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Ich  streckte mein Kinn etwas in die Höhe, um selbstbewusster zu wirken. Ich  musste versuche zu verbergen, wie nervös ich eigentlich war. Innerlich hatte ich einen Kampf mit mir selbst, doch nach außen ließ ich mir  nichts anmerken.

„Wie  gesagt... ich bin gegen jemanden gelaufen. Mehr war da nicht", entkam  es mir mit fester Stimme. Emotionslos blickte ich ihm entgegen und verschränkte meine Arme vor der Brust. Ich hatte große Angst, dass er  weiter nachfragen würde, denn das würde ich nicht mehr schaffen. Das  machte mich traurig, dass ich ihn schon wieder anlügen musste und er es offensichtlich wusste. Doch ich konnte ihm doch nicht die Wahrheit  erzählen. Es ging einfach nicht. Was ist wenn er mich auslacht? Oder er meinem Vater recht geben würde?

Hadrian blickte mir enttäuscht entgegen und nickte währenddessen. Man sah ihm an, dass er mit dieser Antwort nicht gerechnet hatte. Er war es nicht gewohnt etwas nicht zu bekommen. Ich konnte aber nichts sagen. Egal wie sehr ich es gewollte hatte, ich konnte einfach nicht.

„Ich kann dir helfen, Aría. Sag mir nur.." Er umfasste mit seiner Hand meine  Wange und strich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr. „wer dir das angetan hat. Ich werde dafür sorgen, dass diese Person es nie wieder tut." Er versuchte mich zu überzeugen ihm die Wahrheit zu sagen, doch ich blieb standhaft. Er redete so saft auf mich ein, dass ich ihm am liebsten alles gesagt hätte. Seine Berührung löste eine angenehme Wärme in mir aus, dass ich dachte die ganze Zeit gefroren zu haben.

Ich  hatte so ein schlechtes Gewissen, dass ich ihm nicht mehr in seine fesselnden Augen blicken konnte. Stumm kamen vereinzelte Tränen aus meinen Augen. Ich konnte einfach nicht darüber reden. Ich würde meinen Vater verraten. Egal wie scheiße er mich behandelte, er war trotzdem krank. Sein Alkoholproblem machte ihn zu einen anderen Menschen. Er war sonst eigentlich nicht so. Zumindest früher nicht.

Ich  schüttelte meinen Kopf. Daraufhin löste er seine warme Hand von meiner Wange. Traurig blickte ich auf den Kiesboden und betrachtete unsere Schuhe.

"Ich habe dir gesagt, was passiert ist, Hadrian. Mehr kann ich nicht machen", gab ich weinerlich von mir. Ich muss mich zusammenreisen. Jedes mal fange ich an zu heulen. Wie erbärmlich bin ich bitte?

"Warum  willst du nicht, dass man dir hilft? Alles willst du alleine machen. Du kannst mit mir reden, Aría! Ich kann dir helfen", bot er an.

Ich kann nicht weiter diskutieren. Es nervt mich. Nieman kann mir helfen. Ich schaffe das alleine.

Mein Kopf fing leicht an zu pochen, da meine Gedanken und mein schlechtes Gewissen mich zerfraßen. 

"Was soll ich mit dir reden, Huh? Du kannst mir nicht helfen, weil es nichts zu helfen gibt! Versteh das doch endlich. Ich bin einfach ungeschickt in jemanden hineingelaufen. Also mach jetzt bitte nicht so ene groß Sache daraus", forderte ich ihn auf und schmiss vor Verzweiflung meine  Arme in die Luft. Ich wurde auch etwas lauter, da ich einfach keinen anderen Ausweg mehr fand.

Hadrian presste seine Lippen vor Wut aufeinander und nickte wieder leicht.

"OK", gab er als einziges von sich.

"OK?", wiederholte ich seine Antwort und blickte ihm fraglich entgegen. Hat er es jetzt endlich eingesehen? Ich hoffe es.

"Ja, OK!", wurde er nun wieder lauter. "Wenn du dir nicht helfen lassen willst und lieber eine auf dumm machst ist es ok. Ich kann nicht mehr, als dir meine Hilfe anzubieten. Aber bitte komm nicht auf mich zu, wenn dir einfällt, dass du plötzlich doch Hilfe brauchst. Du Lügst mir dreist ins Gesicht und das hasse ich. Wahrscheinlich glaubst du selbst noch, was du von dir gibst. Wir beide wissen aber, dass jemand anderes dir weh getan hat. Du bist allerdings einfach nur zu feige dir helfen zu  lassen, Aría. Ich bin nicht die Person, die daraus eine große Sache macht, sonder du. Ganz alleine DU." Er deutete mit seinem Finger auf mich.

Noch mehr Tränen flossen meine Wange hinunter. Er hat Recht aber ich kann nicht...

Er ging an mir vorbei und lief in die Richtung, in der sein Auto parkte.

"Komm, ich fahre dich nach Hause ich habe kein Bock mehr. Oder willst du lieber zu Fuß gehen und dich nicht von mir fahren lassen?"; fragte er provokant und ging weiter.

Mein Herz schmerzte bei seinen ganzen Worten. Ich habe wieder alles kaputt  gemacht. Er wollte nur nett sein und was tat ich? Ich musste ihn von mir stoßen, obwohl ich es eigentlich nicht wollte. Bei ihm fühlte ich mich irgendwie wohl, auch wenn ich nicht viel über ihn wusste. Ich kann einfach keinen an mich ran lassen. Meine Zukunft würde es eventuell gefährden und das wollte ich nicht.

Es fühlte sich an, als ob ich von ihm verlassen wurde, auch wenn wir nicht  zuammen waren. Ich weiß selbst nicht warum es so war. Noch nie hatte ich mich so verlassen gefühlt wie in diesen Moment.

Immer mehr Tränen fielen zu Boden. Mich würde es nicht wundern, wenn sich  mittlerweile schon eine kleine Pfütze gebildet hätte, da ich nicht aufhören konnte.

Mit  schmerzendem Herzen drehte ich mich um und folgte Hadrian, der schon einige Meter vorraus war. An seinem Auto angekommen, stiegen wir beide ein und fuhren wortlos zu mir nach Hause. Während der gesamten Fahrt  redete er kein einziges Wort mit mir. Selbst als er mich bei mir daheim abließ, anwortete er nicht auf meinem "Tschau." Er fuhr einfach, mit aufquitschenden Reifen, davon. Selbst einige Sekunden später, in der ich einfach auf der Straße stehen blieb, hörte ich noch wie er rasend durch die Straßen fuhr.

Ich  setzte mich an die Stufe vor der Haustür und blickte starr in die dunkle Nacht hinein. Es war mir egal, dass die Stufe so dreckig war oder vereinzelte Leute, die an mir vorbei gingen, mich verdutzt ansahen.  Alles war mir in diesem Moment egal, denn jetzt erst realisierte ich nocheinmal, wie ich zu Hadrian war.

Er wollte mir nur helfen und ich habe mich wie eine undankbare aufgeführt.

Bei dem Wort "undankbar" musste ich an meinen Vater denken, der mich durch dieses Verhalten bestimmt wieder geschlagen hätte. Vielleicht habe ich es ja verdient geschlagen zu werden. Vielleicht ist meine Mutter  wirklich wegen mir gegangen, weil ich ein schlechtes Kind war. Aber war oder bin ich wirklich so schlimm? Ich kann es nicht sagen aber ich weiß, dass ich schon viele Leute mit meiner Art von mir vergrault habe. Und jetzt auch noch Hadrian, den ich irgenwie mochte.

Brennende SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt