01 - Unerwartetes Treffen

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(ca. 2500 Wörter)

𝐀𝐋𝐈𝐓𝐀
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„Lächel ein bisschen mehr! Ja, super. Sehr schön machst du das!"

Nicht ein Tag verging seit meinem fünften Lebensjahr, wo ich mich nicht so fühlte, als würde man mich wie ein Kind und gleichzeitig wie ein Hund behandeln. Ich hatte meine Meinung schnell geändert.
Modeln war doch anstrengender als ich vermutet hatte, aber für diese Feststellung war es schon lange zu spät.

"So, ich denke, das reicht für heute. Deine Eltern werden stolz sein."

Klar werden sie das.
Stolz darauf sein, dass ihnen meine Bilder und Walks auf dem Laufsteg jede Menge Geld einbrachten, was sie wohl nie alles ausgeben könnten.
Das Problem war folgendes: Meine natürliche Schönheit. Sie wussten sofort, dass mein Leben nur aus Modeln bestehen sollte. Der Luxus war nicht schlecht, das gab ich offen und ehrlich zu, aber es war bei weitem nicht das, was ich wollte. Ich meine: Ich war 21 und lebte noch immer bei meinen Eltern, musste täglich zu Terminen erscheinen und durfte fast nie alleine nach draußen.
Dabei war ich doch nur ein ganz normales Mädchen... Wozu der ganze Aufstand?

„Alita! Wir sind hier drüben!", hörte ich die Stimme meiner Mutter rufen, die sich unter einen Sonnenschirm verkrochen hatte.

„Jap. Ich sehe euch.", murmelte ich nur vor mir hin, als ich aus dem kniehohen Wasser stieg und nach einem Handtuch griff, um mir die Beine abzutrocknen. Meine Eltern waren schon wirklich rätselhaft - wobei, eigentlich waren sie nur meine Adoptiveltern. Jedenfalls wurde ich nach jedem Termin von einem Chauffeur abgeholt, egal wie kurz der Weg auch bis zu Hause war. Aber seit zwei Wochen holten sie mich sogar persönlich ab und das war schon extrem merkwürdig.

„Und? Hast du auch schön posiert im Wasser? Das ist ja eine wirklich atemberaubende Kulisse!" Sie tappste mit ihren selbst designten High Heels zu mir herüber.

„Mum, muss das wirklich sein? Hier sind noch zehn andere Models... Warum holt ihr mich persönlich ab? Mir reicht es schon, wenn mich euer Chauffeur mit zwei Bodyguards abholt.", sagte ich und streifte mir mein Kleid über.

„Schätzchen, das Thema hatten wir doch schon. Bald wirst du 22! Ist das nicht aufregend?" Natürlich lenkte sie wieder davon ab, indem sie von meinem Geburtstag sprach. „Nicht mehr lange, dann bist du schon 18 Jahre bei uns. Hach, wie schön! Wird langsam mal Zeit, dass du deine eigene Marke gründest! Überlege dir doch schon mal einen Name dafür! Und -" Doch dann klingelte ihr Telefon „Huch, na sowas! Wer ist das denn jetzt?"

Ich lächelte unbeholfen, als sie nach ihrem Handy kramte.

Ihr Grinsen verblasste leicht, als sie auf den Bildschirm sah. „Alita, geh doch schon mal zu Papa ins Auto. Ich bin gleich da. Gib mir zwei Minuten!"

„Aber klar doch." Ich machte mich auf den Weg zu unserem Audi. Mein Dad saß noch auf dem Fahrersitz, als ich hinten einstieg und mich mit einem Seufzen anlehnte, nachdem ich die Tür zugemacht hatte. „Ich habe morgen frei, richtig?", fragte ich ihn sofort, ohne ihn zu begrüßen.

„Soweit ich weiß, ja. Aber ich kann nichts garantieren. Sieh doch, wie angespannt deine Mutter am Pool herumläuft."

Mutter.
„Morgen ist der Tag vor meinem Geburtstag. Da möchte ich ungern irgendwohin."

„Walks können wir ganz sicher ausschließen. Aber Shootings könnten auch so kurzfristig stattfinden, wie du weißt. Die sind -"

„Sehr wichtig für meine zukünftige Karriere, jaja.", beendete ich gelangweilt seinen Satz.
Ich hatte es langsam wirklich satt. Sie gaben vor, dass mein Geburtstag wichtig wäre, aber die letzten Jahre hatten wir sowas auch kaum gefeiert, weil andere Termine wichtiger waren. Dabei feierten sie ihre eigenen Geburtstage immer richtig groß und luden gefühlt halb Italien zu uns in den Garten ein.
Das Schlimmste war, als mir Emma, meine Mum, zu meinem 13. Geburtstag gesagt hatte, dass mich eine Geburtstagstorte nur dick und unschön machen würde. Seitdem habe ich mir nie wieder eine gewünscht. Wenn sie doch nur wüsste, wie sehr mich diese Bemerkung getroffen hatte.

The Enemy's Addiction (Alte Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt