Kapitel 50

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Yvaine

Gemeinsam mit Melody liegen wir auf ihren Bett. Ich habe es für besser befunden, sie von den anderen wegzubringen. So konnten sich Lilly und Wes in Ruhe gegenseitig anschreien. Oder besser gesagt, konnte Lilly ihren Bruder anschreien.

Jetzt liegt Mel an meine Seite gekuschelt. Ihr Körper zittert immer wieder, doch sie weint nicht. Sie ist verdächtig still.

>>Wie fühlst du dich?<<, frage ich und breche damit das Schweigen.

Sie atmet zittrig ein und kuschelt sich noch mehr an mich. >>Traurig.<<

>>Das ist okay. Du darfst traurig sein.<<

>>Ich will aber nicht traurig sein. Ich will stark sein. So wie meine Schwester.<<

Ihre Worte lassen mir die Brust schmerzhaft zusammenziehen. Es ist schon schlimm genug, dass sie all die Jahre zusehen musste, wie ihre Mutter gelitten hat. Sie hat ihre eigenen Bedürfnisse zurückgestellt, nur um für ihre Geschwister keine Last zu sein. Ich bewundere sie dafür, aber so sollte es nicht sein. Sie ist erst zehn. Sie sollte fröhlich sein. Mit ihren Freunden spielen, das Schulleben genießen. Alles, was eine Zehnjährige so tun kann.

>>Bist du für immer wieder zurück?<<, fragt sie mit einem mal. Verwirrt sehe ich zu ihr runter. Mel setzt sich ein wenig auf und zieht die Beine an den Körper. >>Du bist weggezogen. Aber jetzt bist du wieder da. Bleibst du?<<

>>Leider nein. Ich muss schon bald wieder zurück.<<

>>Magst du meinen Bruder etwa nicht mehr?<<

Himmel, steh mir bei. >>Doch. Ich mag ihn. Sehr sogar.<<

>>Und wieso bleibst du dann nicht?<<

>>Das... Ist kompliziert.<<

Sie seufzt leise und legt ihr Kinn auf den Knien ab. Ich merke ihr an, dass sie krampfhaft versucht nicht zu weinen. Aber sie sollte weinen. Sie sollte es rauslassen.

>>Weißt du, du kannst ruhig traurig sein. Ja, deine Schwester ist stark, aber auch sie weint manchmal. Und Wesley tut es auch. Es zeigt nicht gleich, dass du schwach bist. Es zeigt, dass du noch Gefühle hast. Das macht dich zu einem Menschen.<<

>>Aber dann kann ich nicht mehr aufhören.<<

Lächelnd lege ich meinen Arm um sie und ziehe sie wieder an mich. >>Dann bleibe ich so lange, bis es von selbst aufgehört hat. Denk immer daran, dass du nicht alleine bist. Du hast deine Geschwister. Du hast Iggy und du hast mich. Und auch, wenn ich nicht hier bin, kannst du mich immer anrufen oder mir schreiben, wenn du reden willst. Selbst von weit weg, werde ich für dich da sein. Vergiss das nicht.<<

Und dann beginnt sie zu weinen. So lange, bis sie vor Erschöpfung in meinen Armen einschläft.

***

Draußen ist es noch immer dunkel, doch es wird nicht mehr lange dauern, ehe die Sonne aufgehen wird.

Ich entdecke Wesley draußen im Vorgarten. Er liegt im Gras und starrt in den Himmel hinauf. Wortlos lege ich mich zu ihn und richte meinen Blick ebenfalls nach oben.

>>Und? Was sehen wir uns an?<<, frage ich. Eine Frage, die auch er mir damals gestellt hatte, als ich im Garten der Festung so gelegen hatte und er einfach neben mir aufgetaucht war.

Ich merke das kleine Schmunzeln auf seinen Lippen und weiß, dass er den gleichen Gedanken hat, wie ich.

>>Wie geht's Mel?<<

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