Alendro
Kaum dass ich meine Erzählung beendet hatte, sprang mein Bruder auf: "Bring mich zu ihr. Ich muss sie kennenlernen." Ich schaute ihm in die Augen und wusste, dass dies keine Bitte meines Bruders war, sondern der Befehl meines Königs. Was ich zunächst tat, war nur noch töricht: "Ihr müsst mir versprechen, Violett weder zu bedrängen, noch zu bedrohen oder gar für Eure Zwecke zu benutzen." Avenius trat bis auf wenige Zentimeter an mich heran. Seine Macht pulsierte aus allen Poren und schien mich in die Knie zu zwingen. Mit einem Mal regte sich meine Bestie in mir. Ich konnte spüren, wie meine Augen sich zunehmend schwarz färbten. Ich stellte mich erhobenen Hauptes hin und lies die Bestie aus meinen Augen in die Augen meines Bruders starren. Auch er antwortete mit seiner ganzen Macht und plötzlich schienen wir auf einer unterschwelligen Ebene miteinander zu kommunizieren. Für einen Außenstehenden würde dies wie ein Wettstarren aussehen. Doch durch unser Familienband konnten wir auf eine primitive Art und Weise in den jeweils anderen schauen und verstehen. Ich ließ meinen Bruder all meine Entschlossenheit und meine Empfindungen für Violett sehen. Ich zeigte ihm meinen Respekt für sie und meine Neugier auf die selbstständige und sture Frau, die sie doch war. Und ich zeigte ihm meinen Zorn, sollte er ihr zu nah kommen. All dies passierte in wenigen Augenblicken. Das Gold in seinen Augen verschwand und Avenius nickte. "Ich verstehe." Dann war es, als hätte jemand einen Schalter in ihm umgelegt. Plötzlich fing er lautstark an zu lachen und klopfte mir brüderlich auf die Schulter. "Mein Bruder hat sich endlich mal verliebt." Ich konnte Wulf hinter mir schmunzeln hören. "Wir sollten sie dennoch befragen, mein König. Sie könnte wichtige Informationen besitzen und wir müssen ihre Macht kennen." , erwiderte der loyale Diener und hielt seinem König die Tür auf. Hätte ein anderer so etwas zum König gesagt und indirekt einen Befehl gegeben, so würde dieser als Mahnmal an der großen Mauer hängen, egal welchem Stand er angehörte. Nur Wulf und ich standen dem König nahe genug, als dass wir uns so etwas im Alleinsein leisten konnten. Und doch musste ich feststellen, dass der Hofmagier seltsam angespannt schien. Der ansonsten so ruhige Mann wirkte nervös und verkrampft. Sein Gesicht hatte eine kränklich weiße Färbung angenommen. Und doch wusste ich es besser, einen so stolzen Mann auf seine Gesundheit anzusprechen. Also trat ich stumm durch die Tür und führte meine Gäste nochmals zu Violetts Gemächern. "Weiß sie, dass du sie zu der deinen machen wirst?", fragte mein Bruder plötzlich in die Stille hinein. Erschrocken schaute ich zu ihm. Wir waren zwar Brüder, aber seit der Krönung von Avenius hatten wir nicht mehr so offen miteinander geredet wie früher. Der Thron verlangte meinem Bruder vieles ab, das wusste ich. Und so hielten wir es für das Beste, nach außen hin distanzierter aufzutreten. Nach dem Tod meiner Frau wurde es noch schlimmer und erst jetzt wurde mir klar, dass es mindestens zehn Jahre her war, seit mein Bruder und ich uns mal nicht über Politik oder Krieg unterhalten hatten. Ich musste mich erst verlieben, bevor mir sowas auffiel. Enttäuscht von mir selbst schüttelte ich den Kopf. "Ich habe ihr gegenüber kein Geheimnis daraus gemacht. Obgleich sie sehr erschrocken darüber schien." Kaum, dass ich an den Abend zurück dachte und an ihr schockiertes Gesicht, entwich mir ein Schmunzeln. Mein Herz erwärmte sich und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als diese junge widerspenstige Frau in meinen Armen zu halten. "Es hat dich wirklich erwischt, mein Bruder." Aus der Stimme von Avenius war hingegen meiner Erwartung kein Spott, sondern Wärme zu hören. "Ja, das hat es wohl." "Wie geht Chris damit um?", fragte mein Bruder. "Der scheint sie zu vergöttern. Wenn sie mal nicht in der Nähe ist, redet er über fast nichts anderes, als über Violett und die kleinen neuen Zauber, die er von ihr gelernt hat." "Sie bringt ihm Magie bei? Ich dachte, das bedarf eines langen Studiums von Theorie und Formeln. Was meint Ihr, Wulf?", fragte Avenius plötzlich interessiert. "Ist es wirklich möglich, einen Zauber innerhalb weniger Tage zu erlernen?" Wulf schien vor Schreck fast zu stolpern. "Selbst mein ältester Sohn brauchte zwei Jahre Studium, bevor er überhaupt eine Kerze anzünden konnte, mittels Magie. Wie kann eine junge Frau wie sie nur an so viel Wissen gekommen sein, wo sie den Wald doch scheinbar nie verlassen hat?" "Nun", erwiderte ich seufzend." Das könnt Ihr sie selber fragen. Wir sind angekommen."
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The Awakening of Magic
FantasyViolett lebt seit einigen Jahren allein in einem Wald voller machtvoller magischer Wesen. Doch das war nicht immer so. Vor nicht ganz zwanzig Jahren lebte Violett als Anne Johnsen noch in Amerika in einer Welt ohne jegliche Art von Magie. Doch nach...