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Die Königin und ich wurden zu den Männern des höheren Standes gerufen. Ich wusste nicht was mich erwartete oder was ich mir von den Männern erwarten sollte, doch ich musste der Aufforderung meines Gemahls Folge leisten. Auch wenn sie über viele Ecken ging, denn ein Diener wurde geschickt, welcher dies meinem Wachen vor der Zimmertür verkünden sollte, welcher wiederum mich ansprach. Deswegen ließ ich Clementia zu mir holen, welche mir in ein anderes Kleid half und meine Haare schön machte.

Auf dem Weg zum Saal traf ich die Königin, welche ebenfalls mit einem Wachen ging. Ihre Augen suchten die meinen und sie blieb stehen.

„Olivia!“ Als ich bei ihr ankam, hakte sich sie bei meinem Ellbogen ein. „Ich hasse es, wenn sie nach den Frauen fragen“, flüsterte sie in mein Ohr, sodass nur ich es hören konnte.

„Sind sie nicht nett?“

„Nun ja, sie haben ihre Eigenheiten.“ Die Königin spazierte nun etwas langsamer. „Aber Ihr könnt selbstverständlich jederzeit aufstehen und gehen.“

„Es klingt beinahe so, als würde ich keinen Spaß haben.“

„Das werdet Ihr auch nicht.“ Ottilie seufzte. „Im Grunde reden sie über alles Mögliche und tun dabei so, als wären wir nicht anwesend. Wir Frauen sollen nur den Saal schmücken.“

Das klang nicht sehr vielversprechend, aber sie hatte mich ja schon einmal davor gewarnt, nichts Kluges vor dem höheren Stand zu sprechen. Frauen schienen bei den Schwarzenburgs nicht so emanzipiert zu sein wie bei den Bells, denn meine Mutter durfte bei jeder Sitzung dabei sein und wurde sogar von den Männern in die Gespräche integriert.

„Da sind sie ja, unsere Schönheiten!“ Ein Mann mittleren Alters, welchen ich bei unserer Hochzeit wahrgenommen hatte, kam auf uns zu und gab uns beiden einen Handkuss.

„Albrecht!“, säuselte die Königin und ließ in ihrem Unterton mitschwingen, wie wenig sie ihn mochte. Doch diesen Albrecht schien das nicht zu stören.

„Graf Albrecht von Schwarzenburg“, stellte er sich mir mit einer Verbeugung vor. „Euer werter Gemahl ist mein Neffe.“

Ich lächelte dem Mann zaghaft zu und suchte in der Menge das Gesicht des Prinzen. Zuerst konnte ich den ersten Heerführer entdecken, welcher mich genaustens in Augenschein nahm – oder war es Graf Albrecht von Schwarzenburg, welchen er nicht mehr aus den Augen ließ? – und dann blickte ich in Robins Gesicht. Dieser emotionslose Gesichtsausdruck machte mich irgendwann noch fertig. Ich kannte ihn noch nicht lange, doch jetzt schon nervte er mich. Nie konnte ich dabei wissen, was er fühlte oder gar was er dachte.

„Setzt Euch zu uns“, forderte mich mein Gemahl auf. Ich tat ihm den Gefallen und gleich neben mir nahm die Königin Platz.
Wie ich sehen konnte, machten es sich die Männer gemütlich, denn das Holz im Kamin war angezündet und mehrere Weinkelche zierten den langgezogenen Tisch. Zuerst quasselten sie tatsächlich über Gott und die Welt, wobei die Königin und ich nur ihre stummen Zuhörer waren. Keiner hatte je versucht uns in ein Gespräch zu verwickeln. Doch es hatte auch etwas Gutes, denn so bekam ich mit wie die Personen hießen und welchen Stand sie einnahmen. Selbst der Priester war anwesend.

Die Gespräche der Männer langweilten mich. Ich musste ein Gähnen unterdrücken, denn das wäre eher weniger gut angekommen. Erst als Robins Onkel meinem Gemahl eine Frage stellte, horchte ich auf.

„Ich frage mich schon seit Tagen, warum Ihr in der Hochzeitsnacht im Bordell wart. Kann Euch eine Bell nicht gut genug befriedigen?“ Erschrocken über so viel Dreistigkeit, starrte ich meinen Gemahl von der Seite aus an. Dieser zuckte nur kurz mit dem Auge, doch ansonsten regte sich rein gar nichts in seinem Gesicht. „Eure Gemahlin betrachtet Euch ganz entrüstet. Sagt bloß, sie hatte keine Ahnung davon.“ Ihm entkam ein bellendes Lachen, in welches einige der anderen Männer ebenso einstiegen.

Wolfsfluch | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt