Kapitel 8

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( S i l a s  )

"Sie wurden abgeholt", berichtete Asher ihm und er nickte gedankenverloren, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Dann dackelte er davon, zurück zu seinem Platz an der Tür, damit niemand hereinkommen konnte, der nicht eingeladen war. 

Am liebsten hätte er die Party beendet, hätte sie alle rausgeschmissen. 

Seine Gedanken explodierten und was ihn am meisten störte: Melody Thompson war weiterhin unbefriedigend für ihn. 

Er hatte sie den Abend über beobachtet, hatte gesehen wie die Typen aus seinem Jahrgang sie behandelt haben. Er hätte nicht gedacht, dass es sich wie Galle anfühlen würde, ihr Gesicht danach zu sehen. 

Ihr Blick hatte ihr verraten, dass sie von der Übereinkunft mit ihrem Vater wusste. Sie hatte nach Antworten in seinem Gesicht gesucht, die sie nie bekommen würde. Das einzige, was ihn für einen kurzen Moment befriedigt hatte, war die Angst in ihrem Gesicht. 

Was würde Silas De Clare wohl mit ihr anstellen? 

Das war eine Frage, die er selbst nicht beantworten konnte. 

Gerade schien ihm eine andere Frage allerdings wichtiger.

Immer wieder ging er die Situation durch, die sie dazu gebracht hatte, laut aufzuschreien. Ohne Frage war er grob zu ihr, doch hatte er sie verletzt? Anders konnte er sich ihr schmerzverzerrtes Gesicht nicht erklären. 

Es sei denn, sie war bereits verletzt... 

Der Gedanke daran brachte ihn dazu, sein Glas gegen die Wand zu werfen, die ihm an nächsten war.  

Die tanzende Menge richtete ihre Gesichter kurz auf ihn, starrten dann verlegen in eine andere Richtung. 

Eine Stunde noch, dann würde er sie alle rausschmeißen. 

~

( M e l o d y )

Ich war alleine auf dem Weg in die Bibliothek, um meine Hausaufgaben dort auszudrucken, als ich Silas wenige Meter vor mir entdeckte. 

Ich blieb stehen, überlegte ob ich umdrehen sollte. Er schüttelte kaum merklich seinen Kopf, beobachtete mich, als hätte er gewusst, was in meinem Kopf vorging. 

Es war vermutlich offensichtlich. 

Unweigerlich fing ich an zu zittern. Die letzte Begegnung mit diesem Jungen hatte ihre Spuren hinterlassen - sowohl psychisch als auch physisch. Ich hatte keine andere Wahl, als zu ihm zu gehen. 

Sein Blick klebte auf mir, bis ich unmittelbar vor ihm stehen blieb, meinen Laptop mit beiden Armen an meine Brust gedrängt. 

"Hey", begann er und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. "Hi", antwortete ich knapp. 

Dann setzte Silas sich einfach in Bewegung. Irritiert sah ich ihm nach, bis er sich umdrehte und mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen gab, ihm zu folgen. 

Ich verdrehte die Augen, wollte doch einfach nur in die Bibliothek. 

Er führte uns in einen abgelegeneren Bereich. Von hier aus gelang man zu einem einzigen Fachraum und es kamen kaum Schüler vorbei. 

"Ich habe eine Frage an dich", begann er und ich seufzte, verlagerte entnervt mein Gewicht auf das linke Bein. Sein Kiefer spannte sich an, er schien sich davon provozieren zu lassen. 

"Warum bist du verletzt?"

Seine Frage legte sich schwer auf meine Brust. Ich hatte gehofft, er würde den Vorfall einfach ignorieren. Dass es ihn nicht kümmern würde, wieso ich so reagiert hatte. 

Secrets of London I Dark Romance / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt