Kapitel 13

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Sie rannte einfach immer weiter, die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Warum war sie bloß zum Meet&Greet gegangen? Das hatte alles nur noch schlimmer gemacht. Und Malena war vermutlich auch noch sauer auf sie. Als sie tränenüberströmt ins Hotelzimmer kam, schaute Malena sie entgeistert vom Bett aus an. "Wie siehst du denn aus?" fragte sie. Finja setzte sich neben ihr aufs Bett. Sie konnte sich gar nicht beruhigen und schluchzte laut. "Er hat mich einfach geküsst. Ich wollte das alles nicht" stammelte sie vor sich hin. Es war ihr egal, dass Malena es jetzt erfährt. Mit ihrer Reaktion darauf hätte sie nicht gerechnet. "Bist du jetzt komplett übergeschnappt? Reicht dir das nicht, dass du alleine zum Meet&Greet durftest? Warum erzählst du jetzt noch so ne Scheiße?" Finja schaute sie fassungslos an. Glaubte Malena ihr etwa nicht? "Das ist keine Scheiße, Malena. Ich kann dir das alles erklären, aber du darfst nichts sagen." schluchzte Finja. "Als ob. Man Finja, was stimmt mit dir nicht? Ich will da nichts von hören. Hör einfach auf zu lügen." Dann drehte Malena sich um und legte sich ins Bett. Ihre Bettdecke zog sie über ihre Ohren, um Finja zu signalisieren, dass sie auf keinen Fall angesprochen werden will. Finja verstand die Welt nicht mehr. Sie fühlte sich völlig hilflos und missverstanden. Wie konnte dieser eine Moment in dieser Bar denn auf einmal ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen? Ihre beste Freundin wollte nichts mehr von ihre hören, sie konnte mit sonst keine darüber reden, und ihr Lieblingssänger hatte sie gerade angeschrien, geküsst und dann weggeschickt. Nie wieder konnte sie eines seiner Konzerte unbeschwert besuchen, ohne daran zu denken. Zu allem Überfluss bekam sie in diesem Moment auch noch eine Nachricht von Wincent. Eine Sprachnachricht. Finja ging ins Badezimmer, um sich die Nachricht in Ruhe anzuhören. "Hey, Wincent hier. Ich...es tut mir leid...keine Ahnung, was da eben mit mir passiert ist...ich wollte dich nicht so wegschicken...das ist alles irgendwie beschissen. Sorry." Dann war es still, die Nachricht war zu Ende. Finja wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Sie schloss den Chat-Verlauf, ohne zu antworten. Vermutlich würde sie auch nicht antworten. Das würde alles nur noch komplizierter machen. Am besten wäre es wohl, wenn sie das einfach alles versucht, zu vergessen. Nach Rostock zum Konzert würde sie morgen definitiv nicht mitkommen.

Am nächsten Morgen war sie schon vor Malena wach. Sie fing an, ihre Sachen zusammenzupacken, bis Malena irgendwann davon wach wurde. "Was machst du da?" fragte sie verschlafen. "Ich packe, und dann fahre ich mit dem nächsten Zug nach Köln." sagte sie energisch und stopfte ihren Pulli in ihren Rucksack. "Boah Finja, jetzt krieg dich mal wieder ein. Ja, ich war gestern pissig auf dich, dass du einfach ohne mich zum Meet&Greet gegangen bist. Und ich fands auch echt Scheiße, dass du mich angelogen hast und dir hier irgendwelche komischen Märchen ausgedacht hast. Aber das ist doch affig jetzt hier." Finja schaute sie sauer an. "Ich wollte dir das ja gestern alles erklären, das sind keine Märchen." Malena winkte ab. "Lass gut sein. Fahr nach Hause, krieg dich wieder ein. Such dir am besten den nächsten Kerl zum bumsen, damit dein Gehirn mal wieder gewaschen wird." Ungläubig schaute sie Malena an. "Ne tolle Freundin bist du." brüllte sie noch und verließ das Zimmer. Wütend und traurig zugleich stapfte sie zum Bahnhof, der zum Glück nicht weit weg war. Die ganze Zugfahrt grübelte sie über das nach, was passiert war. Sie war verärgert über Malenas Reaktion, aber vielleicht hätte sie auch nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen sollen. Sie musste zugeben, dass das alles schon ziemlich absurd klang und irgendwie konnte sie Malena auch verstehen, dass sie ihr nicht glauben konnte. Aber sie hätte sich wenigstens gewünscht, dass sie eine Chance gehabt hätte, ihr das alles zu erklären. In Köln angekommen, schnappte sie sich erstmal ihre Laufsachen, um den Kopf freizukriegen. Das klappte auch ganz gut, aber als sie wieder zuhause war und auf ihr Handy schaute, war das wieder vorbei. "Bist du heute Abend in Rostock? Ich will das zwischen uns nicht so stehen lassen." Eine Nachricht von Wincent. Das hätte er sich vielleicht vorher überlegen sollen, dachte Finja und wischte die Nachricht weg. Sie wusste gar nicht, was genau sie daran am Meisten störte. Es war ja von Anfang an klar, dass die beiden nur ihren Spaß zusammen hatten und nicht mehr. Es war ja überhaupt nicht klar, dass sie sich nochmal wieder sehen würden. Aber es störte sie, dass er herausgefunden hatte, dass sie ihn kannte. Oder eher, wie er es rausgefunden hatte. Vielleicht wäre das alles nicht so schlimm geworden, wenn sie von Anfang an mit offenen Karten gespielt hätte. So wie er.

Sie beschloss, die Nachricht zu ignorieren und ging unter die Dusche. Abends hatte sie sich mit Lisa verabredet, die von ihrem ganzen Fan sein zum Glück nicht wirklich etwas wusste. So war sie sich hier auch sicher, dass Wincent auf jeden Fall nicht Thema wurde. Und so schaffte sie es tatsächlich doch noch, die ganze Geschichte für einen Moment zu vergessen. Aber auch dieser Moment war nicht allzu lang. Als sie zuhause wieder auf ihr Handy schaute, hatte sie einige Nachrichten und verpasste Anrufe von Malena. Sie schaute auf die Uhr. Das Konzert in Rostock war vorbei und Malena bat dringend um einen Rückruf. Finja gab sich einen Ruck und wählte ihre Nummer. Sie war immerhin ihre beste Freundin und sie hasste den Streit mit ihr. "Finja, endlich. Danke, dass du anrufst." kam es auch direkt von Malena. "Du, es tut mir Leid, was ich vorhin zu dir gesagt habe. Das war nicht fair. Ich war nur einfach so sauer und enttäuscht, dass ich nicht mit zum Meet&Greet durfte. Aber eigentlich habe ich dir das total gegönnt. Ich hoffe, du glaubst mir das." "Woher kommt denn dieser Sinneswandel?" fragte Finja noch etwas skeptisch. "Man, ich habe dich vermisst heute. Mit den anderen Mädels war es zwar auch lustig, aber nicht das selbe. Wer wenn nicht wir, oder? Und ich habe mal wieder gemerkt, die egoistisch die doch alle sind, denken nur an sich selber. Und so wollte ich nie sein. Deswegen tut es mir so Leid." Ach man, so konnte Finja ihr jetzt auch gar nicht mehr wirklich sauer sein. "Alles gut Mali, ist schon vergessen. Ich wäre auch gerne bei dir gewesen. Aber ich konnte das nicht." Malena atmete erleichtert aus. "Du, da ist noch was. Diese Sache, die du mir im Hotelzimmer erzählt hast. Naja, also das Wincent dich geküsst hat, stimmt das wirklich?" Finja war etwas erstaunt über diese Frage.

"Bist du alleine?" wollte sie sich absichern, bevor sie etwas erzählen würde. "Ja bin ich. Ich habe hier vorhin noch mit ein paar Mädels gesprochen, die in Eckernförde auch beim Meet&Greet waren. Und die haben erzählt, dass sie gehen mussten, als Wincent noch mit einem Mädel ein Foto gemacht hat und sie sich nur gewundert hatten, dass Amelie danach auch gegangen ist. Sie waren sich aber nicht mehr sicher, ob da wirklich am Ende noch jemand alleine bei Wincent war. Und wer es war, konnten sie auch nicht sagen. Warst du das?" Finja schwieg einen Moment. Dann holte sie tief Luft. "Ja, war ich." "Oh mein Gott, dann hast du mich nicht angelogen? Finja??? Was ist da passiert? Warum hast du denn geweint? Hat er dich irgendwie angefasst?" Malenas Worte überschlugen sich. "Hol mal Luft, alles ist gut. Er hat mich nicht angefasst. Naja, also nicht ungewollt." Jetzt verstand Malena gar nichts mehr. "Pass auf, ich möchte dir das nicht am Telefon erzählen. Kann ich einfach morgen schon zu dir kommen? Donnerstag ist doch eh das Konzert in Hamburg. Unikram kann ich auch bei dir machen." Mit dem Vorschlag war Malena einverstanden. Sie war froh, dass sie den Streit aus der Welt kriegen konnten, aber sie war auch gespannt, was Finja ihr da zu erzählen hatte.

Wann kommt die Liebe in mein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt