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Der nächste Tag war angebrochen; die Nacht war furchtbar gewesen. Erneut hatte ich kaum Ruhe bekommen; erneut hatte ich mit einem nassen Kopfkissen voller Tränen einschlafen müssen. Doch ich hatte es satt weinen zu müssen; leiden zu müssen. Ich war völlig erschöpft und kraftlos; ich war am Ende. Meine Freundschaften waren am Ende; mein Vertrauen war am Ende. Meine Ehe war am Ende. Ich wollte nicht länger streiten.

,,Aurelia." entgegnete George mit großen Augen, als er recht verschlafen aus seinem Zelt kam; die Sonne noch nicht einmal aufgegangen war, als ich bereits in voller Montur am lodernen Lagerfeuer saß. In meinen Händen hielt ich eine Flasche Wasser; meine Haare hatte ich mir streng nach hinten gebunden. Meine Augen brannten; die glühenden und heißen Funken auf meiner Haut ließen mich spüren, dass ich tatsächlich wach war. ,,Was machst du schon hier? Wir haben noch nicht einmal 8 Uhr."

,,Ich warte bis ihr allr wach seid; ich konnte nicht mehr schlafen." antwortete ich streng, ohne meine Augen von der Glut zu nehmen. ,,Außerdem muss ich mit euch reden."
,,Reden?" wiederholte er mit einem Gähnen, als er neben mir Platz nahm. ,,Hier." flüsterte er, als er mir seine warme Jacke über die Schultern legte; mich zögernd ansah. ,,Alles in Ordnung? Wie geht es deinem Kopf?"

,,Kopf?" wiederholte ich abweisend, als ich die Platzwunde bereits vergessen hatte; den Verband schon längst abgelegt hatte.
,,Ich mache mir wirklich Sorgen um dich, Kleine." fuhr er fort. 
,,Das musst du nicht, George." erwiderte ich unterkühlt, als meine Geduld langsam unter ging; ich ungeduldig auf den ersten Sonnenstrahl an diesem Tage wartete. ,,Ich will diesen Auftrag bloß zu Ende bringen; ich habe zwei Kinder die zu Hause auf mich warten. Du hast zwei Kinder; selbst Blaise-" flüsterte ich mit angespanntem Kiefer. ,,-selbst er hat ein Kind. Wir vergeuden hier unsere Zeit und vergessen unseren Auftrag."

,,Aurelia-"
,,-ich will sie, George." unterbrach ich ihn mit geballten Fäusten. ,,Ich will Bellatrix; ich will sie vor mir auf dem Boden liegen sehen. Ich will ihr in ihre Augen blicken, wenn ich sie töte."
,,Du willst sie also töten?" wiederholte George kritisch. 
,,Selbstverständlich, George." sagte ich ernst. ,,Sie hat meine Kinder bedroht; meine Familie. Sie hat meinen Vater ermordet. So wie sie ihn getötet hat; so werde ich sie töten. Mit einem Lächeln."

,,Das klingt wenigstens nach einem Plan; jetzt wird es wohl endlich interessant." ertönte Cosimas Stimme hinter unserem Rücken, als sie sich gelassen neben mich setzte; wir irritiert zu ihr sahen, als sie bloß ein Handtuch um ihren Körper trug. ,,Was?"
,,Haben wir eine Verabredung die ich vergessen habe oder warum bekommen wir dich so zu Gesicht?" fragte ich mit großen Augen.
,,In meinem Zelt ist noch jede Menge Platz." antwortete sie selbstbewusst mit einem Zwinkern, als sie sich ihre nassen Haare trocknete; tatsächlich ein schwaches Lächeln über meine Lippen kam. ,,Nun hab dich nicht so; in der Bucht ist ein See. Also; du willst sie töten?"

,,Ich werde sie töten, Cosima." korrigierte ich. ,,Doch vorher muss ich hier noch so einiges klären." sagte ich streng, als ich aufstand; ich nach der Reihe gegen die Zelte von Blaise, Draco und Livy schlug. Sie lautstark weckte; auch Hermione schließlich müde neben ihrem Ehemann Platz nahm. 
,,Aurelia." ärgerte sich Blaise verschlafen, als sowohl er, als auch Livy und Draco aus ihren Zelten kamen; sich nach mir umsahen. ,,Was soll das-"
,,-hinsetzen." unterbrach ich fordernd. ,,Ihr alle; sofort."

Zögernd folgten sie meinen Worten; dabei war es faszinierend zu sehen, wie drei unterschiedliche Augenpaare auf mich trafen. Livys Augen; nachdenklich und doch schuldbewusst. Es wirkte, als könnte sie jeden Augenblick weinen. Als hätte sie Angst vor mir. Blaise Augen hingegen; voller Reue und Wut. Enttäuschung. Und Draco; Dracos Augen stachen hervor. Es war dieser Ausdruck von Selbsthass, der mich in den Bann zog. Wie furchtbar leer und kalt seine einst so schönen blau-grauen Augen waren. Wie die Liebe, Sehnsucht und Träumerei, seinem Selbsthass und seiner Wut gewichen war. Wie er vollkommen emotionslos auf meine Worte wartete. Ich so ablesen konnte, dass er wohl niemals aufhören würde zu kämpfen.

Fear of HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt