Alendro
Am Rand nahm ich wahr, dass sie Chris vor sich her schreiten ließ. Doch selbst das Murmeln der Gäste, selbst die Musik der kleinen Band blendete ich aus, kaum dass ich ihr Lächeln sah. Ihre Augen strahlten und ließen selbst die Sonne blass erscheinen. Als sie nur noch einen Schritt von mir entfernt war, reichte mir ihr Vater ihren Arm. Wulf schien alles andere als glücklich über die Ereignisse. Doch auch das interessierte mich nicht. Violett bückte sich kurz zu meinem Sohn und hauchte ihm ein Dankeschön auf den Kopf und küsste sanft sein Haupt. Erst dann erhob sie sich und blickte mir endlich wieder in die Augen. Nun standen wir gegenüber. Mein Bruder erhob seine Stimme und die Zeremonie konnte endlich beginnen. "Meine lieben Freunde. Heute ist ein wahrhaft magischer Tag, an dem ich die Ehre habe, dieses Paar für immer zu vereinen. Ab heute werden sie einander untrennbar und treu miteinander verbunden. Dieser Bund ist bindend und heilig. einmal geknüpft, kann er nie wieder getrennt werden. Und so frage ich dich, Herzog der goldenen Mauer, Kriegsheld, General, Beschützer des Reiches, Vater, Bruder und bald wieder Ehemann: Erklärst du dich hiermit bereit, dieses Band mit dieser Frau einzugehen, sie zu beschützen, zu lieben, alles mit ihr zu teilen und ihr auf ewig treu ergeben zu sein?" Meine Stimme klang kräftig, als ich ohne zu Zögern antwortete: "Ich, Alendro Alexandrus von Teichos, schwöre hiermit, all das und noch so viel mehr. Ich schwöre, dich, Violett, auf ewig zu ehren, zu lieben, zu beschützen und alles mit dir zu teilen." Ich spürte, wie ein Teil meiner Macht langsam aus mir floss, bereit, sie mit ihr auf ewig zu teilen. Anders als die Macht einer Hexe, war meine Bestienmacht wild und instinktgesteuert. Dann wandte sich mein Bruder an sie:" Und du, Violett, Tochter, Hexe, Schwester, Mutter und nun bald Ehefrau. Bist du bereit, dieses Band mit diesem Mann einzugehen, ihn zu ehren , zu lieben, alles mit ihm zu teilen und ihm auf ewig treu ergeben zu sein?" Und das war der Moment, der mir am meisten Angst einjagte. Was wäre, wenn sie sich in den wenigen Tagen doch noch umentschieden hätte? Ich konnte meine Nervosität nicht gut vor ihr verstecken. Meine Hände waren eiskalt und ich konnte nicht aufhören, ihr in die Augen zu sehen. Doch dann lächelte sie: "Ich, Violet Rosaline Raven, schwöre, dich für immer zu lieben, zu ehren und alles mit dir zu Teilen. Was mein ist soll dein sein. Ich schwöre dir, dass ich dich nie belügen werde, dass ich immer treu zu dir halte und dich unterstützen werde." Ich gab absichtlich den Namen meines Vaters an. Nach Absprache mit Alendro und dem König wäre es für alle Beteiligte am besten, wenn niemand herausfinden würde, wer meine Mutter war. Und auch wenn es mein Herz bluten ließ, den Namen meiner toten Mutter abzulegen, tat ich dies für die Sicherheit von Alendro und Chris. Und dann geschah es endlich. Unsere Magie und Macht knüpften ein neues, undurchdringliches Band. Es war stark und so machtvoll, dass es mich fast in die Knie zwang. Auch sie konnte ein leises Keuchen nicht unterdrücken. Es war, als hätte mir zuvor ein Teil meiner selbst gefehlt. Doch durch sie ist es endlich zu mir zurückgekommen. Die Magie waberte um uns herum. Leuchtend hell und dennoch sanft und angenehm Warm, wie eine leichte Berührung, strich sie um uns. Selbst mein Bruder schien erschrocken. Noch nie hatte sich Magie bei einem Band so sichtbar und kraftvoll gezeigt. Langsam sickerte sie in uns ein und wurde wieder ein fester Teil von uns. Und mit einem Mal pulsierte ich gar vor Macht. Ich konnte Violetts Magie spüren. Sie war wie ein ruhiger See. Tief und unergründlich. Ich konnte die Magie um uns herum wahrnehmen. Alles schien zu leben und in einem eigenen Rhythmus zu pulsieren. Ich wusste, dass man bei der Knüpfung des Bandes einen kleinen Teil seiner Macht jeweils austauschte. Doch Violett hatte alles mit mir geteilt. Sie mochte noch immer die mächtigste Hexe sein, der ich je begegnet war, doch erst jetzt konnte ich das wirkliche Ausmaß ihrer Kräfte erahnen. Ich blickte ihr in die Augen und erschrak. Sie glühte in einem strahlend hellen, weißen Licht. Es erblindete mich fast und ich zuckte zusammen. Was war das nur. Doch Violett schien zu wissen, was in mir vorging, was mit mir passierte. Sie beugte sich zu mir hinab und zwang mich sanft sie anzusehen. Ihre Augen strahlten voller Verständnis und... Liebe. Es war Liebe in ihren Augen zu sehen. "Du musst dich beruhigen. Das, was du siehst, ist die Magie eines jeden hier. Aber du musst es abschalten, sonst wird es dich völlig auslaugen. Schau mich an. Atme tief durch und beruhige dich. Ich bin bei dir und ich verstehe, was dir geschieht." Ihre Stimme wirkte so ruhig und entspannend. Sie lullte mich ein und endlich begann ich mich zu beruhigen. Ich griff langsam nach ihren Händen, die so zart an meinem Gesicht lagen. Dann versuchte ich die Magie in mir zu verdrängen. Ich brauchte sie nun nicht. Alles, was ich jetzt brauchte, war nur sie. Dieser Gedanke half mir diese tiefe und ursprüngliche Macht in mir zu verschließen. Ich blinzelte noch ein paar Mal und bemerkte, dass ich wieder normal sehen konnte. Und sie stand vor mir, wie mein Fels in der Brandung. Und ich konnte nicht mehr an mich halten. Ich zog sie in meine Arme und meine Lippen senkten sich auf die ihren. Ich war nicht zärtlich oder sanft. Ich war leidenschaftlich und grob. Doch Violett schien sich nicht daran zu stören. Im Gegenteil. Sie gab sich mir völlig hin und versank in unserem Kuss. Es war pure Magie
Violett
Da war er also. Mein erster Kuss. Und er war perfekt. Noch heute Morgen war ich ein nervöses Wrack. Ich würde einen Mann heiraten, den ich kaum einige Tage erst kannte. Doch all diese Ängste verschwanden, als ich ihn neben seinem Bruder stehen sah. Wie so stand, selbstbewusst und unerschütterlich, doch kaum, dass er mich erblickt hatte, erschien dieses herrliche liebevolle Lächeln auf seinem Gesicht, so als wäre ich für ihn das kostbarste der Welt. Und da wusste ich, dass meine Entscheidung, ja zu sagen, richtig war. Ich hatte nicht einen Blick auf all die fremden Geste verschwendet. Meine Augen hingen nur an diesem Mann. An meinem Mann. Chris hatte ich gebeten, mit mir nach vorne zu schreiten. Er würde immerhin mein Stiefsohn werden und es war mir wichtig, ihn an diesem Tag an meiner Seite zu haben. Und es wurde schnell zum besten Tag meines Lebens.
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The Awakening of Magic
FantasyViolett lebt seit einigen Jahren allein in einem Wald voller machtvoller magischer Wesen. Doch das war nicht immer so. Vor nicht ganz zwanzig Jahren lebte Violett als Anne Johnsen noch in Amerika in einer Welt ohne jegliche Art von Magie. Doch nach...