Brüder und Frauen

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Alex's Sicht:

„Ich fahr am Samstag Oma besuchen. Willst du mitkommen?", fragt mich Fabi neutral, als wir uns im Flur sehen. Seit er Luisa und mich zusammen gesehen hat ist er recht distanziert. Kann aber auch an meiner Wahrnehmung liegen. „Nein, danke. Ich fahre nächste Woche mal zu ihr. Luisa kommt am Wochenende vorbei, dass wir über das Thema Reichtum reden können." 

„Sie hat dir von ihrer Familie erzählt?", entgegnet mir Fabi skeptisch. Sein Stirnrunzeln ist nicht zu übersehen. Damit erübrigt sich meine Frage danach, ob er es mir auch verheimlicht hat. Er klingt glatt so als gäbe es keinen Grund dafür es mir zu erzählen. Wir treffen uns und bald möchte ich es offiziell machen, also denke ich, dass ich es wissen sollte. Er ist dagegen nur einer ihrer Freunde. 

„Sollte sie nicht?", erwidere ich schulterzuckend. „Sie redet nicht gerne über ihre Familie." „Du tust so als kennst du sie seit Jahren." „Tue ich auch." „Von mir aus, Fabi. Keine Ahnung was dein Problem damit ist, aber krieg dich wieder ein." Ich sehe noch wie Fabi seinen Kopf schüttelt, ignoriere das aber. Ich werde mich jetzt nicht über meinen Bruder und sein komisches Verhalten beschweren. Das wäre nur sinnlos.


Luisa's Sicht:

„Ich zieh mir schnell was an", sagt Fabi sofort, als er mir die Tür öffnet. Alex und ich wollten in einer Stunde reden und ich hatte vor, die Gelegenheit zu nutzen, um mich bei Fabi zuvor zu entschuldigen. „Schon gut. Wenn wir schwimmen gehen sehe ich dich ja auch ohne Oberteil." 

Fabi sieht aus als würde er sich gerade fertig machen, um wegzugehen. Eine Jeans hat er an und ein Oberteil liegt auf der Kommode. „Da warst du auch noch nicht mit meinem Bruder zusammen." Toll, Fabi ist wirklich wütend. Noch viel schlimmer, enttäuscht. „Alex und ich sind nicht zusammen", stelle ich klar, „Und selbst wenn gehe ich doch trotzdem noch mit dir so schwimmen." 

„Du weißt, dass es nicht darum geht." Ich nicke. Manchmal wünschte ich, ich könnte mich auf Dummheit berufen. Das klappt nur in meinem Umfeld nicht. „Ich bin hier, weil ich mich entschuldigen möchte. Mal wieder." „Komm rein und setz dich", meint Fabi ruhig. Er weiß ganz genau, dass das ein längeres Gespräch wird, „Ich bin nicht wütend, falls du dich das fragst." 

„Ich weiß. Du bist enttäuscht", nicke ich, als ich mich auf das Couchende fallen lasse. Ich sitze immer an der gleichen Stelle hier. „Schon klar, oder? Es gibt in unserem Umfeld niemanden, der so gut befreundet ist wie wir." „Ich hab mich nicht getraut, lang mit dir zu reden, wenn ich nicht weiß was das mit Alex und mir ist. Ich weiß was du darüber denkst und wollte mir erst klar werden was passiert bevor ich dich im Unklaren lasse." 

„Das war nicht sonderlich hilfreich." „Ich weiß", gebe ich geknickt zu, „Jetzt weiß ich das. Es tut mir leid, Fabi. Du bist der letzte Mensch, den ich nicht angemessen behandeln möchte." „Du hast gesagt du wolltest dir erst klar werden was mit Alex und dir ist. Weißt du's jetzt?" „Ich weiß, dass ich ihn gerne mag und es ernsthaft probieren möchte." 

„Das ist gut, ehrlich", meint Fabi nickend, „Das ist wundervoll. Er sieht das nämlich ähnlich." Meine Freude über den Inhalt seiner Aussage verblasst bei dem Ton seiner Stimme. „Es tut mir leid, dass du wegen mir davon betroffen bist", versuche ich es, doch Fabi fasst sich an seine Schläfen und setzt sich dann zu mir. „Ist okay, ehrlich. Zieh dich nur nie wieder zurück. Wir sind zumindest immer Freunde gewesen." „Versprochen." „Gut", seufzt Fabi und zieht mich in seine Arme und legt sein Kinn auf meinem Kopf ab. „Ich wünsche es dir, dass es klappt."


„Wie war's bei Fabi?", fragt mich Alex, als ich seine Wohnung betrete. „Hätte besser und schlechter laufen können", fasse ich nach kurzer Überlegung zusammen und bin überrascht, als er mich noch begrüßt wie sonst. Fabi meinte zwar, dass Alex genauso fühlt wie ich aber ich hatte erwartet, dass er noch etwas distanzierter ist. Umso mehr freue ich mich über diese Begrüßung natürlich. 

„Ich hoffe wir verstehen uns besser", versuche ich mal lustig zu sein. Scheint zu klappen. Alex lächelt mich an. „Mit Sicherheit." „Du wirkst viel entspannter", merke ich erleichtert an und lehne mich an der Küchenleiste an. „Bin ich auch", stimmt mir Alex nickend zu, „Kaum zu glauben, aber meine Schüler haben mich wohl etwas beruhigt. Erst haben sie mich ziemlich genervt, aber man hat es mir wohl angesehen, als ich an dich gedacht habe. Das hat mir einiges klar gemacht." 

„Was denn?", frage ich grinsend. „Ich bin nicht begeistert davon, dass du anscheinend bist wer du bist.. in den Augen anderer. Dass du es mir verheimlicht hast finde ich auch nicht gut. Aber ich mag dich zu sehr als dass ich ewig wütend sein könnte. Ich glaube ich hätte es dir auch nicht erzählt", gesteht mir Alex und bevor ich nur dankbar lächeln kann, ziehe ich ihn gleich zu mir und küsse ihn. 

„Auf Fabi bin ich trotzdem noch sauer. Wenigstens er hätte etwas sagen können", brummt Alex halb spaßig halb ernsthaft. „Er ist dein Bruder, sei nicht zu hart zu ihm", bitte ich ihn sanft, „Fabi und ich stehen uns von allen unserer Freunde am engsten. Er wollte mich nur schützen." 

„Ich weiß. Ich bin nur wütend auf mich selbst, dass ich nicht selbst darauf gekommen bin, dass mehr dahinter steckt. Bei dem Auto habe ich mich noch gewundert, aber das leasen viele heute auch und von Taschen habe ich keine Ahnung also hab ich nicht weiter darüber nachgedacht. Deine Wohnung ist ja auch normal." 

„Ja, weil ich das so beabsichtigt habe. Ich wollte nicht mehr als das was ich brauche. Davon habe ich zuhause genug. Und Hannah konnte sich nicht mehr leisten, dann waren wir schon froh, dass wir genau diese Wohnung gefunden haben." „Ich dachte sie war mit dir auf dem Internat?", wundert sich Alex. 

„War sie auch", nicke ich, „Aber ihr Vater hat sich verschätzt, war gierig und hat alles verloren. Jetzt haben ihre Mutter und sie so viel, dass es gerade reicht." „Und ihr Vater?" „Sie haben sich während seines Prozesses scheiden lassen und er wurde verurteilt. Er hat noch vier Jahre im Gefängnis abzusitzen." „Verstehe.. Man merkt ihr das gar nicht an." „Sie kann das gut verstecken", stimme ich ihm zu. Zum Glück verstehen sich wenigstens die beiden miteinander. 

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