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Einige Zeit später dann im Thronsaal der Burg wurden wir von allen möglichen Menschen beglückwünscht und die Geschenke stapelten sich. Es waren sogar einige Dorfleute anwesend, was mich wunderte, doch kein bisschen ärgerte. Mein Vater hatte es nie geduldet das Einfache Volk bei Festigkeiten in die Burg zu lassen, doch hier schien das anders zu sein.

Bei unserem Eintreffen wurde mir der höhere Stand vorgestellt – der Priester war einer von ihnen –, ebenso wie die Dienerschaft. Natürlich waren nicht alle Diener anwesend, doch die wichtigsten stellten sich mir mit einer Verbeugung und einer schnellen Erklärung, für was sie zuständig waren, vor. Ich lächelte ihnen allesamt zu, auch wenn die meisten unter ihnen eher ängstlich wirkten. Oder vielleicht war es auch etwas anderes, ich konnte es nur nicht genau deuten.

Mittlerweile wurde das Festessen serviert und alle konnten Platz nehmen. Ich saß zwischen meinem Gemahl und meiner Schwester Ida. Meine Mutter saß mir gegenüber und lächelte mir zaghaft zu. Sie sorgte sich um mich, das wusste ich, doch ich konnte ihr nicht erklären, dass alles in Ordnung war, da überhaupt nichts in Ordnung war. Aber ich war der Bitte, nun ja, war es eine Bitte gewesen?, meines Gemahls nachgekommen und hatte kein einziges Mal mehr trübsinnig dreingeblickt. Zwar waren meine Gedanken noch lange nicht erheitert, doch das ließ ich mit meinen Gesichtszügen nicht erkennen.

„Du siehst traumhaft schön aus.“ Ich drehte mich zu meiner Schwester und nickte ihr dankend zu. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dich schon jemals in einem so fabelhaften Kleid gesehen zu haben. Von nun an wirst du nicht mehr so viel Männerbekleidung tragen.“ Ich atmete tief aus und hoffte, Robin lauschte nicht den Worten meiner Schwester Ida. „Vater hat die richtige Entscheidung getroffen, dich mit einem Prinzen zu vermählen. Du hättest vermutlich einen Bauernjungen geheiratet.“

„Ida!“, zischte ich warnend. Ich wagte einen kurzen Seitenblick zu Robin, welcher amüsiert zu sein schien. Vermutlich verstand er jedes einzelne Wort. „Jutta wird Colin heiraten wollen, das liegt auf der Hand. Aber ich kannte nicht einmal jemanden, der auch nur annähernd zu mir gepasst hätte.“ Ich sprach extra leise, doch war nicht sicher, ob es leise genug war.

Ida zuckte nur mit den Schultern und wandte sich von mir ab, um sich mit unserer anderen Schwester zu unterhalten. Unter dem Tisch verflocht ich meine Finger ineinander und wartete darauf, dass das Essen serviert wurde. Lange ließen sie nicht mehr auf sich warten und ein Gaumenschmaus an gebratenem Schwein und viel Gemüse, genügend zu Trinken, vor allem Wein, wurde aufgetischt.

„Ein Hoch auf das Hochzeitspaar!“ Mein Vater erhob sich von seinem Stuhl und prostete uns zu. Die anderen Gäste standen ebenso auf, sprachen Toasts aus und hoben ihre Weinkelche.

Einer der Gäste sprach laut: „Auf viele, viele Kinder!“ Die anderen Leute lachten, doch mein Lächeln schwand kurz, ehe ich mich wieder gefangen hatte. Es waren nur ein paar Sekunden gewesen, doch ich wusste, dass meine Mutter und Robin es gesehen hatten.

Mein Gemahl beugte sich zu mir und flüsterte mir unerwartet ins Ohr: „Ich bin froh, wenn wir das hier überstanden haben.“ Mein Kopf wanderte in seine Richtung und ich konnte ein schelmisches Grinsen auf seinem Gesicht ausmalen.

„Ich auch“, gestand ich etwas schüchterner als er es je sein könnte und betrachtete seine Gesichtszüge, als er sich quer über den Tisch mit meinem Vater unterhielt. Meistens sprachen sie nur über Schlachten, die sie gewonnen hatten und was sie alles gemeinsam erobern wollten. Das sich mein Vater eines Tages so leicht mit einem unserer früheren Feinde unterhalten konnte, war mir nicht klar gewesen. Für mich war es ohnehin nicht logisch gewesen, mich mit dem Feind zu vermählen. Doch mein Vater wusste bestimmt was er tat. Immerhin war er ein König und regierte unser Land. Nein, deren Land. Mein Land war nun das der Schwarzenburgs.

Wolfsfluch | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt