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Ich kochte. Den ganzen Weg zu meinem alten zu Hause kochte ich vor Wut. Ich blendete alles um mich herum aus und ging schnellen Schrittes. Der Weg zur Wohnung war eigentlich ein großes Stück von Hadrian entfernt, doch das merkte ich gar nicht. Ich ging einfach immer weiter.

Nun stand ich vor meinem alten, schäbigen Wohnblock. Es hatte sich nicht viel verändert. Noch immer war die Farbe an den Wänden am bröckeln, die Straßen verdreckt und der Gestank, wie in einer Müllhalde. Ich hatte es nicht vermisst. Kein Stückchen.
Kurz blickte ich hoch, zu dem Fenster hinter dem mein Zimmer war. Gleich danach gab ich keine weitere Beachtung darauf. Ich drückte gegen die Tür unten, welche wie immer nicht abgeschlossen war. Hier konnten Tag und Nacht wildfremden Leute herein, doch das störte hier niemanden.

Immer noch sauer stieg ich die Treppen zum 3. Stock hinauf. Oben angekommen, hob ich die Fußmatte an und nahm mir den Schlüssel, der darunter war. Ohne lange darüber nachzudenken schob ich ihn ins Schloss und öffnete die Tür. Laut knallte ich diese hinter mir zu.

Kurz weiteten sich meine Augen.
Der Zustand der Wohnung war schrecklich. Überall waren leere Bierdosen am Boden. Teilweise klebte sogar das Bier am Boden. Schmutzige Wäsche, Essensreste, geöffnete Briefe und noch viel mehr Müll wurde achtlos im gesamten Flur verteilt.
Mit voller Kraft kickte ich eine leere Bierdosen, die vor meinen Füßen lag, in eine andere Ecke. Dabei entstand ein lautes Krachen.

Plötzlich hörte ich ein brummen aus dem Wohnzimmer. Das konnte nur mein Vater sein.
Eilig ging ich darauf los und blieb stehen, als ich ihn auf der Couch in Ruhe schlafen sah. Als ich sein Gesicht sah, wurde mir schlecht und die Wut fing wieder an in mir zu brodeln.
Dieser Mann hatte es nicht verdient in Ruhe zu schlafen. Er hat es nicht mal verdient zu schlafen. Er sollte nicht hier liegen. Er sollte sich quälen. Quälen mit der Schuld, die ihn innerlich zerfraß. Er soll genau so leiden, wie ich all die Jahre mit ihm gelitten habe. Schlaf und Erholung hatte er nicht verdient.

Hastig nahm ich eine Bierdose vom Boden und schmetterte diese mit voller Wucht an die Wand. Laut prallte sie daran ab und landete ebenfalls laut auf dem Boden.
Keine Reaktion von seiner Seite aus. Er drehte sich lediglich nur in seiner Schlafposition um.
Wie viel hatte er wohl wieder getrunken, dass er das nicht mitbekam?

„Hei!", redete ich laut doch bekam wieder keine Reaktion.

Ich drohte innerlich zu platzen.
Ich ging auf ihn zu, klatsche ihn paar mal fest auf die Wange und schrie ihn nun laut an.

„Hei! Aufwachen! Hörst du!"

Sofort wachte er auf und stand vor Schreck auf. Als er drohte umzukippen, setzte er sich gleich daraufhin wieder auf die Couch.

„Na? Gut geschlafen? Auch mal wach?", schrie ich immer noch so laut. Meine Stimme war mit purem Hass gefüllt.

Geschockt drehte er sich in meine Richtung. Sofort war er wieder hell wach. Seine Augen fixierten mich böse.

Ich wollte keine Antwort auf die Fragen. Das wusste er auch. Also sprach ich einfach weiter.

„Wie konntest du nur? Fühlst du dich denn kein bisschen schlecht, huh?"

Sein böser Blick wurde kurz zu einem fragenden, doch das legte sich schnell wieder und seine grimmige Miene war wieder zu sehen.

„Wie konntest du nur?", wiederholte ich und blickte ebenso giftig zu ihm zurück. Mein Herz raste wie wild in meiner Brust.
„Wie konntest du meine Mutter töten und einfach weitermachen, als wäre nichts passiert? Wie konntest du mir all die Jahre vormachen, sie sei wegen mir abgehauen. All die Jahre hast du mich belogen. Hast du kein schlechtes Gewissen? Du bist ein Mörder. Ein verdammter Mörder!!!"
Mein Hals schmerzte, so laut hatte ich ihn angeschrien. All meine Wut wollte ich ausschreien. Ihn anschreien.

Doch mein letzter Satz, lies mich wieder etwas klarer denken.
All die Jahre habe ich mit einem Mörder zusammen gelebt. Einem Mörder, der nun vor mir stand. Wir beide alleine in dieser Wohnung und dieser Gegend, in der es niemanden interessierte, was mit einem geschah.

Plötzlich begann mein Herz noch schneller gegen mein Brustkorb zu schlagen. Aber nicht aus Wut, sondern aus Angst. Angst vor ihm. Ich begann zu realisieren, in was für eine gefährliche Lage ich mich gebracht hatte.
Wie konnte ich nur so blind vor Wut sein? Meine Gedanken wurden nur von meiner Wut kontrolliert. Aber wo war mein Verstand?

Nun stand ich hier. Ein paar Meter entfernt von ihm. Einem Mörder. Der Mörder meiner Mutter.

Ich sollte verschwinden und das ganz schnell.
Kurz blickte ich zu Tür und wollte schnell darauf los gehen. Doch mein "Vater" wusste was ich wollte und versperrte mit schnellen Schrittes den Weg. Er stellte sich vor die Wohnzimmertür. Scheiße! Jetzt konnte ich nicht mehr entkommen. Ein paar Schritte ging ich wieder zurück, um mehr Abstand zwischen uns zu schaffen.

Meine Hände begannen zu zittern und die Atmung wurde immer schwerer.

Laut lachte er auf. Diese Lache. Sie war so spöttisch und ging mir unter die Haut.

„Denkst du ernsthaft du kannst hier auftauchen, mich anschreien, als einen Mörder betitelt und dann einfach wieder gehen? Ach komm Aría. Du weist doch, dass es so nicht läuft." 
Immer noch lag dieses gehässige Lächeln in seinem Gesicht. Am liebsten würde ich mich jetzt übergeben, so ekelhaft war es.

Nun verschwand sein Lachen plötzlich und wurde wieder ernst. Fest fixierte er mich und ließ mich starr stehen. Ich konnte mich nicht bewegen, so eine Angst löste sein Blick in mir aus.

Nach und nach schritt er auf mich zu. Ganz langsam und bedrohlich. Als er kurz davor war, vor mir zum stehen zu kommen, konnte ich mich doch noch aus meiner Angst Starre befreien und lief zur Küche ein paar Meter weiter. Innerhalb von wenigen Sekunden öffnete ich eine Schublade und zog ein Messer heraus. Hastig drehte ich mich wieder um und versuchte somit den Abstand zwischen uns zu behalten. Er würde bestimmt nicht herkommen, wenn ich ein Messer in der Hand halten würde. Ich könnte ihm weh tun.

Sein Blick lag auf mir und dem Messer. Schon wieder bildete sich dieses Lächeln in seinem Gesicht. Es machte mich wahnsinnig.

„Das soll mich abhalten? Ach komm."
Er schüttelte seinen Kopf und ging ein paar kleine Schritte in meine Richtung.

„Bleib stehen!"

Weiter ging er zu mir.

„Ich habe gesagt bleib stehen! Sonst..."

„Sonst was, hmm? Wirst du mich töten? Genau so, wie ich deine dreckige schlampen Mutter umgebracht habe?"

Vor Schock riss ich meine Augen auf. Wie konnte er so über sie reden? So böse sein?

Trotz meiner zittrigen Hand umklammerte ich das Messer fester und fuchtelte wild damit rum. Ich wusste selbst nicht, was ich damit anstellen würde aber ich musste mich doch irgendwie vor ihm verteidigen. Ich hatte Angst. So eine Angst, dass ich fast kein Luft bekam. Es fühlte sich an, als ob mir jemand die Kehle zuschnürte. Ich muss stark sein. Darf keine Schwäche zeigen. Er soll nicht sehen, das ich Angst habe. Er soll Angst haben und nicht ich. Ich bin doch diejenige, die das Messer in der Hand hält und nicht er.

Kurz schloss ich meine Augen. Sei stark. Für dich und deine Mutter. Das redete ich mir ein. Die ganze Zeit sprach ich diesen Satz in meinen Gedanken zu mir.

Als er noch einen Schritt auf mich zugehen wollte, war nun ich diejenige die einen Schritt auf ihn zu kam. Weit streckte ich das Messer aus und drohte ihm damit. Fest hielt ich es in meiner Hand und die scharfe Seite in Richtung seines Gesichts.

„Ich habe gesagt bleib stehen!", schrie ich ihn nun an und wollte mich stark anhören. Ich wollte stark sein.

Doch wieder lachte er mich nur aus und nahm mich kein Stückchen ernst.

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Ok... wieder gemein von mir, dass ich genau jetzt das Kapitel beende. Sorry❤️😅

Eine Frage habe ich aber an euch⁉️⁉️⁉️
Ich plane weitere Geschichten zu schreiben. Allerdings möchte ich gerne von euch hören, was ihr gerne lesen wollt. Habt ihr ein paar Ideen? Würde mich echt freuen.
Danke❤️❤️❤️

Brennende SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt