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Hadrian's POV

Nach ein paar Minuten und mehreren rot überfahrenen Ampel, parkte ich das Auto vor dem weisen großen Wohnblock von Mitat. Wie er am Telefon gesagt hatte, wartete er bereits unten vor der Tür. Sobald er mich sah, kam er sofort auf uns zugelaufen und half mir, meinen Kumpel aus dem Auto hoch zu seiner Wohnung zu tragen. Logan war mittlerweile kaum ansprechbar. Aus diesem Grund war ich dankbar Unterstützung zu haben, da ich ihn alleine nicht hätte tragen können.

Oben in der Wohnung angekommen legten  wir Logan auf das breite Leder-Sofa und Mitat fing auch sofort an sich um ihm zu kümmern.
Nervös lief ich in der Wohnung auf und ab und erzeugte mit meinen Schuhen ein abwechselndes Geräusch auf dem Parkettboden. Ich war so sauer und besorgt zugleich. Wie konnte das nur passieren? Wenn ich herausfinde wer das war, werde ich ihn umbringen!

„Hadrian"
Mit beruhigende Stimme sprach Mitat mir zu und kümmert sich währenddessen um Logan.

Ich blickte zu ihm.

„Setz dich! Du machst uns beide nervös."
Damit meinte er ihn und mich.

Logan hatte eine Narkose bekommen und war schon gar nicht mehr ansprechbar. Auch wenn das ganze "Verarzten" auf einem Sofa stattfand, vertraute ich den jungen Arzt. Mit seiner rechteckigen schwarzen Brille, sah man ihm seine 29 Jahre kaum an. Er wusste was er tat. Aus diesem Grund nahm er mir hinsichtlich dessen etwas die Angst. Ich war froh ihn damals kennen gelernt zu haben. In einem Krankenhaus hätte ich mit einer Schussverletzung nicht auftauchen können, ohne auf die Polizei zu stoßen. Außerdem hasste ich Krankenhäuser, denn mit ihnen Verband ich nur schlechte Erinnerungen.

Ich setzte mich auf einen schwarzen Holz-Stuhl gegenüber dem Sofa, stützte meine Ellenbogen an meinen Knien ab und beobachtete, wie Mitat versuchte die Kugel mit einer Art Pinzette aus dem Bein zu holen. Dabei verzog ich mein Gesicht angewidert. Ich konnte zwar Blut sehen aber ekelhaft war es trotzdem.

„Bist du jetzt doch in den Kreisen gelandet oder warum habe ich vor mir jemanden mit einer Schussverletzung liegen?", fing der junge Arzt an zu sprechen.

Seine Neugierde war kaum zu überhören. Die Frage war nicht böse gemeint, das wusste ich. Er machte sich lediglich nur Sorgen um uns.

„Du weißt doch, was mein Grund für diese Sache ist. Ich muss es erledigen. Erst dann kann ich wieder versuchen ein normales Leben zu führen. Ich bin auf einem guten Weg. Doch das alles dauert noch seine Zeit."

Ich war damals echt gut mit ihm befreundet. Er und Logan waren die einzigen, die wussten warum ich mein Heimatland Italien verließ und hierher zog. Mitat und mein Weg hatten sich allerdings vor ein paar Monaten getrennt, da er für sein Medizinstudium buckelte und ich in eine anderen Wohnung gezogen war.

„Ich danke dir auf jeden Fall. Du hast was gut bei mir."

Ich beobachtete den narkotisierten Logan. Immer noch kreidebleich lag er auf dem Sofa. Er war nicht nur mein bester Freund sondern auch einer meiner besten Männer. Von ihm konnte man viel lernen.

Ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass er hier lag und nicht ich. Wenn es jemand anderes aus meinem Team gewesen wäre, hätte es mich tatsächlich nicht so sehr getroffen wie bei ihm. Es mag herzlos klingen aber es war die Wahrheit.

„Wie geht es ihm?"

„Schon besser... ich Nähe gerade noch die Wunde zu."

Mit einer Leichtigkeit fuhr er mit der Nadel durch die Haut und verschloss die offene Verletzung.

„Er braucht jetzt allerdings viel Ruhe und darf sein Bein nicht belasten. Ich gebe dir später ein paar Medikamente mit, denn die Schmerzen werden heftig sein. Wir sind leider nicht im Krankenhaus, weswegen ich nicht alle wichtigen Utensilien zur Hand habe."

Nachdem mein Kumpel fertig verarztet wurde, stand Mitat auf, zog sich seine, mit Blut vereschmierten Handschuhe aus und schmiss sie in den Müll neben dem Sofa. Darauf folgend schmiss er noch die anderen Werkzeuge in den Plastikbeutel hinein.

„Bitte passt auf euch auf. Ihr seid da in einer gefährlichen Sache drinnen.", sagte der Junge Arzt plötzlich ernst und schaute mich an.

„Ich habe keine Lust zu einer Beerdigung von einem von euch zu kommen."

Danach verschwand er im Bad um sich zu waschen. Ohne ihm zu antworten, sah ich ihm hinterher. Er hatte recht. Es war eine gefährliche Sache, doch ich musste es durchziehen. Ich musste anfangen, härter zu kämpfen, denn die anderen Clans um mich herum hatten definitiv mehr Erfahrung als ich. Ich wollte, dass mein Name in jedermanns Munde war. Sie sollten Angst haben, sobald sie meinen Namen hören. Aber ich war noch viel zu nett.
Das dürfte so nicht weitergehen. Von nun an werde ich kälter und brutaler. Sonst werde ich es nie schaffen.

Langsam merkte ich meine Erschöpfung. Meine Gedanken zerfraßen mich innerlich. Schon seit ein paar Tagen konnte ich nicht mehr richtig schlafen. Ich ging jeden Tag zu meinen Boxclub und trainierte was das Zeug hält. Zudem hatte ich noch mehrere Geschäfte am laufen, die ich managte. Trotzdem war es nicht genug. Ich musste mehr geben und mir noch mehr Leute dazu holen. Ich hatte gute Kontakte mit anderen Clans. Vielleicht werde ich mal mit den Bossen reden und fragen, ob wir uns zusammen schließen. Gemeinsam wären wir alle stärker und mächtiger. Das ganze wollte ich eh nicht für immer machen. Lediglich meinen Frieden möchte ich bekommen und dann werde ich von hier weg gehen. Jemand anderes könnte dann meinen Platz einnehmen, das würde mich dann nicht mehr interessieren.

Kurze Zeit später kam Mitat wieder geduscht aus dem Badezimmer und unterbrach somit meine Gedanken. Logan lag immer noch schlafend auf dem Sofa. Wahrscheinlich würde er auch heute, durch die Narkose, nicht mehr wach werden.

Ich hatte Durst weswegen ich aufstand und zur Küche in die hintere linke Ecke der Wohnung ging. Ich nahm mir ein Glas aus dem Schrank oberhalb des Waschbeckens und schenkte mir Wasser ein.
Mitat kam ebenfalls hierher.

„Ich habe noch ein paar Dinge zu klären. Kann ich Logan für heute bei dir lassen Kumpel?", fragte ich ihn und lehnte mich an die Küchenzeile.

Er kam mir entgegen und nahm sich ebenfalls ein Glas Wasser. Seine schwarzen Haare waren durch die Dusche kreuz und quer verteilt.

„Ja klar. Ich muss ihn sowieso beobachten. Er hat viel Blut verloren aber sein Zustand hat sich schon verbessert."

Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn brüderlich.
„Danke dir nochmal."

„Kein Ding. Für dich immer.", klopfte der schwarzhaarige mir auf die Schulter ehe ich mich nach draußen begab.

Bevor ich die Wohnung endgültig verließ, blickte ich nochmal zu Logan. Er würde es schaffen, da war ich beruhigt.

Unten in meinem Auto angekommen, rief ich erstmal alle Männer zu unserem Treffpunkt, eine Lagerhalle außerhalb der Stadt, zusammen. Ab heute würde ein andere Wind wehen. Wir würde uns besser aufstellen und härter trainieren. Ab heute würde es das Wort "Gnade" nicht mehr geben.

Brennende SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt