Gesicht vor mir sehe. Ich tue nichts Falsches, denn alles, was ich tue, ist Leben. Ich will mich nicht ständig umsehen müssen, auf der Hut sein müssen, um den Namen Roberts nicht zu beschmutzen. Um weiter das brave und gehorsame Mädchen zu sein. Ich will es nicht.

Alles, was ich will, ist endlich frei zu sein. Mich mit meinen Freunden in der Stadt herumzutreiben, laut zu lachen, zu fluchen. Mich sogar zu besaufen, ohne dass mich eine Bestrafung erwartet. Und ich will mit Wesley zusammen sein. Mit ihm in der Öffentlichkeit spazieren gehen. Ihn küssen. Jedem zeigen, dass wir beide zueinander gehören, ganz gleich aus welchen Viertel er auch kommen mag.

Aber solange dieses Monster noch immer frei herumläuft, mir mein Leben vorschreibt und das Leben anderer zu zerstören vermag, kann ich nichts von alldem tun. Ich will nicht, dass Wes zu seiner Zielscheibe wird. Und nicht nur er, sondern auch seine ganze Familie.

>>Yvaine...<<, beginnt er, als ich weiterhin schweige und sein Griff um mein Kinn wird ein wenig fester.

Seufzend hebe ich meine Hand und lege sie auf seine Wange. >>Ich möchte nur frei sein, Wesley. Frei von diesen Tyrannen. Ich möchte auf das College gehen, auf das ich will. Studieren, was ich will und meinen Traum verwirklichen. Und ich möchte mit demjenigen zusammen sein, den ich mir aussuche.<<

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