Kriegserklärung

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Maxi's Sicht:

„Das wären dann die wichtigsten 200 Gäste", beendet meine Mutter ihre Ideen zu meiner Geburtstagsfeier, „150 Gäste finden in diesem Haus Platz, wenn wir das Nebengebäude nutzen. Du solltest also bis morgen eine Auswahl treffen, damit die Einladungen verschickt werden können." 

Ich nehme das Klemmbrett entgegen und überfliege die Liste. Die Geschäftsleute sind mir egal. Anders als es meine Eltern von mir erwarten, interessiere ich mich tatsächlich überhaupt nicht für meinen Geburtstag und die Gäste. Es ist lediglich ein Geschäftstreffen. Wir feiern den Anlass nicht ausgelassen. Es ist eher eine Gala. 

Davon, an meinem Geburtstag lediglich essen zu gehen, kann ich lange träumen. Mike ist natürlich eingeladen, Lea und Laura mit deren Eltern ebenso. Selbst Fabi haben sie auf die Liste gesetzt. Ich weiß nicht wieso, aber Fabi mögen sie gerne. Die Person, die ich wohl am ehesten sehen hätte wollen steht natürlich nicht darauf. 

Hannah's gesellschaftlicher Abstieg lässt es wohl nicht zu, dass sie hier gesehen werden sollte. Wie es wohl wäre, wenn ich mich meine eigene Feier heimlich verlasse und einfach mit ihr ans Meer fahre? Daran sollte ich gar nicht denken. Ich mag sie doch überhaupt nicht. Ich muss wohl zu wenig gegessen haben. 

„Luisa kommt alleine?", hake ich interessiert nach, weil Alex' Name nicht auf der Liste steht. Ich bin nicht davon überrascht, dass meine Eltern ihn nicht mögen, aber einen öffentlichen Auftritt der beiden zu unterbinden ist schwierig. Man hat die beiden bereits zusammen gesehen. Es würde Gerüchte anheizen, wenn er nicht kommt. 

Andererseits würde sein Kommen die Beziehung der beiden bestätigen und das möchten meine Eltern eindeutig unterbinden. Ich würde Luisa am liebsten verfluchen, wenn ich sie nicht so gut verstehen würde. Sollte ich mich noch schnell von Lea trennen, damit meine Eltern mich zur Verantwortung ziehen und ihre Entscheidungen dadurch weniger wiegen? Nein, das ist auch keine Lösung für das Problem. Dann würden unsere Eltern denken, dass sie versagt haben. 

Luisa hat ihre Entscheidung bereits getroffen. Unsere Eltern wollen es nur noch nicht akzeptieren. Wenn ich sie nun auch noch enttäusche und das mit Hannah gerade biege, drehen sie durch. Ich darf mir keinen Fehler erlauben. Ich kann nur versuchen, zu vermitteln. Wenn ich in ihrer Situation wäre würde ich auch wollen, dass sie mir helfen würde. 

„Hat Alex bereits abgesagt?", frage ich naiv. Vater seufzt. „Es ist dein Geburtstag, Maximilian. Wenn jemand wie er da wäre, würden wir falsche Signale senden", erklärt mir Mutter kurz angebunden. Na klasse, jetzt muss ich deutlicher werden. 

„Ich fände es gut, wenn wir ihn einladen. Luisa scheint ihn zu mögen und Fabi darf als sein Bruder auch kommen. Das würde ich als Außenstehender verwirrender finden", stelle ich klar. „Das kommt nicht in Betracht", entgegnet mir mein Vater knapp. Gut, letzter Versuch. 

„Ich möchte dir ungern widersprechen, Vater, aber Luisa wurde bereits in der Öffentlichkeit mit ihm gesehen. Wenn er nicht dabei ist, wird die einzige Frage sein, wo ihr Freund ist. Wenn er kommt, sind alle zufrieden und es liegt nicht zu viel Aufmerksamkeit auf ihnen", argumentiere ich sachlich, denn es würde wirklich keiner nach ihnen fragen, wenn beide anwesend sind, „Gebt ihnen und uns diese eine Chance bitte." 

Man wird hier nicht öffentlich nach der neuen Beziehung gefragt, wenn es doch jeder beobachten kann. Ein, zwei Blicke auf den beiden und schon hat man ein neues Thema gefunden. Wenn ich ein normales Kind gewesen wäre hätte ich wohl ein Mitspracherecht bei meinem Geburtstag. Ich bin aber nunmal der älteste Sohn meiner Eltern. 

„In Ordnung", gibt meint Vater überraschend schnell nach, „Danach können wir besprechen wie wir ihre Trennung bekanntgeben." Das wollte ich damit nicht bezwecken. Was bin ich nur ein schlechter Bruder. Zum Glück habe ich Zeit mir einen Plan zu überlegen wie ich Luisa einmal wirklich helfen kann.


Luisa's Sicht:

„Was zum Teufel ist dein Problem, Maxi?", zische ich meinen Bruder sofort an, als ich ihn sehe. Ich würde am liebsten ruhig bleiben, aber er ist die einzige Person, die mich so wütend werden lässt. „Dir auch einen angenehmen Nachmittag", entgegnet er mir provokativ, „Die Sonne scheint. Vielleicht solltest du bei einem Spaziergang durch den Park deine Wut rauslassen." 

„Du bist wirklich das Allerletzte, Maxi. Wie kannst du es wagen, Alex auf Fabi anzusprechen und mir irgendein altes Bild zu schicken? Das ist keine belanglose Missgunst mehr. Du beeinträchtigst unsere Beziehung. Hast du auch mal einen Moment an Fabi gedacht, als du sein Handy genommen hast? Du riskierst damit auch eure Freundschaft." 

„Ich riskiere für mich gar nichts. Fabi weiß doch schon Bescheid, aber es ist ihm egal. Sei realistisch, Luisa. Er möchte diese Beziehung genauso gerne scheitern sehen wie alle anderen auch." „So ist Fabi nicht", möchte ich ihm entgegensetzen, klinge aber selbst nicht überzeugt. 

„Ich verstehe dich ja, Lu. Du willst mal was anderes machen, jemand anderen kennenlernen, das ist okay. Aber stell' deine kurzzeitigen Bedürfnisse nicht über die der Familie, denn das wirst du bereuen, wenn Vater und Mutter von dir enttäuscht sind. Sie haben ihr ganzes Leben lang für unseren Wohlstand gearbeitet und du schaffst es, das Ganze in nur einem Atemzug zu zerstören." 

„Gott, Maxi, sei doch nicht so melodramatisch. Ich bin Monate nach der Trennung von Mike in einer neuen Beziehung und bin einfach mal glücklich. Ich weiß, dass du das nicht von Lea und dir behaupten kannst, aber ich bin in dieser Beziehung wegen Alex, nicht wegen der Meinung anderer. Hannah hatte echt Recht mit ihrer Meinung über dich." 

Hm, blöd, jetzt bin ich diejenige, die Maxi provoziert hat. „Sprich nicht über Dinge, die du nicht verstehst", zischt er mich wütend an und ich gehe reflexartig einen Schritt zurück sobald ich seine Adern pulsieren sehe. 

„Pass auf, was du sagst, ja? Du denkst dein Leben sei hart, Luisa? Du bist ein privilegiertes, weißes Kind und willst mir erzählen wie ich meine Beziehung zu führen habe? Du hast dir Alex wegen einer kleinen Uneinigkeit zwischen Mike und dir genommen und hattest nicht den Mut, vorher Schluss zu machen. Alles was du jetzt tust nennt sich Schadensbegrenzung. Du denkst du wärst diejenige, die hier alles richtig macht, dabei bist du kein Stück besser als wir." 

Ich habe ihn selten so wütend und aggressiv erlebt. Eigentlich habe ich ihn so noch nie erlebt. Maxi lässt es nicht zu, dass er laut wird oder gar aggressiv wirkt. Wenn er nicht mein Bruder wäre hätte ich Angst, dass er handgreiflich wird so nah wie er mir ist. 

„Ist hier alles in Ordnung?", höre ich Andreas fragen und drehe mich langsam in seine Richtung, als Maxi sich von mir distanziert und zu sammeln scheint. Er sieht selbst überrascht von seinem kleinen Wutanfall aus. 

„Alles in Ordnung", antworte ich ruhig und nicke Andreas zu, der mich besorgt ansieht. „Verführe sie doch endlich", brummt Maxi nur und stapft an Andreas vorbei. „Sie wissen, dass-" „Natürlich, Andreas", unterbreche ich ihn sofort, „Es tut mir leid, dass er das gesagt hat." 

Er soll sich nicht rechtfertigen müssen. Er ist vielleicht ein gutaussehender 34-Jähriger Mann und sind uns vertraut, aber nur so sehr wie es Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder eine Familie sein kann. Maxi ist nur wütend. Manchmal frage ich mich wie Andreas nur für uns arbeiten kann. „Er beruhigt sich bald wieder." 

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