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Tief zog ich den Geruch von salzigem Meerwasser in mir auf. Wie ich diesen Geruch vermisst habe. Das Rauschen der Wellen drang in meine Ohren und zauberte ein Lächeln auf meine Lippen. Ich liebe es hier.
Es war Ewigkeiten her, dass ich das letzte Mal an der Küste war. Sie war etwas außerhalb meiner Stadt, weswegen ich schlecht dorthin kam. Hadrian und ich waren mit dem Auto hier her gefahren. Nun spazierten wir schon eine Weile hier entlang, redeten aber kein Wort miteinaner. Allerdings störte es mich nicht, da ich die Atmosphäre hier genoss. Es fühlte sich surreal an, dass ich mit ihm hier war. Normalerweise war ich immer alleine, wenn ich spazieren ging.

Hadrian lief etwas weiter vor mir und blieb am Geländer des Küstenabhanges stehen. Er blickte dem Meer entgegen und wurde von dem hellen Mond am Himmel beleuchtet. Ich hatte das Gefühl, dass er nicht ganz bei sich war. Oft erwischte ich ihn, wie er seine Stirn in Falten legte und eine Stelle in der Ferne fixierte. Ich lief auf ihn zu und stellte mich genau in die selbe Position, wie er war.

„Über was wolltest du mit mir reden?", ergriff ich das erste Wort, platzierte meine Ellebogen an das kalte Eisengeländer und blickte auf das tiefe Meer hinaus. Die Wellen glitzerten im Mondschein. Ein leichter Wind wehte, doch dieser machte uns nichts aus.

Es dauerte einen Moment bis er mir antwortete.

„Diesmal bin ich gekommen um mich bei dir zu entschuldigen. Ich wollte nicht, dass du die Situation von vorhin falsch verstehst. Es gab ein Problem, welches ich lösen musste. Es tut mir leid, dass ich dir irgendwie Angst eingejagt habe, denn die solltest du nicht von mir haben." Er drehte seinen Oberkörper in meine Richtung und blickte mir direkt in die Augen.

Tiefschwarz traf auf Smaragdgrün.

„Ich habe keine Angst vor dir. Ich hatte mich nur gefragt, was vorgefallen war, dass du plötzlich so anders warst", antwortete ich ihm ehrlich.

„Ich glaube das möchtest du nicht wissen, Bella. Meine Welt ist anders als deine. Gefährlicher. Es ist besser, wenn du nichts davon weist", gestand Hadrian und blickte mir fest in die Augen. Bei dem Kosenamen, den er mir gab hätte ich beinahe gelächelt, doch ich riss mich gerade noch zusammen.

Plötzlich veränderte sich aber seine Miene. Verwundert blickte er auf meine Wange. Shit! Ich habe vergessen den blauen Fleck mit Make-Up zu verdecken.

Er kam auf mich zu, nahm mein Kinn in seine Hand und drückte meinen Kopf leicht zur Seite. Nun hatte er die perfekte Sicht auf den lilanen Fleck.

Ertappt schloss ich meine Augen und presste meine Lippen fest aufeinander. Was mache ich denn jetzt?

„Aría, was ist DAS?", knurrte er mir wütend entgegen. Sein Kiefer war so angespannt, dass ich dachte es würde jeden Moment brechen. Er bebte innerlich.

Er lies von meinem Kinn ab und wartete auf eine Antwort von mir. Wütend beäugte er weiterhin meine Wange. Was soll ich denn jetzt sagen? Bestimmt nicht, dass es mein Vater war. Scheise. Scheise. Ich muss lügen, was anderes ging nicht.

„Was soll da sein?", fragte ich ihn und versuchte dabei mir nicht anmerken zu lassen, wie ich mir vor Angst fast in die Hose machte. Es war keine Angst bezüglich ihm, denn die hatte ich nicht, sondern wegen der beschissenen Situation in der ich mich befand.

„Willst du mich jetzt komplett verarschen? Denkst du ich bin blöd, dass ich nicht sehe, dass das" Er zeigte mit dem Finger auf meine Backe. „ein blauer Fleck ist?" Er schrie so laut, dass ich zusammenzuckte. Zum Glück war hier niemand, der uns hören konnte.

Hadrian drehte sich um, fuhr sich durch seine Haare, welche mittlerweile nicht mehr perfekt nach hinten gegeelt waren und entfernte sich ein paar Schritte von mir. Sein Tshirt war so angespannt durch seine Wut, dass ich dachte es würde jeden Moment platzen.

Mit festen Schritten kam er auf dem steinigen Untergrund wieder auf mich zu und blieb einen halben Meter vor mir stehen.
Fest blickte er in meine Augen, um irgendwas in ihnen lesen zu können, doch ich strengte mich an keine Emotionen zu zeigen.
Ich schluckte schwer. Sein Blick war so intensiv, dass es fast unmöglich war diesen standzuhalten.

„WER ... WAR... DAS?", fragte Hadrian nun angespannt, dabei lies er zwischen jedem Wort eine kleine Pause. Er musste sich sichtlich bemühen, um nicht noch mehr auszurasten.

Aber warum ist er denn jetzt so sauer? Kann ihm doch egal sein, was das ist. Ich bin ihm keine Erklärung schuldig. Ich schloss meine Augen für einen kurzen Moment und atmete einmal tief durch, da ich das Gefühl hatte keine Luft mehr zu bekommen. Es fiel mir schwer, so standhaft gegenüber ihm zu sein. Ich beschloss ihn wieder anzulügen, dass wäre mein einziger Ausweg aus diesem unangenehmen Gespräch.

„Ich bin mit jemanden zusammengelaufen, okay? Bist du jetzt zufrieden?", gab ich nun auch etwas lauter von mir. Was besseres war mir auf die Schnelle leider nicht eingefallen. Es war die größte Billoausrede, die ich selbst jemals gehört hatte.

Hadrian lachte bei meiner Antwort fälschlich auf und schmiss seine Arme in die Luft.
Als wäre ich seine Bäute, schlich er nun langsam auf mich zu und fixiere meine Augen ernst.
Er war mir so nahe, dass ich meinen Kopf in den Nacken legen musste. Würde ich mich jetzt ein paar kleine Zentimeter bewegen, würden sich unsere Nasenspitzen berühren.

Mein Herz fing noch härter an gegen meine Brust zu hämmern. Nervös spielte ich mit meinen Fingern und kaute auf meiner Lippe herum. Ich war wie eine Gefangene in seinem Bann.

Er studierte mein Gesicht und blieb mit seinen Augen etwas länger an meinen Lippen hängen. Was geht nur in ihm vor? Was denkt er gerade? Nachdem er mich eine Zeit lang beäugte und ich wie ein Felsen mich nicht bewegte, begann er etwas sanfter doch trotzdem ernst zu sprechen.

„Du denkst echt, dass ich auf diese Lüge reinfalle? Ich glaube du hast vergessen mit wem du hier gerade sprichst, Principessa. Ich habe schon oft in meinen Leben anderen Menschen so einer Art Verletzung, wie du da hast, verpasst. Also Verkauf mich bitte nicht für dumm und sag mir die Wahrheit, verdammt", fluchte er.

Während er mit mir sprach studierte ich sein Gesicht. Seine dunklen Augenbrauen waren angespannt zusammengezogen und seine Augen schienen noch dunkler durch seine Wut.

Ich kann ihm einfach nicht die Wahrheit sagen. Es geht nicht. Ich muss das alles alleine schaffen. Ich werde weiterhin bei meiner Aussage bleiben.

Brennende SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt