Kapitel 24

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Violett

Magie besaß ein wildes Wesen. Niemand konnte sie wirklich kontrollieren. Man konnte lediglich versuchen, sie zu lenken und sie bis zu einem gewissen Grad seinen Wünschen entsprechend zu formen. Doch um wahrhaftig Magie kontrollieren zu können, müsste man die Natur selbst kontrollieren. Hexen wie ich bedienten sich deshalb Formeln und Zirkeln, um die Magie in diese einfließen zu lassen und ihr so Form verleihen zu können. Doch die Magie eines Jeden war ebenfalls noch einmal individuell. Es war wie eine Energiequelle, die je nach Lebewesen anders geformt und anders mächtig war. Nur wenn sich die Magie von zwei Lebewesen ähnelte, konnte ein magisches Band geknüpft werden. Und genau so ein Band entstand gerade zwischen Chris und Sky. Wenn man ein solches Band in so jungen Jahren knüpfte, würde es zwar zunächst brüchig sein, doch mit der Zeit könnte es sogar unzerbrechlich werden. Meine Mutter hatte mir einmal erzählt, wie sie ein solches Band mit meinem Vater gebildet hatte. Und etwas ähnlich magisches und kostbares entstand gerade vor meinen Augen. Ich konnte ihre Magie nicht nur sehen, ich konnte sie auch spüren. Wie eine warme Sommerbrise strich sie über meine Haut. Der Geruch von Wildblumen wehte mir entgegen. Sky hatte sich mittlerweile aufgerichtet und blickte nun mit Augen voller wilder, brennender Magie in die Augen des Jungen. Auch seine Magie schien nun endlich hervorgelockt aus dem Schlaf zu erwachen. Mit einem Mal wuchs sie und die leichte Sommerbrise entwickelte sich zu einem Sturm sengender Hitze. Ich dachte nicht lange nach und riss die Fenster auf und weckte meine eigene Magie. Ich versuchte, die Hitze der beiden einzudämmen und nach draußen hin umzuleiten. Doch Chris und Sky schienen von all dem nichts mitzubekommen. Ich hob meine Hände und schuf eine Art Lufttunnel, um die Wärme abzuleiten. Mittlerweile hatten sich schon kleine Flammen um die beiden gebildet und fraßen sich am Sofa entlang. Hoffentlich würde mir Alendro das nicht in Rechnung stellen. Am Rande meines Verstandes nahm ich ein Geräusch wahr. Ein Klopfen. Bitte nicht, dachte ich. "Bleibt draußen!", schrie ich angestrengt. Noch immer schien die Macht der beiden zu zunehmen. An meinen Handflächen bildeten sich kleine Bläschen und ich schickte all meine Kraft in meinen Zauber. Der Schmerz breitete sich langsam auf meinem Gesicht aus und ich schrie, während ich alles daran setzte, Chris und Sky vor ihrer eigenen Macht zu schützen. Dann wurde die Tür aufgerissen. 

Alendro

"Bleibt draußen!", schrie Violett plötzlich von innen. Erschrocken senkte ich meine Hand und wollte gerade beiseite treten, als ich spürte, dass die Tür immer wärmer wurde und mir der Geruch von verbranntem Stoff entgegen wehte. "Violett?!", rief ich alarmiert und hämmerte an die Tür. Als ich sie dann auch noch schreien hörte, riss ich mit aller Kraft die Tür auf. Und was sich mir dort zeigte, versetzte mich in Angst und Schrecken. Mein Sohn saß von Flammen umgeben auf einem Sofa, seine Augen glühten seltsam, während der Drache auf seinem Schoß saß und vor Macht nur so pulsierte. Violett stand kaum zwei Meter davon entfernt und versuchte wohl meinen Sohn zu retten. An ihren Händen und in ihrem Gesicht bildeten sich kleine Bläschen. Sie schwankte schon und schien ansonsten unnatürlich schwach zu sein. Ein heller Schopf stürmte an mir vorbei auf Violett zu. Erst später erkannte ich Wulf, der sich an ihre Seite stellte und ebenfalls Magie zu wirken schien. Ich wollte gerade auf meinen Sohn zu rennen, als ich ihre Stimme vernahm: "Noch nicht!" Sie klang angestrengt und schien zu zittern. Ihre Worte zum Trotz stürmte ich auf die Flammen zu, bis mich eine kräftige Hand an der Schulter packte und zurückhielt. "Noch nicht. Es ist gleich vorbei." "Lass mich los, Bruder", schimpfte ich und wollte ihn wegschieben, als ich bemerkte, dass die Flammen langsam zu erlöschen begannen. Als auch das letzte Feuer versiegt war, sagte Violett: "Es ist vorbei. Jetzt kannst du zu deinem Sohn." Ohne weiter nachzudenken stürmte ich auf Chris zu und schloss ihn so fest in meine Arme, wie ich konnte. Doch er schien kaum etwas abbekommen zu haben. Seine Kleidung saß noch immer makellos und fein an ihm und auch er schien nur verwirrt über die Situation. Das Sofa war angebrannt und fiel, kaum dass ich Chris davon hochgehoben hatte, in sich zusammen. Auch der teure Teppich hatte nun riesige Brandflecken. "Vater, was habt Ihr denn? Und was ist mit Violett los?", fragte mein Junge mich nun vollkommen aufgelöst. Ich schaute nun zum ersten mal zu Violett die sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Erst als sie Chris Stimme hörte, schien sie sich ihrer Müdigkeit hinzugeben und drohte zu fallen.

The Awakening of MagicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt