Violet
Alles brannte. Alles schmerzte. Und mein Körper war schwerer als Blei. Und dennoch musste ich wissen, ob es Chris und Sky gut ging. Mühsam versuchte ich meine Augen zu öffnen. Es war, als würde Blei auf meinen Augenlidern ruhen. Ächzend setzte ich mich auf und öffnete endlich meine Augen. Alles blendete und alles leuchtete in unterschiedlichen Farben. Ich konnte nicht sagen, wo ich war. Doch sobald ich Chris und Sky erblickte, unversehrt, sackte ich erleichtert in mich zusammen. Müde öffnete ich meine Arme. Der kleine Junge zögerte nicht lang und sprang in meine Umarmung. Ich konnte nicht anders. Ich begann zu weinen und drückte das Kind so fest ich konnte, froh darüber, dass es ihm gut geht. "Gott sei dank. Es geht dir gut.", flüsterte ich in sein dunkles Haar. Ein helles Räuspern weckte dann jedoch meine Aufmerksamkeit. Neben meinem Bett stand eine kleinere ältere Frau. Ihr Blick schien streng und doch konnte sie sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. "Es ist ja schön, dass es dem Bengel gut geht. Doch Ihr braucht Heilung. Eure Magie ist völlig erschöpft." Ich konnte nicht sagen, woran es lag, doch ich mochte diese Frau. Ich lächelte und entließ Chris aus meinen Armen. Der Junge schien genauso wenig erpicht darauf zu sein, wie ich. Sofort flitzte er in die Arme eines erschrocken drein blickenden Mannes. Wobei, erschrocken traf es nicht ganz. Es war, als hätte er einen Geist gesehen. Und wenn ich mich richtig erinnerte, war dieser Mann der Bruder von Alendro und nebenbei auch noch der König. "Wer seid Ihr, verdammt noch mal? Und was habt Ihr mit meinem Neffen getan?" Seine Stimme war ein einziges tiefes Knurren und als ich ihm in die Augen blickte, verstand ich. Der König war ein Wandler. In diesem Moment sprach nicht der Mann, sondern das Biest in ihm. Und jeder falsche Schritt konnte das Monster ganz zum Vorschein bringen. Sein ganzer Körper pochte vor lauter Energie und Wut. Jede Faser schien zum Bersten angespannt und mehr brauchte ich nicht zu sehen. Genau hier und jetzt stand ich einem Raubtier gegenüber und ich wusste, ich war seine Beute. Doch zu meiner Überraschung trat Alendro zwischen uns. Auch sein Körper schien vor Anstrengung angespannt zu sein. Und auch er hatte jetzt große Mühe, seine Bestie zurückzuhalten. Und der Grund für diese Situation war ich. Keiner der hier Anwesenden wagte es, zwischen die beiden zu gehen. Mühsam und vor Schmerz ächzend kämpfte ich mich aus dem Bett und versuchte auf die Beine zu kommen. Ich musste etwas unternehmen, bevor diese beiden Männer aufeinander losgehen würden. Doch mir fehlte die Kraft dazu. Und so tat ich das einzige, was ich in meinem derzeitigen Zustand fähig war zu tun. Ich schrie. Aus voller Seele: "Es reicht! Ihr benehmt euch wie verfluchte Kleinkinder. Selbst Chris hat Angst. Seht euch nur an. Zwei Brüder, die sich einen verdammten Schwanzvergleich liefern. Mein Gott. Seid ihr wirklich so dumme Idioten?" Es war, als würde all mein Frust, seit dem Tod meiner Mutter, wieder aufkochen. Und in diesem Moment scherte ich mich nicht darum, wie ich redete und wem ich vor mir hatte. Selbst das kollektive, erschrockene Keuchen hielt mich nicht ab. Auch nicht die Tatsache, das mich nun beide Männer anschauten, als sei mir ein zweiter Kopf gewachsen. "Ihr wollt wissen, wer ich bin? Gerne!" Ich schaute dem König direkt in die Augen. "Mein Name ist Violet Rosaline Faerielle. Tochter von Arabelle Lucia Faerielle. Und nun hört verdammt noch einmal auf, euch beide wie Kleinkinder zu benehmen." Mein Hals schmerzte und doch fühlte ich mich befreit. Ich wusste nicht, warum ich den Namen meiner Mutter erwähnt hatte, doch in diesem Moment schien es mir angebracht. Doch den zutiefst erschrockenen Mienen der Anwesenden zu Folge, war das wohl ein Fehler. "Habe ich etwas falsches gesagt?", fragte ich also trotzig und drückte setzte mich aufrecht hin. Da beugte sich die ältere, nette Frau zu mir hinunter und lächelte mich an: "Ihr habt so eben einen Herzog und den König beleidigt. Ich glaub, ich mag dich, mein Kind." Dann lachte sie lauthals. Erschrocken blickte ich zu eben besagten Männern. Alendro wirkte regelrecht schockiert. Der König dagegen fing ebenfalls plötzlich an zu lachen. "Wer hätte gedacht, dass es jemals einer wagen würde, neben ihr, der uns so zusammenfaltet? Und hier sitzt sie. Und es ist niemand anderes als ihre Tochter. Wie listig das Schicksal doch manchmal sein kann." Nun war ich diejenige, die verwirrt drein schaute. Hatte der König nun völlig den Verstand verloren? Alarmiert wechselte mein Blick zu Alendro: "Was stimmt mit ihm nicht?" Und endlich fasste dieser stolze Mann sich und begann kopfschüttelnd leise vor sich hin zu schmunzeln, bevor seine Augen auf meinen ruhten: "Es geht ihm bestens. Ich vermute, genau das haben wir beide gerade nötig gehabt. Violet, du bist wahrhaftig einzigartig und ich verliebe mich immer mehr in dich." Ich hatte wohl mit einigen gerechnet. Mit einer Rüge, einem Wutanfall oder Ähnlichem. Aber niemals hätte ich ein Geständnis erwartet. Und verflucht sei mein Körper, dass er so verräterisch reagieren würde. Ich konnte förmlich spüren, wie mein Gesicht die Farbe einer Tomate annahm. Und ich brachte kein Wort heraus. "Ich werde Euch noch überzeugen, die meine zu werden." Seine Stimme strotzte nur so vor Selbstbewusstsein. Und niemand wagte es, seine Entscheidung zu hinterfragen. Nun fast niemand. "Ich erhebe deutlich Einspruch.", erklang die Stimme des älteren Mannes, dessen Magie so zu meiner gesungen hatte. Auch Alendro blickte verächtlich drein und drehte sich zu dem Magier. "Du hast kein Recht, dich hier einzumischen." Seine Stimme wechselte wieder in ein Knurren. Und sofort wollte ich ihm zustimmen, bis ich hörte, was der Fremde als nächstes sagte: "Ich habe jedes Recht.'' Violet ist meine Tochter." Mein Blut gefrierte in meinen Adern und ich keuchte entsetzt: "Das kann nicht sein. Ihr müsst lügen." Der Mann drehte sich nun zum ersten Mal zu mir. "Es stimmt. Du bist meine und Arabelles gemeinsame Tochter. Du bist mein Kind." In seinen Augen schien nun ein kleiner Funke zu leuchten, kaum dass er den Namen meiner Mutter sagte. Und verrückter Weise, erkannte ich nun, hatten seine Augen die gleiche Farbe wie die meinen. Und dennoch protestierte ich: "Das stimmt nicht. Ich kenne Euch ja nicht einmal. Meine Mutter hat Euch mit keiner Silbe je erwähnt. Ihr könnt unmöglich mein Vater sein." Nun schien er erschöpft. Langsam schritt er auf das Bett zu. Ich wollte zurückweichen, doch kein Muskel in meinem Körper bewegte sich. Und dann spürte ich es wieder. Ich spürte wie seine Magie zu meiner sang, sich versuchte mit ihr zu verbinden. Und dann erkannte ich die Wahrheit seiner Worte. Als er vor mir ankam, fiel er vor mir auf die Knie. Seine große Hand griff nach meiner. "Spürst du es jetzt? Du bist meine Tochter. Und ich werde mich um dich kümmern und all die Jahre nachholen. Denn du bist mein und ihr Kind."
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The Awakening of Magic
FantasyViolett lebt seit einigen Jahren allein in einem Wald voller machtvoller magischer Wesen. Doch das war nicht immer so. Vor nicht ganz zwanzig Jahren lebte Violett als Anne Johnsen noch in Amerika in einer Welt ohne jegliche Art von Magie. Doch nach...