Kapitel 12

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( S i l a s )

Die meisten seiner Schulkameraden freuten sich auf die Wochenenden, die sie zu Hause verbringen konnte. Silas nicht.

Es war 7 Uhr morgens und er saß bereits in einem Anzug vor seinem Schreibtisch, ging die Termine des heutigen Tages durch. Der Geruch seines schwarzen Kaffees stieg ihm in die Nase, das Licht der Schreibtischlampe brannte in seinen Augen.

8:30 Uhr - Termin mit Harry Thompson und Kollegen bezüglich der Erweiterung

Genervt atmete er aus. Silas hatte keine Zeit, sich damit zu beschäftigen, wie sehr er Harry Thompson hasste. Er holte die Akte hervor, die seine Assistenz für diesen Termin vorbereitet hatte und ging jedes Dokument für sich durch.

Silas war immer perfekt auf jeden Termin vorbereitet. Das war es, was sein Vater ihn seit seinem 14. Lebensjahr gelehrt hatte.

Die Kaffeetasse war leer, die Schreibtischlampe aus und das Tageslicht drang mittlerweile in sein Büro, als es an der Tür klopfte.

"Herein", rief er und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.

"Der Termin findet nicht in meinem Büro statt", knurrte er, als er Thompson sah. "Ich weiß, ich wollte kurz mit dir reden"

Harry betrat sein Büro, nahm ohne Aufforderung auf dem Stuhl gegenüber von ihm Platz und richtete seinen nervösen Blick auf Silas.

"Was gibt es?", fragte dieser, konnte sich aber schon denken, worum es ging.

Melody hatte ihrem Vater natürlich darüber berichtet, dass sie die Ferien nicht zu Hause verbringen würde. Er hatte nichts anderes von ihr erwartet.

"Nun ja, meine Tochter erzählte mir von deinen Plänen für die Herbstferien", dann runzelte er die Stirn. "Es ist nur so, dass sie und ihre Schwester immer zu ihrer..." Silas konnte sehen, wie die Ader an seiner Schläfe pulsierte.

"Hast du unsere Abmachung vergessen?", fragte er in einem kalten Ton, der Harry sofort zum Schweigen brachte. "Nein, ich..."

"Gut. Ich dachte, du hättest sie vergessen, denn ganz offensichtlich hast du deiner Tochter nichts darüber erzählt" Er schnalzte mit der Zunge, spürte wie die Wut ihn übermannte. "Sie scheint zu glauben, ich würde den Schulclown spielen und sie für die Fehler ihres Vaters unter den Augen unserer Klassenkameraden fertig machen"

Schuldbewusst wandte Harry seinen Blick von dem tätowierten Jungen ab. Silas spielte an dem Ring, der seine rechte Hand zierte. Ein teures Familienerbstück, welches er zu seinem 18. Geburtstag bekommen hatte.

"Es ist nicht einfach seiner Tochter zu gestehen, dass..." Silas brauchte ihn dieses Mal nicht unterbrechen, denn Harry fiel es schwer, die richtigen Worte zu finden. "Zu gestehen, dass man sie seine eigenen Fehler ausbügeln lässt?"

Demütig nickte er.

"Der Termin beginnt in zehn Minuten. Melody wird über die Herbstferien herkommen. Die Entscheidung liegt bei dir, ob du es ihr sagen möchtest oder ob ich es sie herausfinden lasse"

Er fragte sich, wie sie wohl darauf reagieren würde.

Mit leiser Zustimmung erhob Harry Thompson sich wieder aus dem Sessel und lief zur Tür. Er drehte sich noch einmal um, schien etwas sagen zu wollen, doch die Worte verließen seine Lippen nicht.

Silas knackte mit den Fingerknöcheln, hatte das dringende Bedürfnis jemandem eine reinzuhauen.

Vielleicht dürfte er Thompson dieses Mal die Nase brechen, wenn die Zahlen erneut falsch wären.

~

( M e l o d y )

Emma und ich rannten den Flur entlang, als wären wir auf der Flucht.

Secrets of London I Dark Romance / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt