~ 49 ~ ✔️

1.8K 92 11
                                    

„Soll ich ernsthaft Angst vor dir haben?", provozierte er mich und sah mir tief in die Augen.

Bleib stark Aría. Bleib stark.

„Lass mich einfach gehen!"

Mein Selbstbewusstsein sank von jeder Sekunde immer mehr.

„Du bist echt dümmer, als ich dachte. Du weist doch, dass du mich nicht so respektlos behandeln sollst."

Einen großen Schritt machte er auf mich zu. Ich einen nach hinten. Der Abstand zwischen uns war nun trotzdem viel kleiner als vorhin.

„Deine Respektlosigkeit wird Folgen haben."

Wieder ging er einen Schritt voran. Ich wollte ebenfalls wieder zurück treten, doch wurde durch die Küchentheke daran gehindert.

Pure Panik schoss wieder durch meinen gesamten Körper. Erneut fuchtelte ich wild mit dem Messer in meiner Hand.

„Bleib endlich stehen! Dann passiert dir auch nichts." Ich schrie ihn nochmal so laut ich konnte an.

Die ganze Nachbarschaft hatte es bestimmt mitbekommen, doch es interessierte niemanden. Keiner würde mir zur Hilfe kommen. Keiner. Es war normal hier in der Gegend, dass sich die Leute gegenseitig anschrieen. Und keiner würde auf die Idee kommen, dass ich in Gefahr bin.

„Ha ha ha"
Sein raues Lachen hallte durch den ganzen Raum und löste Ekel in mir aus. Purer Ekel.

„Wir wissen doch beide, dass du nicht mal weißt, wie man dieses Messer richtig hält. Also lass es lieber fallen. Nicht, dass du dich selbst noch verletzt."

Wild schüttelte ich mit meinem Kopf.
„Nein", brüllte ich.

„Bleib stehen und sei endlich leise. Sei leise und lass mich einfach gehen!"

Zum Schluss hin flehet ich ihn schon an. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich komme aus dieser Situation nicht mehr raus. Aus dem Fenster springen war auch keine Option. Da kann ich mich gleich von meinem Vater töten lassen.
Ich muss hier irgendwie raus.
Er wird mich töten. Bestimmt wird er mich töten.

Plötzlich wurde mir das Messer aus der Hand geschlagen. Laut landete es auf dem Boden. Geschockt sah ich dorthin und dann zu meinem "Vater".
Er kam so schnell auf mich zu, dass ich gar nicht reagieren konnte. Fest presste er auf einmal seine Hand um meinen Hals.

Mit geweiteten Augen sah ich ihm entgegen. Sein Blick war so böse, als ob der Teufel höchstpersönlich vor mir stehen würde.

Immer fester drückte er zu und lies mich kaum noch Luft holen. Ich versuchte etwas zu sagen, doch es ging nicht.

Mit voller Kraft versuchte ich seine Hand von meinem Hals zu bekommen. Ohne Erfolg. Er war viel stärker als ich.

Tränen bildeten sich in meinen Augen. Immer weniger Luft bekam ich.

„Du dachtest echt ich lasse dich gehen? So eine verzogene Göre wie dich? Du hättest früher überlegen sollen, ob du hier her kommst."

Mit voller Kraft schubste er mich auf den Boden. Laut fing ich an zu husten und versuchte Luft zu bekommen. Immer mehr Tränen bildeten sich in meinen Augen und flossen meine Wange hinab. Meine Hand stemmte ich auf dem Boden und versuchte somit, mir Kraft zu geben, um aufzustehen, doch mein "Vater" war schneller.

Er setzte seinen Fuß auf meine Schulter und zwang mich somit wieder auf den Boden.

Ich wehrte mich nicht mehr. Zu groß war meine Angst vor ihm. Ich schloss meine Augen. Was wird er jetzt mit mir machen? Wird er mich wirklich umbringen? Auch wenn ich nicht seine Tochter bin, kennt er mich doch schon seit Tag eins. Auch wenn er nicht mein leiblicher Vater ist, hatte er trotzdem immer diese Vaterrolle. Warum tat er das meiner Mutter und mir an? Natürlich musste es ihn verletzt haben, dass meine Mama ihn wohl betrogen hatte. Aber warum muss man gleich jemanden umbringen? Warum musste er mich all die Jahre so schlecht behandeln? Ich wäre doch immer an seiner Seite gewesen, wenn er wie ein Vater für mich gewesen wäre. Aber nein. Er hatte alles kaputt gemacht. Nicht meine Mutter und auch nicht ich. Er war derjenige, der so eine schreckliche Tat all die Jahre ohne schlechten Gewissen geheim gehalten hatte. Und jetzt will er wohl das gleiche mit mir machen. Er will mir einfach mein Leben nehmen. Erst vor kurzem habe ich erfahren, wie sich Glück und Freude anfühlte. Wie es sich anfühlte geliebt zu werden und er will mir nun alles wieder nehmen.
Und was will ich?
Ich will nicht getötet werden. Ich will leben.
Ich muss kämpfen. Kämpfen um mein Leben. Auch wenn die Angst mich einnahm, musste ich stark bleiben und versuchen hier raus zu kommen.

Immer noch am Boden liegend, öffnete ich wieder meine Augen. Noch immer war sein Bein auf meiner Schulter.

„Na? Hast du endlich eingesehen, dass du keine Chance hast? Dass du schwach bist?"

Er versuchte mich wieder zu provozieren, doch ich ignorierte ihn einfach.

Plötzlich begann er mit immer mehr Gewicht auf meine Schulter zu drücken. Vor Schmerz zischte ich auf.

„Ach hab dich doch nicht so.", lachte er mir widerlich entgegen. Zum Glück konnte ich sein Gesicht nicht sehen. Dieses ekelhafte Grinsen. Am liebsten würde ich ihm ins Gesicht spucken.

Auf einmal bemerkte ich das Messer etwas weiter weg von mir. Ohne lange nachzudenken, bewegte ich mich schnell mit meinem Körper, sodass sein Fuß nicht mehr auf meiner Schulter war. Schnell streckte ich mich zu den Messer, nahm es in die Hand und stoch es in das Bein meines Vaters.

„Ahhh! Du kleine Schlampe!", schrie er auch gleich auf und fiel vor Schmerz zu Boden.

Ich nutzte meine Chance, stand auf und versuchte all meine Schmerzen zu unterdrücken. Ohne mich umzudrehen, fing ich an zu rennen. Eigentlich hatte ich keine Kraft. Doch das Adrenalin in meinem Körper lies mich nicht darüber nachdenken.

Ich nahm den Türgriff in die Hand und öffnete die Tür schwungvoll. Ich rannte auf den Flur hinaus und wollte gerade die Treppen hinunterrennen, als ich plötzlich an meinen Haaren gepackt und nach hinten gezogen wurde.

Mit einem laute Aufprall, landete ich am Boden. Ich kam zuerst mit meinem Kopf auf, der gleich daraufhin begann zu pochen. Mir wurde schwindelig und schlecht.

Durch den Aufprall war ich etwas benebelt und konnte nicht so schnell aufstehen. Ich versucht es, doch es ging nicht.

„Dafür wirst du bezahlen!", brüllte er mich an. Ich konnte ihn hören, doch nicht reagieren.
Es ging einfach nicht. Ich konnte mich nur in Zeitlupe bewegen.

Plötzlich merkte ich einen Tritt in meiner Magengrube. Aus einem wurden immer mehr. Immer und immer wieder.

„Du kannst mich nicht so behandeln und dann erwarten, dass du hier heile wieder rauskommst", sagte er sauer und hörte nicht mit seinen Tritten auf. Böse fixierte er mich.

Sei stark Aría. Sei stark. Wehr dich. Lass dein Leben nicht durch so einen kaputt machen. Steh auf. Steh endlich auf!
Schrie ich mir in Gedanken selbst zu.

Ich muss kämpfen. Für meine Mutter und mich.

Noch immer bekam ich Tritte an meinem gesamten Körper von ihm ab. Wie in Trance versuchte ich mich über den Boden zu Robben bis hin zu den Treppen. Ich wollte versuchen, aufzustehen, doch es ging einfach nicht. Ich hatte keine Kraft. Selbst die Tritte durch meinen Vater spürte ich kaum noch.

Immer wieder beleidigte er mich. Manchmal waren seine Tritte hart und manchmal nicht, doch sie waren immer da. Immer und überall an meinem Körper, selbst in meinem Gesicht. Doch den Schmerz spüre ich kaum.

Immer noch versuchte ich, zu den Treppen zu kommen. Als ich dann endlich die erste Stufe erreicht hatte, wollte ich versuchen, diese irgendwie herunter zu kommen. Doch mein Vater hatte andere Pläne.

Er gab mir so einen heftigen Tritt, dass ich die gesamten Treppen herunter rollte. Jede einzelne Marmorstufe hinterließ einen starken Schmerz an meinem Körper. Ich konnte nichts dagegen tun. Währenddessen versuchte ich  meinem Kopf zu schützen, doch es brachte nichts. Zu schnell rollte ich hinunter.

Als die Treppe zu Ende war, prallte ich schon wieder mit meinem Kopf auf die kalten Marmorfliesen.

Ich versuchte meine Augen zu öffnen, doch es gelang mir nicht. Sie wollten sich nicht mehr öffnen lassen. Sie wollten einfach geschlossen bleiben. Ich wollte sie geschlossen lassen. Ich wollte meine Augen nicht mehr öffnen und nichts mehr sehen. Ich konnte nicht mehr. Ich hatte einfach keine Kraft mehr. Ich war wie gelähmt. Ich konnte mich nicht mehr bewegen und kaum noch etwas hören. Ich nahm nur noch ein Rauschen war.

War es das jetzt? War das mein Leben? Soll es wirklich so enden?

Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich nicht mehr kämpfen kann. Ich hatte keine Kraft mehr.

Tut mir leid, Mama. Ich kann nicht mehr für uns kämpfen.

———————————————————-
Heftiges Kapitel! Wie vermutet ihr, dass es weitergeht? ❤️🫣

Brennende SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt