Kapitel 44

392 31 2
                                    

Yvaine

Beim Frühstück merke ich immer wieder Moms Blicke auf mir. Es geht nicht darum, dass ich immer wieder in den Rühreiern herumstochere, sondern um etwas anderes.

Noch im selben Moment, in dem ich mich dazu entschließe hochzusehen, platzt die Frage aus ihr heraus. >>Bist du dir sicher, dass du den Rest des Schuljahres nicht hier verbringen möchtest?<<

Hätte ich mir denken können...

Mein Entschluss mit meiner Mutter nach New York zu ziehen, kam plötzlich. Und ja, es war auch für mich selbst überraschend. Ich wurde von meinem gebrochenen Herzen geleitet, das bestreite ich auch nicht. Aber im Nachhinein glaube ich, dass es die bessere Entscheidung ist. Ich weiß, dass ich immer behauptet habe, dass ich meine Freunde nicht verlassen will, doch es wäre nicht für lange. Und Louisa hat es ja selbst gesagt: Wir sehen uns alle auf dem College wieder. Dieses Mal auch zu hundert Prozent, jetzt da ich meine Zusage endlich bekommen habe. Es wären auch nur ein paar Monate und außerdem weiß ich, dass sie meine Lage verstehen. Ich habe ihnen noch nichts über die Sache mit Wesley erzählt. Ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht. Aber er ist nicht der einzige Grund, wieso ich von hier weggehen will. Cornelius wird nicht so leicht aufgeben und ich will nicht in seiner Nähe sein, wenn er seine Pläne – welcher Art auch immer – endlich realisiert.

>>Liebling. Sie hat dir ihre Entscheidung mitgeteilt. Hätte Yvaine Zweifel, hätte sie es gleich am nächsten Tag bereut<<, wirft Atlas ein und streicht über Mutters Hand. Ich werfe ihm ein leichtes und dankbares Lächeln zu, denn ich möchte mich nicht schon wieder vor meiner Mutter rechtfertigen. Atlas scheint ein Gespür dafür zu haben, was in mir vorgeht und ich muss zugeben, dass ich ihn immer mehr mag. Er drängt mich nicht, lässt mir Zeit. Und wenn Mom dabei ist sich in Dinge reinzusteigern, bremst er sie auf eine liebevolle, aber auch ein wenig strenge Weise ab.

Schmollend isst Mom weiter. Ich hingegen habe das starke Gefühl mich entschuldigen zu müssen. >>Tut mir leid, dass ich euch bei der Sache nicht helfen konnte. Ich habe gehofft, dass wenn er mich in seine Firma lässt, ich etwas herausfinden kann, um die Verfahren zu beschleunigen.<<

Schon zieht Mom Luft ein, um etwas zu sagen, doch der Anwalt neben ihr ist schneller. Er lächelt. >>Dafür musst du dich nicht entschuldigen. Wir sammeln schon seit ein paar Jahren Beweise gegen Cornelius und wir haben einiges vorzuweisen. Und von dir war es ohnehin töricht zu glauben, dass ich dich so etwas Gefährliches tun lassen würde.<<

Ich merke, wie mein Gesicht bei seinen Worten wärmer wird. Ich kenne diesen Mann nicht und er kennt mich nicht und dennoch kann ich gleich sagen, dass ich mich ungewöhnlich wohl bei ihm fühle. Atlas gibt einem das Gefühl etwas wert zu sein und das bedeutet mir viel. Vor allem in dieser Zeit.

>>Außerdem habe ich bereits alles mit der Schule geregelt<<, sagt er plötzlich und Mom schnappt empört nach Luft. >>Du hast also keine andere Wahl mehr, als zu uns zu ziehen.<<

>>Baby!<<, entkommt es schockiert von seiner Frau und ich muss ein wenig lächeln.

Obwohl die Nächte noch immer quälend sind und ich dafür manchmal Medikamente einnehmen muss, fühle ich mich tagsüber ein wenig besser, denn ich weiß, dass ich das alles durchstehen kann. Ich weiß, dass Mom wieder an meiner Seite ist, dass meine Freunde bei mir sind, um mir bei jeden schwierigen Schritt zu helfen.

***

>>Ich kann nicht fassen, dass du das wirklich durchziehst<<, schluchzt Louisa ein wenig zu theatralisch und umarmt mich zum gefühlt tausendsten mal. Und ich erwidere ihre Umarmung, ohne zu zögern.

Sinners - Beast ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt