Kapitel 21

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Alendro

Während des gesamten kurzen Rundganges, als ich Violett ihr Zimmer zeigte, folgten mir mein Bruder und sein Berater und bester Hofmagier Wulf. Beide sagten kein Wort und doch konnte ich ihre Neugier spüren. Wie ich Wulf kannte, hatte er ihre schier grenzenlose Macht bereits wahrgenommen und wartete nur auf eine Gelegenheit mich dazu auszutragen. Auch mein Bruder wartete ruhig auf seine Gelegenheit, wenn auch aus einem ganz anderen Grund. Kaum hatte ich die Tür zu meinem Arbeitszimmer hinter mir geschlossen, öffnete Avenius, mein Bruder, den Mund: "Wer ist sie und was hat sie getan um dich so um den Finger zu wickeln?" Wie selbstverständlich hätte er sich auf meinen Schreibtischstuhl gesetzt und die Arme auf meinen Schreibtisch gestützt. Ich seufzte: "Ihr wisst, dass das dort mein Platz ist, nicht wahr Bruder?" "Ich bin der König dieses Reiches. Wenn ich nicht einmal auf dem Stuhl meines Bruders sitzen darf, wozu ist diese Krone gut? Und hört auf das Thema zu wechseln." Mist. Ich wusste nicht genau warum, aber ich wollte keinem von beiden etwas über Violette erzählen. Andererseits musste ich meinem Bruder mein Verhalten erklären. "Ihr Name ist Violett und sie ist die Frau, die mir das Leben gerettet hat." Ich setzte mich auf den Sessel vor meinem Schreibtisch und wollte nach dem Berg an Dokumenten greifen, da schoss die Hand von Avenius vor. Erschrocken schaute ich in sein nun doch sehr ernstes Gesicht. "Erzählt mir, was Euch widerfahren ist, Bruder. Soll ich einen Heiler rufen?" "Nein", erwiderte ich und schaute gerührt auf. "Meine Wunden sind geheilt und ich bin wieder gesund. Aber was genau passiert war, ist schwer zu erklären. Ihr wisst, dass Chris und ich auf dem Weg zurück hierher waren. Doch kaum dass wir einen Tag gereist waren, wurden wir angegriffen. Geschöpfe, die ich nicht einmal aus den dunklen Kriegen kannte. Wesen ohne Seele, schnell und tödlich, mit Klauen schärfer als jedes Schwert. Mit Mühe konnte ich mit Chris entkommen und floh in den Wald der Verlorenen. Dort traf ich auch Violette. Sie fand mich verwundet, entkräftet und heilte meine Wunden." "Das ist unmöglich.", kam es von Wulf aus der Ecke. "Es ist die Wahrheit.", widersprach ich, ohne ihn anzublicken. Wulf schritt auf mich zu: "Diese Wesen, die ihr beschreibt, können nur Seelenlose sein und um solche zu erschaffen, bedarf es-" "Jeder Menge Macht und Blutopfern. Das weiß ich bereits von Violette." Das schien diesen Mann noch mehr aufzustoßen: "Wer sagt, dass sie nicht diejenige war, die diese Seelenlosen auf Euch hetzte. Wenn sie gar solche Wunder vollbringen kann, wie Wunden binnen weniger Tage zu heilen, dann müsste sie doch auch genug Macht haben, solche Kreaturen zu erschaffen.", feuerte der Berater zurück. Ich konnte ein Knurren nicht unterdrücken. "Sie besitzt mehr Macht als jeder Zauberer oder Magier jenseits dieser Mauern. Aber sie war es nicht. Nicht einmal sie vermag es, diese Finsternis und die Gewalt, die einem solchen Zauber anhaftet, vor mir zu verstecken. Und gerade Ihr, Berater, wisst um meine Macht. Außerdem hat sie mich nicht innerhalb von Tagen sondern von einem Tag geheilt." Plötzlich war es still im Raum. Kurz verstand ich nicht, doch dann schoss mir mein Fehler vor Augen. Verdammt. Soviel wollte ich gar nicht erzählen. Außerdem war ich deutlich leichter reizbar als sonst. Erschrocken blickte ich wieder zu meinem Bruder. Und tatsächlich. Seine Augen glühten vor Macht. Fassungslos sprang ich vom Stuhl: "Bruder, wie könnt Ihr es wagen, eure Kräfte in meinem Territorium gegen mich einzusetzen!" "Wie kannst du es wagen, so mit deinem König zu reden." Seine Stimme hallte durch den Raum und er schien endlos groß, obwohl er sich nicht vom Stuhl erhoben hatte. Ich starrte auf ihn herab. In diesem Moment saß nicht mein Bruder vor mir, sondern mein König. Und ich hatte wirklich kein Recht mich gegen diesen aufzulehnen. Ich kannte diesen Mann bereits mein ganzes Leben lang, und doch überraschte er mich mit seiner Autorität und seiner Macht immer wieder. Ich fiel auf die Knie, mein Haupt gesenkt: "Ich bitte um Verzeihung, mein König. Ich habe mich anmaßend benommen. Vergebt mir." "Dir wird vergeben. Und nun sprich und erzähle noch einmal. Was ist passiert." Und ich erzählte. Während meiner Erzählung sagte keiner der Anwesenden ein Wort. 

The Awakening of MagicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt