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Ich schlenderte durch die dunkeln Straßen Spaniens. Ein kühler Wind wehte, weshalb ich Gänsehaut bekam und meine Arme verschränkte. Die frische Luft tat gut.
Auch wenn ich den Rest des Abends Hadrian ignoriert hatte, war mir unwohl, dass er in meiner Nähe war. Es tat weh, dass er so mit mir geredet hatte aber ich war ja selbst Schuld. Sauer war ich nicht auf ihn, sonder auf mich. Warum verkacke ich immer alles?

Genervt kickte ich einen kleinen Stein durch die Straße, bis ich vor meinem maroden Wohnblock ankam. Man hatte sich schon Jahre nicht mehr um dieses Gebäude gekümmert. Kein Wunder, dass in dieser Gegend auch keiner ziehen wollte. Hauptsache bei den Nobelvierteln wird das Geld reingesteckt und hier wartet man nur darauf, dass das nächste Gebäude in sich zusammenfällt. Ganz schön traurig.

Ich ging die Stufen zu unserer Wohnung hinauf. Einen Aufzug hatten wir hier natürlich nicht. Allerdings würde ich ihn, wegen meiner Phobie, sowieso nicht benutzen. Ich stellte mir vor, endlich von hier abzuhauen. In ein anderes Land, andere Leute und vor allem ganz weit weg von meinem Vater.
Die Frage, die mir aber offen blieb war, was er dann macht, wenn er kein Geld mehr von mir bekommen würde. Wird er Obdachlos werden? Denn das wollte ich eigentlich nicht,  auch wenn er mich so behandelte. Keiner hatte es verdient auf der Straße zu leben. Lieber sollte er in ein dreckiges zu Hause als gar keins. Vielleicht würde ich ihm bisschen Geld übrig lassen, damit er sich zumindest in der ersten Zeit etwas zu Essen kaufen konnte. Vielleicht würde ich mir auch die Mühe machen und ihm ein paar Jobs raussuchen. Das alles werde ich aber erst überdenken, sobald es soweit war.

Leise drehte ich meinen Schlüssel im Schloss herum. Mit einem kurzen "klick" ließ sich auch schon die dünne Haustür öffnen. Bedacht nicht meinen Vater aufzuwecken, schloss ich die Tür, streifte meine Schuhe im dunkeln von den Füßen und wollte mich schleichend zu meinem Zimmer begeben, doch plötzlich wurde das Licht eingeschaltet. Oh nein! Mein Vater ist wach.

Kurz kniff ich meine Augen zu, da die Helligkeit mir in den Augen brannte. Nachdem ich mich daran gewöhnt hatte und sie weider öffnete, stand mein Vater mir gegnüber und sah nicht gerade glücklich aus. Sofort kam wieder die Angst zum Vorschein. Meine Hände begannen zu zittern und mein Herz raste, dass ich dachte gleich in Ohnmacht zu fallen. Reiß dich zusammen Aría. Lass dir nichts anmerken. Verhalte dich einfach neutral wie immer, ermutigte ich mich in Gedanken. Leider brachte das aber nichts.

„WO bist DU gewesen?", schrie er mir auch gleich entgegen und zeigte mit dem Finger auf mich. Vor Schreck lehnte ich mich an die Tür hinter mir an.

„Ich war Arbeiten, das weißt du doch", antwortete ich kleinlaut und spielte nervös mit meinen Händen. Was ist los mit ihm? Er weiß doch, dass ich zwei Jobs habe.

„Als Hure oder warum bist du so angezogen? Bist du so tief gesunken, dass du jetzt RUMFICKST? Brauchst du die Bestätigung, weil du weißt du bist ein NICHTS?"

Vor Schock weitete ich meine Augen.
„Was redest du da? Ich arbeite doch in der Bar von Freitag - bis Sonntagabend", widersprach ich aufgebracht.

Er lachte fälschlich auf und kam ein paar Schritte näher. In seinen Augen konnte ich puren Hass mir gegenüber erkennen. Ich habe doch nichts gemacht. Er soll verschwinden und mich einfach in Ruhe lassen. Ich will doch einfach nur in meine Bett.
Zittrig atmete ich ein und aus und bekam das Gefühl, die Luft würde immer weniger werden und der Raum immer kleiner.

Noch ein paar Schritte stampfte er in meine Richtung und war nur noch wenig Zentimeter von mir entfernt. Ich presste meine ganzen Körper mit voller Kraft an die Tür, um so viel Abstand wie möglich zu ihm zu gewinnen. Sein ekelhaftes Lächeln lag ihm immernoch auf den Lippen. Ich galub ich muss kotzen.

Plötzlich packte er mich mit seiner Hand an meinem Hals und drückte zu.

„Ich glaube dir kein Wort du dreckige Schlampe. So kümmerst du dich um deinen Vater? Mit dreckigem Geld ernährst du mich? Hast du kein schlechtes Gewissen so versagt zu haben, dass du nichtmal einen normal Job haben kannst? Du kannst nichts, hörst du? NICHTS!", brüllte er mir entgegen und drückte dabei immer fester zu.

Ich konnte nicht antworten. Der Griff um meinen Hals war so fest, dass ich keine Luft mehr bekam. Mit beiden Händen um seinen Arm veruchte ich ihn von mir wegzustoßen, doch er war stärker. Gerade als ich langsam anfing nur noch Sterne zu sehen, ließ er von mir ab uns schubste mich auf den Boden.

Sofort versuchte meine Lunge hustend wieder nach Luft zu schnappen. Auf dem Boden liegend hielt ich mir vor Schmerz die Hand an die Brust. Alles schmerze. Meine Lunge brannte und die Tränen flossen, wie ein Wasserfall von meinen Wangen.

Und mein Vater? Er lachte mich aus. Er sah mich an und lachte mich aus, als wäre ich Dreck. Wie kann man nur so sein? Ein lautes Schluchzen entkam mir und sofort hielt ich mir die Hand an meinen Mund. Das will er doch. Er will mich genau so sehen.

Jetzt lachte er laut und ging in die Hocke, um mir in die Augen sehen zu können.

"Ach Aría. Was ist nur aus dir geworden? Habe ich dich so schlecht erzogen, dass du jetzt zu einem Flittchen geworden bist?", fragte er mit ernstem Ton. Er ist nicht mehr mein Vater. Das war er noch nie. Er ist ein komplett anderer Mensch geworden. Ein Moster.

Meine Angst zu ihm entwickelte sich in Hass und Wut. Ich versuchte mich etwas aufzurappeln und nahm meine ganze Kraft, die ich in dieser Situation noch aufbringen konnte, zusammen.

"Was aus MIR geworden ist? Schau doch mal DICH an. Du sitzt die ganze Zeit nur zu Hause und das Highlight von deinem Tag sind deine Drogen oder der Alkohol!", brüllte ich auch in einer Lautstärke, die ich so noch nie von mir gehört hatte. Dabei liefen mir immer wieder Tränen von den Wangen.

Während ich sprach erlosch sein Lächeln. Er presste seine Zähne fest aufeinander und seine Nasenlöcher bebten vor Wut. Kurz war ich stolz auf mich, dass ich ihm die Stirn geboten hatte doch jetzt bereute ich es wieder. Es war ein großer Fehler. Ein sehr großer.

Brennende SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt