Alendro
An der Tür stand eine junge, zierliche Frau. Sie mochte nicht einmal das zweite Jahrzehnt erreicht haben. Doch ihre Augen, diese stechend violetten Augen, beherbergten eine Art von Weisheit und Macht, die ihrem Äußeren zu widersprechen schien. Diese Augen schienen nur so vor Magie zu sprühen. Eine solche Macht zu besitzen, dass sie selbst in den Augen so deutlich loderte wie die ewigen Feuer von Drawc. Aber das war noch lange nicht alles, was mich an dieser Fremden sofort fesselte. Diese Frau mochte ihm gerade mal bis zur Brust reichen, doch sie schien nur so vor Kraft zu strotzen. Ihre Haltung zeugte von Selbstbewusstsein, etwas, das bei Frauen in dieser von Männern dominierten Welt selten der Fall war. Die Brust rausgestreckt, der Rücken durchgedrückt. Ihr Herzförmiges Gesicht zeigte weder Angst noch diese Verschlagenheit oder gar Verschlagenheit, die ich von den anderen adligen Damen kannte. Ihr zierlicher Körper war in einfache, ältere Kleidung gehüllt, die auch mein Sohn trug. Es waren also ihre Kleidungsstücke. Ich schaute noch einmal zu ihr und da erst merkte ich etwas sonderbares. Ihre Haarfarbe. Ich hatte noch nie eine solche Farbe bei jemanden gesehen. Silbern weiß schimmerte ihr Haar und ein Teil davon war zu einem Zopf zusammen geflochten. Ich wusste, dass bei vielen Rassen die Haarfarbe oder andere wichtige Merkmale wie die Augenfarbe die Macht eines Individuums widerspiegelt. Meist hieß es, je heller die Haare waren, desto stärker war die Begabung zur Magie. Wenn das wirklich stimmte und dieses strahlende Schneeweiß wirklich ihre echte Haarfarbe war, musste sie mindestens so stark sein wie die Hofmagier. Aber wie konnte das sein? Sie war noch so jung. "Wie es scheint, geht es Euch nun Besser. Wenn Ihr und Euer Sohn nun herunterkommen wollt. Das Frühstück ist angerichtet." Selbst ihre Stimme schien ähnlich lockend und melodisch wie der von Sirenen. Moment einmal. Was dachte ich da? Von mir selbst verwirrt schob ich die Decke beiseite und stand zusammen mit Chris auf. Ich rechnete die ganze Zeit damit, dass sich mein Körper wegen des Silbers noch immer schmerzhaft schwer anfühlen würde, doch es ging mir bestens. Ich schaute zur Fremden: "Wer seid Ihr und wo sind wir hier?" "Das können wir gleich alles beim Frühstück klären.", antwortete sie mit einem kleinen Lächeln im Gesicht. Dann drehte sie sich schwunghaft um, dass ihre Silber weißen Locken hin und her wippten. Chris setzte sich bereits in Bewegung und folgte dieser Fremden. Ich blieb mit verdutzten Gesicht zurück.
Violett
Wir saßen an meinem kleinen Holztisch in meiner kleinen Küche und aßen frisches Brot mit Spiegelei. Naja. Chris und ich aßen genüsslich. Sein Vater, Alendro, starrte alles in diesem Raum misstrauisch an, als würde er hier in einer fremden Welt mit suspekten Gegenständen sitzen. Ich konnte es mir also nicht verkneifen zu sagen: "Ich habe kein Gift ins Brot gebacken oder aufs Ei gemacht." Sein Blick huschte zu mir und er griff grimmig blickend nach seiner Scheibe Brot. Ich seufzte. "Mein Name ist Violett und das ist mein Haus. Wir befinden uns mitten im Wald. Ich habe weder die Absicht, Euch noch Euren Sohn zu schaden. Ansonsten hätte ich Euch doch völlig umsonst geheilt." Kaum hatte ich zu Ende gesprochen, stockte Alendro plötzlich und sah völlig ungläubig zu mir hinüber:" Ihr habt mich geheilt? Wie lange war ich bewusstlos?" " Nicht einmal einen Tag, wieso?", schaute ich irritiert zurück. Durch mein Fenster schien die Sonne auf meinen Rücken. Auch heute würde es warm werden. Ich musste also zusehen, dass ich das meiste an Aufgaben noch am Morgen oder erst am Abend erledigte. Der Mann vor mir würde wohl kaum eine große Hilfe sein. Er müsste erst einmal seine Kinnlade vom Tisch nehmen. Ich schaute zu Chris, der genüsslich schmatzend am Tischende saß. Man sollte meinen, er hätte seit Tagen nichts mehr gegessen. Ich stand auf und griff nach dem Krug, den ich gestern Abend noch fertig gemacht hatte. Eine große gläserne Kanne mit selbstgemachter Limonade. Alendro ließ mich nicht einen Moment aus den Augen. Ich verdrehte die Augen. Dass konnte ja was werden. Ich hoffte, er würde nicht allzu lang bleiben. Gedanken verloren, stellte ich die Kanne mit drei Gläsern auf den Tisch. Als ich vorsichtig das Glas berührte, stellte ich fest, dass die Limonade nun lauwarm war. Ich seufzte. Kurz überlegte ich, es dabei zu belassen, bis mir dann einfiel, wie schrecklich warme Limonade schmeckte. Ich bündelte also meine Magie auf meine linke Hand und spürte, wie das Glas immer kälter wurde. Kleine Wassertropfen setzten sich am Hals der Kanne ab. Bevor die Limonade jedoch gefrieren würde, stoppte ich. "Was habt Ihr da getan?", hauchte Alendro schier fassungslos und gleichzeitig fasziniert. Während ich nun die Gläser füllte, sagte ich: "Ich habe die Limonade gekühlt. Warm schmeckt sie nicht. Möchtet Ihr welche?"
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The Awakening of Magic
FantasyViolett lebt seit einigen Jahren allein in einem Wald voller machtvoller magischer Wesen. Doch das war nicht immer so. Vor nicht ganz zwanzig Jahren lebte Violett als Anne Johnsen noch in Amerika in einer Welt ohne jegliche Art von Magie. Doch nach...