"Ist mein Lieblingscousin da?", ruft auf einmal eine Frauenstimme durch's Haus, nachdem man die Tür zufallen hört. Schade, die Situation habe ich genossen. "Kommt ganz drauf an wen du meinst", ruft Alex direkt zurück und stellt sich wieder gerade hin aber so nahe, dass man erkennen kann, dass wir nicht nur Freunde sind. Außerdem hat er seinen Arm um meine Schulter gelegt. Er scheint also Bescheid zu wissen, dass sie kommt. Aber gut, wenn sie ohne Schlüssel reinkommen kann, ist das auch kein Wunder.
"Na dich natürlich, Alex. Wer geht sonst mit mir shoppen?" "Genau deswegen bin ich auch dein Lieblingscousin." "Störe ich?" Sie wirkt nett, wie sie auch entspannt zu uns kommt und uns beide freundlich ansieht. Ich frage mich, ob Alex es vielleicht stört, wenn sie uns so sieht, wie wir hier stehen, aber er legt seinen Arm auch nicht weg, also löse ich mich auch nicht aus seinem Griff.
"Du, niemals, Kathi", schmunzelt Alex, "Luisa, das ist meine Cousine Kathi. Kathi, Luisa." "Du hast dich doch nicht etwa auf den hier eingelassen, oder? Glaub mir, es gibt Bessere", lacht sie amüsiert und ich schmunzle. Ich nehme mal an, dass sie bei keiner Partnervermittlung angestellt ist.
"Wir sind nicht zusammen, wenn du das meinst", erwidere ich mit einem Lächeln. Dafür ist es noch viel zu früh. Das ist uns ja beiden klar. "Oh man ey, Alex! Da freut man sich, dass du endlich mal eine Freundin gefunden hast und dann doch nicht. Kriegst du irgendwas mal auf die Reihe?"
"Hey, vielleicht liegt das Ganze auch nicht an mir", gibt Alex entspannt zurück. "Wir haben uns erst gestern Abend nach einer langen Zeit wiedergesehen", lasse ich sie mit einem Lächeln auf den Lippen wissen. Das müsste alles erklären. "Irgendwie kommst du mir bekannt vor aber ich kann dir echt nicht sagen warum."
Kathi sieht mich nachdenklich an. Ich reibe mir schon nervös die Hände entlang meiner Oberschenkel, aber sie schüttelt dann zum Glück ihren Kopf. "Ich komm einfach nicht drauf." Ich will nicht, dass Alex gleich weiß aus welcher Familie ich komme. Ich möchte ihn so kennenlernen wie er ist, ohne Mitleid wegen des Unfalls oder Augenrollen wegen meiner Eltern.
"Wie wär's? Wir laden ein paar Freunde ein und feiern den Samstag Abend noch gebührend? Wir haben hier schon lange nichts mehr mit anderen gemacht", schlägt Kathi dann vor. Alex sieht mich erst fragend an, was ich sehr zu schätzen weiß. Das ist äußerst respektvoll von ihm. "Von mir aus gerne", stimme ich zu.
"In Ordnung. Kathi, gehst du einkaufen? Dann bereiten wir hier schonmal alles vor." "Ja klar, perfekt." "Gib doch einer Freundin Bescheid", schlägt Alex mir mit einem Lächeln auf den Lippen vor, "Das war Hannah gestern, oder?" "Ja, das war sie. Gerne, ich schreib ihr gleich."
Die Party ist ein paar Stunden später in vollem Gange. Alex' Freunde vom Skiurlaub sehe ich auch wieder und wir verstehen uns wie damals auf Anhieb super. Hannah versteht sich wie damals mit Mario super und wir kommen beide mit allen gut zurecht, was mich schonmal beruhigt. Wenn sich unsere Freunde nicht leiden könnten, wäre das zwar nicht das Ende, aber schon eine Belastung. So wie es jetzt ist, sammeln wir gemeinsam schöne Momente, auf die wir aufbauen können.
"Hey, Alex. Wir haben noch nen Kumpel mitgebracht. Der kann was gebrauchen, wurde heute sitzen gelassen", höre ich Fabi hinter uns, als ich mit Alex in der Küche stehe und wir unsere Drinks mixen, er mich aber immer wieder davon abhält. Er will mich überraschen und wissen wie ich es finde. Überrascht bin ich nicht, als ich Fabi's Stimme höre, ich habe ja schon vermutet, dass die beiden befreundet sind. Fabi kennt viele Leute aus unterschiedlichen Regionen. Ich kenne nicht all seine Freunde und das ist gut auch gut so.
"Klar, ich muss dir auch noch jemanden vorstellen", ruft Alex über die Musik hinweg zurück was mich doch nervös macht. Ich habe heute Mittag erst mit Fabi gesprochen. Er war nicht wütend, aber dass er enttäuscht ist, war nicht zu übersehen. Solche Fehler erwartet man nicht von mir.
Ich, die immer versucht, meine Eltern zufrieden zu stellen und vergisst, was sie eigentlich selbst will. Klar ist das überraschend, wenn man dann mal die Reißleine zieht. Zugegeben, das hat meine Beziehung betroffen, aber meinen Eltern müsste ich es noch beichten und irgendwann sage ich ihnen auch, dass ich nicht in der Firma arbeiten oder gar eine der Firmen übernehmen möchte.
"Der wird Augen machen", lacht Alex mir belustigt entgegen und ich sehe ihn glücklich an, als er seinen Arm um mich legt. Ja, das wird er wohl. Vielleicht hätte ich Alex nach Fabi fragen sollen. Auf Instagram sah es nicht so aus, als wären sie eng befreundet und sein Name auf der gleichen Klingel ist kein wirklicher Anhaltspunkt. Es hätten viele andere Fabis sein können. Nur die Stimme kenne ich zu gut, jetzt muss ich es einsehen, dass wir gleich in einer ungünstigen Situation landen.
"Allerdings", kommentiert Fabi knapp, als er vor uns steht. Doch er ist nicht allein. Mike steht neben ihm. Damit hätte ich nicht gerechnet. Ein Freund, der sitzen gelassen wird, kann vieles bedeuten. Fabi kennt so viele Leute. Außerdem, würde sich Mike nicht erst bei Maxi über mich beschweren? Wenn sie sich treffen, dann meistens zu zweit oder zu dritt aber Fabi's anderen Freunde sind nie dabei. Die beschweren sich eher über die unterschiedlichen Lebensstile. Reflexartig löse ich mich von Alex, doch mein Blick zu Mike ist fest.
"Klar, meine Art ist das Problem", zischt Mike nur ironisch und sieht mich überaus wütend an. Ich schlucke schwer. Das ganze ist mir ohnehin nicht leicht gefallen und wird dadurch nicht besser. Nicht hier, nicht so und vor allem nicht vor Alex. Ich habe heute noch überlegt, ob ich nochmal mit Mike reden sollte aber so vermute ich mal, dass das nichts mehr wird. Irgendwie auch verständlich. Er weiß ja nicht wie es mir wirklich geht, dass ich ihn nicht für Alex verlassen habe, sondern für mich. Er sieht uns beide nur hier und denkt er weiß Bescheid. Das kann ich ihm nicht verübeln.
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ANOTHER LOVE
RomanceEine flüchtige Bekanntschaft, die Spuren hinterlässt. Eine Familie, die sich selbst kaum erträgt. Ein Freund, der den Schein nach außen aufrechterhalten zu versucht. Geschwister, bei denen der Zwiespalt der Liebe nicht fern ist. / Luisa Diehn, Tocht...