Kapitel 20

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Violett

Wir ritten noch etwas länger als eine Stunde, als wir auf dem Gelände eines riesigen Schlosses ankamen. Meine Laune hatte ihren Tiefpunkt erreicht und ich wollte nur noch umkehren. Vor allem, als ich mehrere Leute in Uniform sowie einen jungen Mann in feinster Kleidung am Eingang sah. Kaum standen die Pferde, stiegen die Männer alle ab und verneigten sich vor diesem Mann. Sein Haar hatte die gleiche Farbe wie Alendros. Doch es waren seine Augen, die mir einen Schrecken einjagten. Bernsteinfarben funkelten sie wie lodernde Flammen. Magie spiegelte sich in ihnen, wenn auch eine andere als ich sie kannte. Er war ein Riese und gebaut wie ein Wikinger. An seiner Hüfte trug er ein langes Schwert mit einem Löwen am Griff. Neben diesem Mann trat ein weiterer älterer auf, der mir auf seltsame Art vertraut vorkam. Im Vergleich zu dem anderen Fremden schien er recht drahtig gebaut und eher durchschnittlich groß. Große Ringe zeigten sich unter seinen dunklen Augen. Sein Haar musste vom Alter schon komplett weiß geworden sein. Er konnte kaum ungefährlicher und normaler wirken und doch sagte mir mein Instinkt, dass auch dieser Mann gefährlich war. "Du bist spät, Bruder.", sprach der jüngere von beiden mit einer Autorität in der Stimme, die mir eine Gänsehaut bescherte. Alendro erhob sich elegant und schlenderte auf diesen Mann zu. Und erst da wurde mir bewusst, was er gesagt hatte. Bruder? Dieser Mann? Plötzlich erhoben sich die anderen wieder und machten sich auf den Weg weg von diesem Platz. Ich beschloss also mich heimlich unter die anderen zu mischen und die Herrschaften allein zu lassen. Zumindest wollte ich das. "Violett, wo wollt Ihr hin? Ihr seid mein Gast und als solcher werde ich euch persönlich Euer Zimmer zeigen.", ertönte plötzlich Alendros Stimme. Ich drehte mich zu ihm um, nur um zu sehen, dass drei Augenpaare auf mich gerichtet waren. "Das ist wirklich nicht nötig. Ich komme schon kl-" "Nun redet keinen Unsinn. Ich bestehe darauf." Ich konnte die stechenden Blicke der anderen regelrecht auf meiner Haut spüren. Doch es war der Blick des älteren Mannes, der mir zusetzte. Arrogant und abwertend schien er von oben herab auf mich zu starren. Diese Arroganz und diese Feindseligkeit stachelten mich an. Ich packte den Träger meiner Tasche fester als nötig, um meine steigernde Wut zu zügeln. Wenn er mich herausfordern möchte, sollte er es ruhig probieren. Mit erhobenem Haupt starrte ich mit vermutlich vor Wut funkelnden Augen stolz zurück. Und dann passierte etwas sonderbares. Mit einem Mal erwachte meine Magie von selbst und schien mit der seinen zu flüstern. Eine Art Band begann sich zu bilden. Sein Blick wechselte augenblicklich. Die Geringschätzigkeit wich purer Faszination. Doch bevor dieses Band richtig geknüpft war, glühte plötzlich der Anhänger meiner Mutter unter meinem Hemd und stoppte den Zauber. Augenblicklich riss ich mich los und wandte mich an Alendro, der von dem ganzen Schauspiel gar nichts mitbekommen zu haben schien. "Ich würde jetzt gerne mein Zimmer gezeigt bekommen."

The Awakening of MagicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt