Punkt 8:00 Uhr klingelte mein Wecker. Verschlafen streckte ich mich in meinem Bett und wollte am liebsten noch einmal meine Augen schließen und mich unter die warme und gemütliche Decke verstecken aber das ging leider nicht. Ich hatte heute einiges vor.
Leise verließ ich mein Zimmer und begab mich Richtung Bad. Nachdem ich meine Klamotten auszog nahm ich mir die Zeit für eine warme lange Dusche. Wenn ich schon nicht in meinem warmen Bett bleiben konnte, dann wenigstens eine warme Dusche. Solange mein Vater schlief konnte ich die Zeit genießen.
Das Glück hatte ich gestern auch, nachdem mich Miguel nach Hause begleitete, war mein Vater schon am schlafen, was normalerweise nicht vorkam. Eigentlich schon traurig, dass ich hoffen musste, dass er schlief oder nicht zu Hause war.Als er anfing mich wie Dreck zu behandeln, hatte ich gedacht, dass es nur eine Phase der Trauer sei und er bald wieder normal werden würde aber vergebens. Die Zeit verging und es wurde nicht besser mit ihm. Genau das Gegenteil traf auf ihn ein. Er wurde immer gemeiner.
Die Hoffnung auf ein gutes Verhältnis verschwand von Jahr zu Jahr immer mehr. Nun versuchte ich nichts mehr, was er zu mir sagte an mich ran zu lassen. Ich schaute einfach, dass ich alles besorgte und die Wohnung einigermaßen sauber war, damit wir nicht in einem Streit gerieten, denn dieser würde eskalieren. Trotzdem wollte irgendetwas in mir nicht akzeptieren, dass er so ein schlechter Mensch geworden war. Auch wenn die Hoffnung nicht mehr groß war, war sie dennoch vorhanden.
In der Dusche vergaß ich die Zeit komplett, weshalb ich diese mit schrumpeliger Haut verließ. Ich machte mich fertig und versuchte anschließend so leise es möglich war, die Wohnung zu putzen. Es war echt selten, dass mein Vater so lange schlief. Mittlerweile hatten wir schon 11:00 Uhr. Das war ein Rekord seit langem. Bestimmt hatte er gestern so viel gesoffen, dass sein Körper ihn in eine Art Koma gesteckt hatte. Von mir aus könnte er den ganzen Tag schlafen.
Doch das würde natürlich nicht passieren. Nach einer Weile ertönte die quietschende Tür vom Schlafzimmer meines Vaters. Ich hielt in meiner Bewegung inne. Mierda, er ist wach!
Schnell verstaute ich alle Putzgegenstände in der Kammer neben der Küche. Bevor mein Erzeuger hinein kam, machte ich noch schnell einen Scan durch den ganzen Raum, um zu sehen, ob auch wirklich alles aufgeräumt war.Ohne einen Blick in meine Richtung oder einem „Guten Morgen", schlenderte er zum Kühlschrank und nahm sich eine Bierflasche zur Hand. Mit angewiderten Blick beobachtete ich ihn dabei. Ich verstand das nicht. Wie kann man gleich in der Früh zum Bier greifen? Das ist einfach nur widerlich! Durch den Alkohol und vor allem die Drogen wirkte seine Haut zehn Jahre älter. Sein Erscheinungsbild war einfach nur ungepflegt. Das Haus verließ er nur noch, wenn er sich Drogen kaufte oder in die Bar zum saufen ging. Und wer musste das alles zahlen? Natürlich ich.
Er ging zur schwarzen Leder-Couch, die mittlerweile schon so von ihm durchgesessen wurde und schaltete den Fernseher ein. Sein Bier blieb allerdings stets in seiner Hand. Hätte ja sein können, dass meine Wenigkeit ihm das klauen wollte. Ha ha.
„Mein Gras und Koks wird langsam knapp. Neben dem Kühlschrank, in der Schublade habe ich unter den Messern eine Liste mit Nummern. Klingel dich bei allen Nummern durch und besorg mir, was ich brauche. Geld hast du ja", wie's mein Vater mich plötzlich an, während er durch das TV Programm zippte.
Mir klappte die Kinnlade hinunter. Spinnt der? Das kann er doch nicht von mir verlangen. Ich hatte mich damit abgefunden, dass er das alles konsumierte aber dass ich ihm DAS alles besorgen sollte, konnte er vergessen.
Ich schüttelte den Kopf.
„Ich werde dir deine Drogen nicht besorgen. Ich gebe dir Geld, dann kannst du es selber holen!"
Ich wollte gerade zum gehen ansetzen, da wurde ich aber durch seine Worte aufgehalten.„Wie bitte?"
Mit wütender Miene drehte er seinen Kopf in meine Richtung. Seine Augen blitzten mir entgegen.
Schnell stand er auf. Mit geballten Fäusten kam auf mich zu. Ich konnte gar nicht reagieren, so schnell, wie er vor mir stand. Panik machte sich in mir breit und ließ mein Herz für einen Moment still stehen.Nur ein paar Zentimetern vor mir blieb er stehen. Er war etwa einen halben Kopf größer als ich, weswegen ich meinen Blick zu ihm leicht nach oben hob.
„Jetzt pass mal auf du kleine Göre. Wenn ich dir sage, dass du mir Drogen besorgen sollst, dann machst du es auch. Haben wir uns verstanden?", wurde er am Ende hin immer lauter.
Mit Tränen in den Augen wich ich paar Schritte nach hinten. Ich hatte riesige Angst vor ihm. Seine Stimme war so laut, dass mein ganzer Körper sich verkrampfte und ich zu zittern begann.
Plötzlich packte er mich an den Haaren und zog an ihnen. Meine Kopfhaut fing sofort an zu brennen und ich meine gehört zu haben, wie mir ein paar Haare hinausgerissen wurden. Vor Schmerz presste ich meine Augen krampfhaft zusammen und zischte vor auf. Tränen fingen an meine Wangen hinab zu kullern. Ich wollte mich entziehen, doch er zog somit nur noch fester an meinen Haaren, weswegen ich wieder etwas näher zu ihm ging.
„Schau mich an, wenn ich mit dir rede!", brüllte er mich an.
Ängstlich hob ich meinen Kopf und schaute ihm entgegen.
„Du bringst mir jetzt für jeweils 200 € meinen Stoff und dann verpisst du dich aus meinen Augen!"
Schnell nickte ich ihm zu. Ich konnte den Schmerz nicht mehr ertragen und wollte, dass er sofort los ließ. Nach einer Weile, die sich anfühlten wie Stunden, lies er dann endlich von meinen Haaren ab und setzte sich wieder auf das Sofa, als wäre nichts gewesen.
Arschloch!
Mein Kopf dröhnte. Ich hätte auf der Stelle zusammenbrechen können und die ganze Zeit geweint aber das ging nicht. Ich musste versuchen stark zu bleiben, bevor er mir noch mehr weh tat. Schnell suchte ich die Liste mit den Nummern der Dealer und eilte, mit gesenktem Kopf, zu meinem Zimmer. Ich wollte keinen Blickkontakt zu ihm. Hatte Angst, dass sich das Ganze wiederholte.
In meinem Zimmer schloss ich sofort die Tür und kontrollierte, dass diese auch wirklich zu war. Bevor ich aber eine dieser Nummern wählen konnte, musste ich mich erst einmal beruhigen. Ich war geschockt.
Mein Vater hatte mir noch nie physisch weh getan. Seine Sucht machte ihn zu einem Monster. Ich konnte die vergangen Minuten nicht realisieren. Es wollte einfach nicht bei mir ankommen. Ich wünschte ich könnte die Zeit zurückdrehen und das Geschehene ungeschehen machen. Leider unmöglich.
Ich konnte nicht anders und brach schlussendlich dann doch zusammen. Stark sein ging in diesem Moment einfach nicht. Ich kauerte mich auf meinem Bett zusammen, drückte mein Kissen ins Gesicht und heulte mir die Seele aus dem Leib. Wie sehr ich mir in diesem Moment wieder wünschte jemanden zu haben, dem ich davon erzählen könnte. Doch ich war alleine und konnte es keinem erzählen. Es war lange her, dass mein Herz so sehr brannte, wie in diesem Moment.
Nach 10 Minuten beruhigte ich mich etwas. Die Zeit verflog viel zu schnell. Ich musste mich beeilen seine Drogen zu besorgen, da er sonst wieder ausrastete. Sofort fing ich an bei den verschiedensten Nummern anzurufen.
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Brennende Seelen
Romance**ABGESCHLOSSEN** Aría ist 20 Jahre alt und lebt mit ihrem Vater in einer kleinen Wohnung. Auf dem Weg in ein besseres Leben trifft sie immer wieder auf den mysteriösen Hadrian. Was sie nicht weiß: Er ist auf einer Mission. Beide kämpfen für ihren...