Kapitel 23

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Violett

Kaum dass Alendro und die anderen mich in meinem neuen Zimmer allein gelassen hatten, ließ ich mich erleichtert auf das riesige Bett fallen. Dieses Zimmer musste größer sein als meine Waldhütte, wenn ich das Ankleidezimmer und das Badezimmer mit einbeziehen würde. Die untergehende Sonne tauchte den Raum in ein angenehm warmes Licht. Die cremefarbenen Wände schimmerten leicht golden. Seidig weiche Bettwäsche umhüllte mich und lockte mich in den Schlaf. Doch mühsam setzte ich mich auf und bewunderte meine neue Unterkunft. Ein Kamin zierte die Wand gegenüber dem Bett. Holz lag fein säuberlich gestapelt daneben. Auf dem Kaminsims standen leere Vasen und luden mich dazu ein, sie zu befüllen. Erst jetzt sah ich, dass die riesige Glasfront den Blick auf einen noch größeren Balkon freigab. Und auf dem Geländer saß ein beleidigt dreinschauender kleiner Drache. Ich lachte und öffnete die Glastüren "Wo hast du dich denn herumgetrieben?" Sky schnaubte und blies eine kleine Rauchwolke aus. Ich öffnete also meine Arme und der kleine flog sofort hinein. Seine kleinen Krallen griffen vorsichtig an meinem Hemd und er grub sein Gesicht an meinen Hals. Als ich den kleinen hinein trug, erschrak ich kurz. "Chris, was machst du denn hier?" Der kleine Junge wirkte ein wenig verloren, als er zu mir hinauf schaute und Sky neugierig musterte. In dem Zuge fiel mir auf, wie ruhig Sky in seiner Nähe doch war. Während der gesamten Reise, oder eher seit wir auf Alendros Männer gestoßen waren, hatte sich der kleine Drache nicht mehr blicken lassen. Doch jetzt schien er ernsthaft zu überlegen, auf Chris loszufliegen. "Möchtest du dich setzen?", fragte ich den Jungen, der sich wie verloren im Zimmer umschaute. Chris zögerte nur kurz, bevor er sich dann auf das kleine Sofa fallen ließ und mich neugierig betrachtete. Ich setzte mich in einen großen Sessel ihm gegenüber und staunte darüber, wie bequem er doch war. Sky dagegen nutzte diese Gelegenheit und wechselte auf den Schoß des kleinen Jungen. Verwundert über meinen kleinen Freund hob ich amüsiert eine Augenbraue und lächelte vor mich hin. Chris dagegen schien vor Freude fast aus der Haut zu fahren. Sachte legte er seine kleinen Hände auf die Schuppen des Drachen. "Die sind ja ganz weich." , hauchte das Kind voller Ehrfurcht. Auch Sky freute sich nun über die zusätzliche Aufmerksamkeit und vergrub sein noch immer winziges Köpfchen in der Hose von Chris. Das war bestimmt das erste Mal, dass ich diesen jungen Drachen so entspannt in der Gegenwart einer anderen Person erlebt hatte. Nicht einmal im Wald, außerhalb des Hauses, schien diese Kreatur so unbekümmert. Einzig, wenn sie in meinen Armen schlief, aber nie gegenüber eines Fremden. Selbst den Wesen des Waldes gegenüber schien Sky immer recht zurückhaltend und scheu zu sein. Hinzu kam, dass Sky für einen Drachen ein richtiger Spätzünder war. Drachen galten als mystische und fast allmächtige, unsterbliche Wesen. Doch diese Macht besaßen diese Wesen nicht sofort. Auch Training brachte nichts. Ein Drache konnte erst dann sein wahres Potential entfalten und wachsen, wenn er bereit dazu war. Das konnte morgen sein oder erst in hundert Jahren. Doch gestört hat es mich nicht. Auch wenn ich mir schon langsam Sorgen gemacht hatte, dass ich Sky vielleicht irgendwie zurückhalten würde. Ich beobachtete das glückliche Lächeln von Chris und die strahlenden Augen meines Drachen. Und genau in diesem Augenblick konnte ich sie sehen. Die Magie des Jungen verband sich mit der Magie des Drachen. Nur ein hauchdünner Schleier war zu sehen. Wie ein helles Tuch umhüllte es die beiden und ich konnte einen kleinen Blick auf die Zukunft des Jungen und Sky werfen.

The Awakening of MagicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt