28 - Gedanken, Ideen & Lästereien

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(ca. 4300 Wörter)

𝐀𝐋𝐈𝐓𝐀
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„Du kleines, verfluchtes Ding...", murmelte ich, während ich angestrengt vor dem Spiegel stand und mir bereits zwei meiner Nägel eingerissen hatte bei dem Versuch, die Kette, die anscheinend nicht von meinem Hals runter gehen wollte, abzumachen. Der Verschluss war so dermaßen klein, dass ich schon seit einer viertel Stunde versuchte, ihn mit meinen Nägelen zu öffnen, die ich vorher vielleicht mal hätte feilen müssen, um mit dem Ganzen besser klar zu kommen.

Auch wenn Fabio mir gesagt hatte, dass ich damit ohne Probleme duschen konnte, sah ich es nicht ein, dies zu tun. Gestern Abend konnte ich mir noch eine deutliche Standpauke von ihm anhören, warum ich denn mein Frühstück nicht aufgegessen hatte. Mein Abendbrot hatte ich aus Provokation ebenfalls ausgelassen und es hatte ihm nicht sonderlich gefallen. Ganz bestimmt listete er mir nochmal all die Dinge auf, die ich während seiner Abwesenheit falsch gemacht hatte, wenn er wieder da war. Wer von diesen Angestellten hatte mich denn bitte verpetzt?? Eine Frechheit sowas! Ich hatte keinen von ihnen bemerkt, obwohl ich gefühlt den ganzen Tag im Wohnzimmer war. Das hätte ich doch mitkriegen müssen!

Im Endeffekt half alles nichts. Ich hatte noch genau eine Stunde, bis Viola mich abholte und wollte ohne eine Dusche nicht aus dem Haus treten. Es kam nicht infrage, dass ich die Kette kaputt machte. Wer weiß, vielleicht vertrug sie das Shampoo nicht, was ich benutzte, und löste sich auf. Oder ich verlor wegen des Wasserstrahl einen der Edelsteine. Oder der Verschluss öffnete sich von selbst, fiel zu Boden und ging zu Bruch. Oder ich verlor sie im Ausfluss!

Gerade als ich aufgeben wollte, schaffte ich es doch.

„Na endlich!"
Vorsichtig legte ich sie neben meine Haarbürste und betrachtete noch einmal den schillernden lilanen Edelstein genau an. Wenn ich an mir runter sah, konnte ich die Kette nicht sehen, dafür war sie etwas zu kurz und in dem Spiegel blickte ich nur morgens und abends, seit ich nicht mehr regelmäßig auf Shootings, Walks und Meetings erschien.

Schönes Ding. Wirklich wunderschön.

Ich stieg in die Dusche und schaltete das Wasser ein.

Eigentlich verstand ich immer noch nicht, wieso er sie mir gegeben hatte. Hoffentlich war das kein Abschiedsgeschenk für immer gewesen. Oder eine Beschwichtigung für irgendwas. Es konnte alles sein, nur nicht die freie Laune.

In Gedanken versunken schaltete ich das Wasser aus und seifte mich sein.

Was trieb er dort bloß? In Italien? Bei mir zu Hause? Alleine der Flug dorthin dauerte ewig. Musste also etwas wichtiges sein, mh?

Ich konnte es nicht länger leugnen, er war mir doch etwas wert. Ich hatte Angst um ihn. Ich machte mir Sorgen. Ich war... verloren ohne ihn... Nichts.- Konnte man das so nennen? Ohne ihn hatte ich keinen Wert. Ich besaß kein Geld, keine Familie, lebte nur auf den Kosten eines gefährlichen Mannes und tanzte nach seiner Pfeife. Obwohl... Mittlerweile tat ich das nicht mehr so oft wie am Anfang. Wir betrachteten uns größten Teils als Gleichgesinnte. Das war doch etwas Gutes, oder nicht? Oder verarschte er mich doch nur?

Nein. Nein, nein, nein. Dafür hatte er doch keine Zeit.

Ich musste wirklich anfangen, ihm zu vertrauen. Eine andere Wahl blieb mir nicht. 

Ein Gespräch darüber mit Viola würde mir bestimmt helfen...

Entschlossen wusch ich das Shampoo ab, stieg aus der Dusche und wickelte mich in ein Handtuch. Im nächsten Augenblick griff ich wieder nach dem Anhänger und legte ihn mir an. Doch als ich den Verschluss und das andere Ende der Kette zusammenführte und diesen zu öffnen versuchte, schloss sie sich von selbst wie bei einem starken Magneten. Ich erschrak.

The Enemy's Addiction (Alte Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt