Kapitel 44

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“Weiß ich nicht.” kam es dann murmelnd von ihm und er warf sich nach hinten aufs Sofa und vergrub dabei sein Gesicht in seinen Händen. “Ich weiß gerade einfach gar nichts, Finja. Kennst du das?” Ohja, das kannte Finja sehr gut. SIe konnte sich gerade auch so gut in seine Lage versetzen. Sie selber war zum Ende ihrer Beziehung zu Jakob auch nicht mehr sicher gewesen, ob sie ihn wirklich noch liebte, oder ob es inzwischen einfach Gewohnheit geworden war. Aber Wincent und Janina waren ja noch lange nicht so lange zusammen, eigentlich sollten sie gerade noch ihre Verliebtheitsphase haben. Und das Elend, was da vor ihr auf dem Sofa lag, war definitiv nicht verliebt. SIe überlegte, was sie am besten diplomatisch antworten konnte. Am liebsten hätte sie ihm ja direkt geraten, sich sofort zu trennen. Aber das wäre dann vielleicht auch ein bisschen voreilig und außerdem wollte sie sich eigentlich auch nicht in die Beziehung einmischen. “Ach man, ja das kenne ich.” seufzte sie deswegen einfach nur. “Aber so kann es doch auch nicht für euch weitergehen, oder? Willst du nochmal mit ihr reden?” fragte sie dann und Wincent setzte sich wieder auf. “Ja, das werde ich vermutlich tun müssen. Weißt du, ich habe echt gedacht, dass wird wieder. Aber gerade bin ich mir da nicht so sicher. Aber vielleicht hilft ein Gespräch ja und wir kriegen das wieder hin.” Jetzt klang er schon ein bisschen zuversichtlicher und lächelte Finja müde an. “Vielleicht sollten wir jetzt auch langsam mal schlafen, brauchst du noch was?” fragte Finja und wollte gerade aufstehen, als Wincent sie an der Hand festhielt. “Warte. Ja, ich brauche noch was.” Finja setzte sich wieder und schaute Wincent erwartungsvoll an. “Ist vielleicht unpassend, aber ich brauche irgendwie einfach gerade ne Umarmung.” murmelte er und schaute Finja vorsichtig an. Finja zögerte. Sie wusste wirklich nicht, ob das eine gute Idee war. Andererseits, was sprach schon gegen eine freundschaftliche Umarmung, wenn er sich das wünschte? Sie würden ja nichts falsch machen und außerdem wollte sie die Chance schon gerne nutzen, Wincent mal wieder näher zu kommen. Sie rutschte ein Stück zu ihm und breitete die Arme aus. Wincent zog sie an sich und legte sich mit ihr im Arm aufs Sofa. “Danke.” nuschelte er und atmete tief ein. Es tat ihm tatsächlich gerade verdammt gut, Finja im Arm zu halten. Und es beruhigte ihn. Er konnte gar nicht genau beschreiben, warum das so war, aber immer wenn er Finja in seiner Nähe spürte, konnte er sich einfach fallen lassen. Er war ihr so dankbar, dass sie sich gerade einfach seinen ganzen Mist angehört hatte und jetzt für ihn da war. Er wusste, dass es eine absurde Situation war, aber sein Gefühl sagte ihm, dass er das jetzt einfach brauchte. Es dauerte auch nicht lange, bis ihm seine Augen zufielen und er endlich erschöpft aber beruhigt einschlafen konnte.
Finja lag mit ihrem Kopf auf seiner Brust und spürte, wie sich sein Brustkorb langsam auf und ab bewegte. Was machen wir hier? ging es ihr durch den Kopf. Sie genoss seine Nähe sehr, dieser vertraute Geruch und die Körperwärme sorgten dafür, dass sie diesen Moment am liebsten noch ewig gehabt hätte. Aber sie wusste auch, dass sie hier nichts reininterpretieren durfte. Wincent war immer noch mit Janina zusammen und so wie er im Gespräch vorhin klang, wollte er auch dafür kämpfen. Ihr blieb also nichts weiter übrig, als das zu akzeptieren und weiterhin als gute Freundin für ihn da zu sein. Als sie merkte, dass er eingeschlafen war, setzte sie sich auf und schaute ihn an. Er sah so friedlich aus, wenn er schlief und es tat ihr weh, dass er im Moment scheinbar so unglücklich war, obwohl er sich so auf die Zeit im Studio gefreut hatte. Vorsichtig krabbelte sie über ihn und ging in ihr Schlafzimmer. Es war wohl besser, wenn sie auf jeden Fall getrennt schliefen.
Als Finja am nächsten Morgen wach wurde, war es in ihrem Wohnzimmer noch still. Wincent hatte zwar gestern kurz erwähnt, dass er morgens nach München aufbrechen wollte, aber vermutlich brauchte er gerade auch den Schlaf. Sie ging kurz zum Bäcker, um frische Brötchen zu holen. Zurück in ihrer Wohnung setzte sie Kaffee auf und schmierte ein paar Brötchen und drapierte sie auf einem Teller. Mit diesem Teller und zwei Tassen Kaffee schlenderte sie dann ins Wohnzimmer, wo Wincent immer noch auf ihrem Sofa vor sich hin schnarchte. Sie stellte das Geschirr ab, setzte sich neben ihn und hielt ihm die Tasse Kaffee unter die Nase. Das zeigte auch schnell seine Wirkung, denn Wincent begann langsam, seine Augen zu öffnen. “Guten Morgen.” begrüßte Finja ihn fröhlich und Wincent bekam gerade so ein “Morgen.” gemurmelt. Er drehte sich auf den Rücken und rieb sich die Augen. “Wie spät ist das denn?” fragte er und gähnte nochmal. “Gleich halb 12.” lachte Finja und mit einem Mal saß Wincent aufrecht neben ihr. “Was? Scheiße, so spät schon?” erschrocken griff er nach seinem Handy. “Ach maaan, ich wollte doch nicht so spät nach München fahren.” maulte er. “Hätte ich dich wecken sollen?” fragte Finja unsicher aber Wincent schüttelte sofort den Kopf. “Nein, alles gut. Das habe ich irgendwie auch gebraucht. Genau so, wie ich den jetzt brauche.” er deutete auf den Kaffee in Finjas Hand.
Finja reichte ihm die Tasse und gemeinsam machten sie sich dann über die Brötchen her. “Hast du schonmal geguckt, wann die Züge fahren?” fragte Finja Wincent, der nur mit vollem Mund den Kopf schüttelte. Er kramte sein Handy raus und tippte wild darauf rum. “Scheiße.” fluchte er und guckte grimmig auf sein Handy. “Was ist? fragte Finja und Wincent hielt ihr wortlos sein Handy vor die Nase. Sämtliche Züge nach München fielen aus oder hatten extreme Verspätung. “Das kann doch echt nicht wahr sein.” fluchte er. “Ach man, da will wohl jemand auf keinen Fall, dass du in München ankommst.” schmunzelte Finja und Wincent seufzte nur resigniert. “Vermutlich. Bin ich so ein schlechter Mensch? Was soll das? Ist mein Karma Konto nicht aufgefüllt?” brummte er und wählte Kevins Nummer, um ihn darüber zu informieren, dass sich seine Ankunft noch ein bisschen verzögern würde.

Wann kommt die Liebe in mein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt