Kapitel 87

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Irgendwann kam Daniel zu ihr. “Hey, alles gut?” fragte er, als er sah, dass Finja ganz verheulte Augen hatte. Sie nickte. “Das ist nur einfach alles so viel. Ich bin ja froh, dass diese Person jetzt gefasst ist…” “Aber?” fragte Daniel. “Eigentlich kein aber. naja, vielleicht doch. Die Kommentare und Nachrichten hören damit ja nicht sofort auf. Und irgendwie fühlt es sich einfach komisch an. gar nicht zu wissen, wie es Wincent geht.” Den letzten Satz wollte sie eigentlich gar nicht aussprechen. Daniel musste schlucken. Genau das hatte er befürchtet, als er erfahren hatte, dass die Stalkerin gefunden wurde. Finja hatte sich von Wincent zurückgezogen, weil sie Angst hatte, dass sie Wincent etwas antun würde. Aber da diese Gefahr erstmal gebannt war, befürchtete er, dass sie doch den Kontakt zu ihm suchte. Als sie das verneinte, war er erstmal froh, kannte Finja aber inzwischen auch gut genug, als das er wusste, dass sie das noch lange beschäftigen würde. Er setzte sich zu ihr aufs Bett. “Du musst nichts überstürzen, und es dauert sicher auch eine Zeit, bis du das alles überwunden hast. Aber ich denke, wir sollten langsam wieder anfangen, einen Alltag aufzubauen. Das könnte uns beiden auch gut tun.” Finja nickte nur und lehnte sich an seine Schulter. “Danke für deine Geduld.” murmelte sie und stand auf. “Ich gehe jetzt erstmal duschen, und dann können wir uns einen gemütlichen Abend machen, okay?” Daniel nickte und ging schonmal ins Wohnzimmer, wo er den Fernseher anmachte und durch die Programme zappte. Nach 20 Minuten kam Finja frisch geduscht aus dem Bad und legte sich neben Daniel aufs Sofa. “Auf was hast du Lust?” fragte er sie und schaute sie an. “Ich weiß es auch nicht, entscheide du. Was kommt denn?” Daniel griff wieder nach der Fernbedienung und schaltete um. “Also, wir haben eine Tierdoku, einen Krimi, eine Talkshow…” “Halt! rief Finja plötzlich. “Kannst du nochmal zurückschalten?” Irritiert schaute Daniel sie an. “Zu der Talkshow?” “ja, bitte. Ich dachte, ich habe was gesehen.” Daniel schaltete wieder um und da sah er sofort, was, oder besser wen Finja gesehen hatte. In einem der Gästestühle saß Wincent.

“Bist du sicher, dass du das sehen willst? Wir können auch einen Film bei Netflix anmachen.” Finja schüttelte den Kopf. “Nein, bitte. Ich muss das sehen. Oh Gott, er sieht richtig fertig aus.” und plötzlich klebten Finjas Augen wie versteinert am Fernseher und Daniel merkte schon, dass er keine Chance hatte, sie jetzt noch zu erreichen. Es war eine Runde mit mehreren Promis uns bisher hatte Wincent wenig gesagt. Das änderte sich aber schnell, als er vom Moderator nochmal angekündigt wurde und ein kleiner Film von ihm gezeigt wurde. Es waren alles Bilder, die Finja kannte. Bilder von Konzerten und Auftritten, die sie teilweise live gesehen hatte. Es waren auch Filmausschnitte dabei, die relativ neu waren. Also aus der Zeit, wo sie was mit Wincent am Laufen hatte. Gespannt schaute sie auf den Bildschirm und lauschte dem Gespräch. Zunächst ging es um seine bisherige Karriere und was er auf seinem Weg alles erlebt hatte. Es waren die typischen Fragen, die Finja schon aus diversen Interviews kannte. Sie beobachtete Wincent ganz genau. Er wirkte angespannt und nervös. Das konnte sie ihm ansehen. Normalerweise war er bei solchen Shows immer sehr gelassen, aber das war dieses Mal anders. Und dann stellte der Moderator eine Frage, mit der Finja nicht gerechnet hatte. “Wincent, du besingst in deinen Songs ja auch manchmal nicht so schöne Themen, öfter geht es darum, dass du gerne ein Privatleben hast und nicht immer alles mit der Öffentlichkeit teilen möchtest. Jetzt habe ich in den letzten Wochen natürlich auch die Pressemitteilungen verfolgt, und dort öfter deinen Namen gelesen. Es sind Bilder aufgetaucht, die definitiv unter Privates gehören. Wie gehst du mit so etwas um?”

Finja wurde langsam nervös und wartete gespannt auf Wincents Antwort. Er holte Luft und strich noch einmal mit seinen Händen über seine Oberschenkel.

W:“Das ist richtig, diese Bilder gab es. Wie ich damit umgehe? Erstmal versuche ich über mein Management solche Bilder und Artikel sperren zu lassen. Das geht wirklich niemanden etwas an. In erster Linie mache ich das, um andere Personen, die mir nahe stehen und dadurch Schaden erleiden könnten, zu schützen.
M: “Ist das schonmal passiert, dass dadurch wirklich ein Schaden an anderen Personen angerichtet wurde?”
W: “Auf jeden Fall. Es gibt wirklich kranke Menschen da draußen, die denken, sie können sich alles erlauben. Gerade jetzt bei den letzten Bildern ist es wieder passiert. Die Person, die auf den Bildern zu sehen war, hat Drohungen erhalten, wurde gestalkt und fertig gemacht.
M: “ Das ist ja schrecklich, man kann sich sowas immer gar nicht vorstellen.”
W: “ Ich habe da auch kein Verständnis für. Die Leute gehen sogar soweit, dass sie die privaten Profile, Adressen und Handynummern rausfinden. Das ist einfach nur noch Terror. Und führt am Ende dazu, dass die betroffenen Personen dem nicht mehr stand halten können. Das finde ich das schlimmste daran.
M: “Was macht sowas mit dir?”
W: “Das macht einiges mit mir. Ich habe eine Person verloren, die mir sehr nahe stand. Und das tut schon verdammt weh. Und auch zu wissen, dass ich vielleicht Schuld daran bin, weil ich die Person in der Öffentlichkeit bin. Da frage ich mich schon, ob es gut ist, überhaupt jemanden an mich ranzulassen. Ich möchte nicht, dass Menschen wegen mir verletzt werden. Das tut mir unfassbar leid."

Er musste schlucken und Finja konnte spüren, wie nah ihm das alles ging. Sie selber hatte Gänsehaut und musste mit den Tränen kämpfen. Wincent schaute direkt in die Kamera. “Also Leute, hört auf, eifersüchtig zu sein. Hört auf, Hassnachrichten und Drohungen zu schreiben. So darf man nicht miteinander umgehen. Wir sollten uns alle respektieren und lieb haben.  Das hilft uns allen viel mehr.”
Dann kam Beifall und Wincent nickte kurz. Finja schluchzte. Diese klaren Worte hatte sie nicht erwartet. Sie holte tief Luft und schaltete den Fernseher aus. Das musste sie jetzt erstmal sacken lassen. Dass er darüber so in der Öffentlichkeit spricht, musste schon was bedeuten. Und er hatte gesagt, dass er sie verloren hatte. Und dass es ihm wehtut. Diese Worte versetzen Finja einen Stich ins Herz. Mir tut es auch verdammt weh, dachte sie und wieder einmal liefen ihr die Tränen über die Wangen.

Wann kommt die Liebe in mein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt