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„Euch hat man schon sehr lange nicht mehr zu Gesicht bekommen!“ Ein Magier, welchen Pirmin nur zu gut kannte, kam auf ihn zu.

„Aniko!“ Pirmin Malel versuchte zu lächeln, doch er scheiterte. Wann hatte er seinen Cousin zum letzten Mal gesehen?

„Ihr habt uns einfach so verlassen. Jetzt steht Ihr wieder hier. Warum?“

Pirmin war von seinem Hengst abgestiegen, und hielt ihn an den Zügeln fest. Auch die anderen drei Reiter standen neben ihren Pferden und verfolgten das Gespräch. Pirmin sah, dass noch weitere Magier zu ihnen dazustießen.

„Ich habe dem Oberhaupt der Magier etwas mitzuteilen.“

„Konntet Ihr uns keinen Brief zukommen lassen?“ Aniko lachte spöttisch. „Oder habt Ihr Euch der Magie so sehr abgewandt?“

„Es ist besser, wenn ich persönlich erscheine.“

„Danach verschwindet Ihr wieder?“

„Ja.“ Pirmin sah, dass seinen Cousin die Antwort verletzte, deswegen fügte er hinzu: „Ich gehöre hier nicht her.“

„Ihr seid ein Magier. Natürlich gehört Ihr hier her.“ Aniko kam näher zu ihm und blieb dicht vor ihm stehen. Er streichelte einmal über den Kopf des Pferdes und betrachtete seinen Cousin. „Ihr habt hier immer hergehört", betonte er.

„Nur irgendwann fühlt man sich einsam. Und ich bin lieber allein als einsam. Damals teilte niemand meine Ansichten und heute wird sich daran nichts geändert haben. Ich werde wieder gehen, Aniko. Es tut mir leid.“ Pirmin seufzte gedehnt.

Aniko nickte – er musste die Entscheidung seines Cousins akzeptieren.

„Pirmin Malel!“ Das Oberhaupt der Magier, Richard Zefusis, stand plötzlich neben ihm und seinem Cousin, sodass sein Pferd erschrak. Der Schimmelhengst war zur Seite gesprungen, doch Pirmin hielt ihn an den Zügeln. Erst als das Pferd mitbekam, dass es ein Magier war, und kein pferdefressendes Biest, beruhigte es sich. Richard Zefusis war einfach aufgetaucht – er war ein Meister der Unsichtbarkeit.

„Was verschafft uns die Ehre?“

Da Pirmin wusste, dass es unnötig war, zu fragen, ob sie nicht auch unter vier Augen sprechen könnten, sagte er: „Ich habe zwei Seelenstehler gesehen. Sie waren noch auf der Suche.“

„Seelenstehler?“ Richard lachte auf. „Welcher Bastard konnte sich nicht halten und ist über eine verfluchte Hexe hergefallen?“

„Wie ich schon sagte, es waren zwei. Das heißt, die dunkle Hexe ist schon ein paar Jahre älter. Sie hat bis jetzt nichts gemacht, was uns schaden könnte, deswegen bezweifle ich, dass sie es in Zukunft tun wird.“

„Dunkle Hexen sind dreckige Huren, vor denen man sich in Acht nehmen muss. Sie gehört hingerichtet. Genauso wie ihre Mutter und ihr Vater!“

„Deswegen bin ich nicht gekommen. Ich bin hier, um Euch zu besänftigen. Die Seelenstehler haben ihren Meister zwar noch nicht gefunden, aber wenn die Hexe bis jetzt noch keinen Schaden angerichtet hat, wird sie es nicht tun. Das versuche ich Euch zu sagen.“

„Und ich versuche Euch zu sagen, dass dunkle Hexen Huren sind!“

„Wisst Ihr mit dem Begriff Hure überhaupt etwas anzufangen? Dann wüsstet Ihr nämlich, dass Ihr das nicht beurteilen könnt. Nicht alle dunkle Hexen sind gleich! Genauso wenig wie alle Magier gleich sind!“

„Fühlt Ihr Euch etwa angesprochen? Wir haben Euch nie befohlen, zu verschwinden. Es war Eure Entscheidung!“

„Und es war eine gute Entscheidung!“ Pirmin schuckte und wagte einen Blick zu seinem Cousin. Dieser verfolgte mit ausdrucksloser Miene das Geschehen.

Wolfsfluch | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt