Violett
Wir ritten nun schon seit drei ewigen Tagen durch Wälder und über Landstraßen. Und nicht eine Menschenseele in Sicht. Ich seufzte. Als Alendro mir eröffnet hatte, wir würden nun auf den Einhörnern reiten, hatte ich zunächst freudig aufgequiegt und innerlich einen riesigen Freudentanz hingelegt. Dann erfuhr ich, dass ich zusammen mit Alendro reiten müsste, da wir zu wenig Platz hatten. Ab diesem Moment wurde mir ein wenig unwohl. Mehrere Tage, zusammen mit dem vermutlich heißesten Mann der Welt, eng an ihn gekuschelt. Das würde echt Kraft kosten, mich nicht zu blamieren oder mich zu sehr zu freuen. Was wäre, wenn er mich danach für eine Irre hielt? Nur weil ich das Gefühl dieser starken Muskeln genießen würde. Wenn ich nun an ihm festgeklammert einschlafen und im Schlaf rede, wie gut aussehend er doch ist? Oder noch schlimmer, was wäre, wenn ich schnarchen würde? Panik erfüllte mich und ich musste mir eingestehen, dass ich lange nicht so stark und vielleicht auch erwachsen war, wie ich es zuvor immer gedacht hatte. Doch meiner Sorge wich schnell einer anderen. Wie sollte mein armer Hintern es überleben, bis wir endlich angekommen wären? Nach nicht einmal zwei Stunden tat mir mein Allerwertester weh, dass ich mich nicht mehr auf Alendro herrliche Muskeln konzentrieren konnte. Doch ich wollte um keinen Preis eine Last werden. Ich wollte nicht das verwöhnte kleine Fräulein sein, das nicht einmal mit kleinen Schmerzen auskam. Also biss ich die Zähne zusammen und schwieg. Als wir kurz vor Sonnenuntergang unser Lager endlich auf schlugen, hätte ich vor Erleichterung fast weinen können. Träge trabte ich zum Feuer und begann damit, das Essen vorzubereiten. Heute würde es eine Suppe aus den Resten der letzten Tage geben. Während ich unser Abendessen genüsslich über dem Feuer kochte, reichte mir Chris meine Tasche. Auf dem Weg hierher hatten wir nur in den letzten Tagen immer nur kurze Pinkelpausen gemacht. Am zweiten Tag schämte ich mich nicht mehr so stark allein in den Wald zu gehen, um mich zu erleichtern. Wonach ich mich jedoch mehr als alles andere sehnte, war ein heißes Bad mit richtiger duftende Seife. Die Seife hatte ich tatsächlich dabei. Ich hatte sie selbst hergestellt. Sie roch nach Lavendel und Honig. Und gerade jetzt würde ich alles geben, um meine verschwitzte, schmutzige Kleidung gegen saubere zu tauschen und mich zu waschen. Auf ein heißes Bad müsste ich bis übermorgen früh warten. Angeblich hatten wir nur noch etwas mehr wie einen Tag zu reiten, eine Tatsache, die mich zugleich erfreute als auch erschreckte. Denn das hieße, ich müsste weitere zehn Stunden voller Qualen ausstehen. Und ich wüsste nicht, ob ich so eine Tortur durchhalten würde. Doch eine Sache würde ich dennoch genießen können. Ich hatte vorher mitbekommen, dass keine fünfzig Schritte von hier ein kleiner Bach war, in dem ich mich waschen könnte. Vor allem meine Haare hatten eine Wäsche dringend nötig. Mittlerweile waren sie ölig und fühlten sich widerlich an. Ich hatte den Entschluss gefasst, heute Abend, wenn die Herren aßen, ein Bad zu nehmen, auch wenn es vermutlich schrecklich kalt sein dürfte. Aber was tat eine Frau nicht alles, um sich zu pflegen.
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The Awakening of Magic
FantasyViolett lebt seit einigen Jahren allein in einem Wald voller machtvoller magischer Wesen. Doch das war nicht immer so. Vor nicht ganz zwanzig Jahren lebte Violett als Anne Johnsen noch in Amerika in einer Welt ohne jegliche Art von Magie. Doch nach...