Kapitel 78

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( M e l o d y )

Als hätte ich eine Zeitreise gemacht, lag ich brav auf meinem Bett, eingekuschelt in einen von Silas' Pullovern, schaute einen Film und fragte mich, was unten wohl gerade besprochen wurde.

Der Pullover roch nach ihm, hatte er ihn ein paar Stunden den Tag vor seinem Verschwinden getragen. Mit jedem Tag, der verging, wurde die Angst größer, dass er seinen Geruch verlieren könnte. 

Asher und Saint hatten vier Männern eingeladen, die wieder einmal von der Sorte waren, denen ich ungern jemals in meinem Leben begegnen wollte. 

Diesmal würde ich nicht den Fehler machen und runtergehen, so viel hatte ich gelernt. Dennoch war es ein komisches Gefühl, zu wissen dass sie im Haus waren. 

In den vergangenen Tagen trafen sie sich mit vielen Leuten, hielten die Geschäftsbeziehungen aufrecht und versuchten nach Außen das Bild zu vermitteln, dass alles in bester Ordnung sei - so wie ich es tat, wenn ich diese furchtbaren Meetings betrat. 

Gerade als ich den nächsten Film auswählte, klopfte jemand an. Es war Wochenende, bereits nach Mitternacht, als Saint vorsichtig die Tür öffnete. 

"Sie sind weg", verkündete er mit heiserer Stimme, betrat mein Zimmer gefolgt von einer intensiven Rauchwolke. 

Ich richtete mich ein wenig auf, als er sich zu mir an den Bettrand setzte. 

"Wie lief es?", fragte ich und er fuhr sich müde durch sein Haar. 

"Es lief gut, sogar besser als erwartet", erzählte er, "und es ging wesentlich länger als erwartet. War bei dir alles okay?"

Ich nickte. "Alles gut soweit"

Für einen kurzen Moment hielten wir den Augenkontakt, dann blickte er in Richtung Fernseher. 

"Was schaust du dir an?"

"Monsieur Claude und seine Familie", antwortete ich und Saint lachte. Ich schubste ihn sanft, stieg in sein Lachen mit ein. "Der Film ist total lustig", verteidigte ich einen meiner Lieblingsfilme als er entschuldigend die Hände hob. 

"Darf ich?", fragte er und zeigte in Richtung Kopfende. Ich nickte und er setzte sich weiter aufs Bett, direkt neben mich. 

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, startete ich den Film. 

Saint kommentierte ab und zu einige Szenen, schien aber wesentlich interessierter daran zu sein, als er am Anfang zugeben wollte. 

"Gib es zu, der Film ist gut", forderte ich als er erneut lachte. 

Er legte lässig einen Arm hinter seinen Kopf, leckte sich über die Lippen. "Der Film ist okay", antwortete er mit einem Grinsen. 

Ich wollte ihn erneut dafür schubsen, doch er hielt mein Handgelenk mit der freien Hand fest, sah mich an und schüttelte neckisch den Kopf. 

"Tu das lieber nicht, Sweetheart", warnte er mich singend. Ich wollte mich lösen, doch er zog nach vorne, brachte mich aus dem Gleichgewicht und ich landete halb auf ihm. 

Ich lachte laut auf und er stieg mit ein. "Ich möchte dir wirklich nicht wehtun, sonst würde ich jetzt etwas von dem anwenden, das Asher mir beigebracht hat", behauptete ich, wusste aber dass ich keine Chance gegen Saint hatte. 

"Klar", schmunzelte er. 

Keiner von uns verlor ein Wort darüber, dass ich in seinem Arm liegen blieb. 

Er legte mir seine Hand auf den Rücken, strich immer wieder in beruhigenden Abständen drüber und es wurde ruhiger um uns. 

Hier und da lachten wir auf, kommentierten die Szenen seltener, weil die Müdigkeit in uns wuchs und das Reden schwerer machte. 

Secrets of London I Dark Romance / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt