Maxi's Sicht:
„Maximilian, in mein Büro", ruft mein Vater, als ich durch unser Haus laufe und in einem der wenigen ruhigen Momente die Stille genieße. So schnell ist der Wunsch nach Ruhe vorbei. „Wie kann ich helfen, Vater?" „Was ist mit deiner Schwester los?", fährt er mich sofort an und ich fühle mich in all die Male zurückversetzt, als Leo und Lu einfach in den Tag gelebt haben und ich den Kopf dafür hinhalten musste.
Einmal sind sie aus dem Internat abgehauen, da wurde ich gefragt warum ich nicht auf sie aufgepasst habe. Ich war damals 16 und die beiden 12. Ich hatte meinen Vater in einem kurzen Moment des Teenager-Daseins gefragt, warum ich dafür verantwortlich sein sollte, wenn wir für unsere Sicherheit doch Personal hätten.
Da hat er mich wieder aufzählen lassen wie sich mein Verhalten auf das meiner Geschwister auswirkt und welchen Kostenvergleich es macht, wenn wir auch noch Sicherheitspersonal im Internat anstellen würden.
Ein anderes Mal haben sie unserem Personal frei gegeben uns sie gegen ihren Willen nach Hause geschickt, weil sie für unsere Eltern kochen wollten und sich selbst um den Garten kümmern wollte. Ich wurde gefragt, wie ich das zulassen konnte, dass man unserem Personal ohne zu überlegen frei gibt.
Kostenaufwand, mangelnde Motivation und Sicherheit des Hauses waren wieder Aspekte. Ich habe recht früh gelernt, mich dem System anzupassen. Während die beiden ihr Leben auskosten konnten saß ich in meinem Zimmer oder im Büro meines Vaters und habe mit 10 schon Praktika in seinen Firmen absolvieren sollen.
Es wurden für mich sogar Prüfungsprotokolle angefertigt, um meine Leistung zu protokollieren. Je mehr Spaß die beiden hatten, umso mehr wurde ich zur Verantwortung gezogen. Aber ich möchte mich nicht beschweren.
Ich habe zu meinem zehnten Geburtstag auch meine erste Rolex bekommen. Zu meinem 18. Geburtstag gab es mein erstes Luxusauto, zum Uni-Abschluss einen Ferrari. Meinem Vater tut das Geld nicht einmal weh. Wenn ich es mir recht überlege bin ich lieber das arrogante Arschloch in den Augen aller als ein armer aber liebenswürdiger Typ zu sein. Solche Menschen kommen doch nicht voran.
„Ich befürchte, dass ich dir diese Frage nicht ausreichend beantworten kann. Könntest du deine Sorgen konkretisieren?" „Deine Schwester trennt sich urplötzlich von Mike. Mike, den sie heiraten sollte und der dein engster Vertrauter ist. Könntest du mir das erklären?"
„Es tut mir leid, Vater. Ich habe ihr bereits gesagt, dass ich das nicht für eine gute Idee halte. Ich habe ihr klargemacht, dass sie einen Fehler macht, aber sie wollte mir nicht zuhören." Verdammte Luisa. Selbst für ihre Flirts bin ich verantwortlich. Wenn sie nur ein einziges Mal auf mich hören würde ginge es uns allen besser.
Und trotz allem vertraut mein Vater ihr immer noch am meisten. Ich arbeite seit Jahrzehnten für seine Anerkennung und sie kann ausziehen, etwas anderes studieren, feiern gehen und muss keine Verantwortung übernehmen. Wenn ich mich nicht regelmäßig bei unseren Geschäftspartnern blicken lasse dreht mein Vater schon durch.
„Dann hättest du das wohl klarer kommunizieren müssen. Ich möchte, dass du das klärst." „Entschuldige bitte meine Irritation, Vater, aber ich denke es geht ihr dadurch besser und das ist doch das, was wir wollen, oder? Sie scheint den Unfall zu verarbeiten", argumentiere ich für Luisa.
Ich bin wütend auf sie, ja, aber ich kann es auch nicht leiden, meinen Vater so reden zu hören. Sie ist seine Tochter und er kommt nicht einmal auf die Idee, dass Alex vielleicht gut für sie sein könnte? Unglaublich aber wahr. Selbst ich habe bemerkt, dass es ihr seit sie zusammen sind besser geht. Es ist ja nicht so als würde ich sie hassen.
„Widersprichst du mir etwa, Maximilian?", entgegnet mir mein Vater entsetzt und ich könnte mir meine Hand gegen die Stirn schlagen. Hätte ich nur nichts gesagt. „Nein, Vater. Ich möchte nicht deine Entscheidungen kritiseren. Ich beobachte Luisa nur. Sie scheint etwas entspannter zu sein. Du weißt wie sehr sie der Unfall mitgenommen hat. Sie kann langsam aber sicher damit umgehen."
„Denkst du etwa, es war für deine Mutter oder mich leicht, ein Kind zu verlieren?", bafft er mich plötzlich an, doch ich zucke nicht einmal mit den Wimpern. Ich kenne das Prozedere unserer Gespräche. Seit ich Leo verteidigt habe, weil er Mike im Internat geschlagen hat, weiß ich wie Vater reagiert.
Leo hat Mike damals angegriffen, weil der die Hände nicht von Lu lassen konnte, obwohl sie das nicht wollte. Ich habe mit Mike dann privat gesprochen. Aber als ich es gesehen habe, habe ich nichts gesagt. Vater hätte mir das Leben unerträglich gemacht, wenn er Geld dafür zahlen müsste, dass mein Name aus den Klatschblättern herausgehalten wird.
„Nein, Vater, natürlich nicht. Verzeih mir bitte meine Ausdrucksweise. Du hast natürlich Recht. Ich hätte sie auch lieber an Mike's Seite gesehen." „Dann sieh zu, dass du das wieder gerade biegst", befiehlt er mir schon und ich nicke. Wie kann ich nur Luisa und Alex auseinander bringen?
„Man kann übrigens auch so parken, dass noch mehr Autos in den Hof passen", brummt mich eine Stimme von der Seite an, als ich im Treppenhaus zu Fabi's Wohnung stehe und auf ihn warte. „Den Kommentar musstest du unbedingt bringen, hm?", meinte ich desinteressiert, „Nur weil du meine Schwester befriedigst heißt das nicht, dass du jetzt mit mir reden darfst."
„Keine Ahnung warum du so ein respektloser Bruder bist, aber sie ist meine Freundin und keine Frau für eine Nacht." „Ach was? Und das obwohl Fabi auf sie steht, na Glückwunsch", schmunzle ich fast schon belustigt und zucke mit meinen Schultern. Als ob ich von ihr etwas anderes oder gar besseres gewohnt bin.
„Was sagst du da?", zischt mir Alex scheinbar bedrohlich zu und spannt seine Muskeln an als würde er gleich eine Prügelei starten. Da wäre ich zwar nur zu gerne dabei aber dazu müsste mir die Sache etwas bedeuten.
Das Risiko, meinen Vater wütend zu machen, nehme ich nicht in Kauf.. nicht für ihn oder Luisa. Außerdem habe ich einen meiner besten Anzüge an, weil Fabi und ich mit den Jungs gleich ins Casino gehen. „Ach du weißt es gar nicht", schnaufe ich und lache, als ich mir meine Schläfen angestrengt reibe, „Heftig. Was ist nur aus meiner Schwester geworden. Wickelt den einen Bruder um den Finger und schnappt sich den anderen."
„Scheiß drauf", bafft Alex an mir vorbei und stürmt raus. Wahrscheinlich konfrontiert er sie erst einmal. Ich fühle mich zwar nicht besser, sondern eher wie ein mieser Bruder, aber die Hoffnung, dass mein Vater über einen Streit der beiden erfreut ist, gleich mein schlechtes Gewissen aus.
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ANOTHER LOVE
Storie d'amoreEine flüchtige Bekanntschaft, die Spuren hinterlässt. Eine Familie, die sich selbst kaum erträgt. Ein Freund, der den Schein nach außen aufrechterhalten zu versucht. Geschwister, bei denen der Zwiespalt der Liebe nicht fern ist. / Luisa Diehn, Tocht...