( M e l o d y )
"Du weißt, dass sie dich damit nur provozieren wollen", sagte Saint sanft, lehnte gegen den Türrahmen und beobachtete, wie ich hin und her lief. Ich legte meine Uhr ab, meine Ohrringe und zog endlich diese verflucht hohen Schuhe aus.
Wer hätte gedacht, dass ich den ganzen Tag in einem Businessoutfit herumlaufen und Meetings führen würde - ich jedenfalls nicht.
"Damit sind sie ziemlich erfolgreich", brummte ich und wuselte mich weiter durch mein Schlafzimmer.
Das war das dritte Meeting, welches ich während Silas' Abwesenheit führte. In den vergangen zwei Wochen tat ich nichts anderes, außer zu lernen. Über die Unternehmen, die Geschäfte, die Strukturen und wie man mit solchen Leuten - überwiegend alte, weiße Männer, die niemals wissen durften, dass ich erst in einem Monat 18 werden würde - umging.
Nicht nur, dass sie mich nicht ernst nahmen, sie fingen außerdem an Silas Entscheidungen aus der Vergangenheit zu hinterfragen. Sie testeten ihre Grenzen aus.
Zwei Wochen.
So lange war es her, dass wir in diesem furchtbaren Keller festgehalten wurden und sich alles veränderte.
Niemals werde ich seinen Blick vergessen.
Silas hatte sich entschieden. Er sah zu mir rüber, kommunizierte mit seinen Augen und wandte sich mit gefasster Miene an Juri.
Dann sagte er ihm, er würde das *große Projekt* mit ihm durchziehen, wenn er uns gehen lassen würde.
Seine Worte lösten einen Wirbelsturm aus Emotionen aus. Ich wusste, dass es die richtige Entscheidung war, denn alles andere hätten wir niemals lebend überstanden. Als wir in das Haus gebracht wurden, hatten wir etliche Sicherheitsvorkehrungen durchlaufen. Das Haus war schlecht einsehbar und überall waren Juris Leute positioniert, die alle schwer bewaffnet waren.
Wenn ich ehrlich war, dann hatte ich für einen winzigen Bruchteil darüber nachgedacht, ob er sich für die Variante entscheiden würde, Emma und Oliver zurückzulassen.
Sie bedeuteten ihnen nichts und wenn ich eines gelernt hatte, dann dass diese Männer nicht einen Funken Mitgefühl für Leute hatten, die nicht zu ihrem Kreis gehörten.
Doch er tat es nicht und ich wäre ihm am liebsten in die Arme gesprungen.
Es war so lange her, dass wir uns nah waren, dass ich ihn Küssten konnte - oder einfach nur mit ihm reden.
Vier, maximal fünf Meter waren wir voneinander getrennt, als Oliver, Emma und ich aus dem Keller eskortiert wurden.
Ich schaffte es, einen letzten Blick hinter mich zu werfen. Unsere Blicke trafen sich und sie sprachen Bände.
Seither verging keine Minute, in der ich ihn nicht vermisste, in der ich nicht darüber nachdachte, was er tun musste, um sich von Juri freizukaufen.
Saint und Asher weigerten sich, mit mir darüber zu sprechen, wiederholten immer nur, dass es ihnen nicht erlaubt sei, mir davon zu erzählen.
Das einzige, was mir blieb, war mich in die Arbeit zu stürzen. Als seine Ehefrau musste ich ihn in allen geschäftlichen Angelegenheiten vertreten, genau wie Saint, der sein inoffizieller Stellvertreter war.
Gemeinsam besuchten wir tagtäglich irgendwelche Meetings, arbeiteten uns durch Portfolios und Verträge.
Ich war froh, wenigstens ein paar Monate auf dem Internat BWL gehabt zu haben, sonst hätte ich vermutlich schon die Nerven verloren.
"Ich lasse dir ein Bad ein, du schnappst dir ein Buch und kommst ein bisschen runter, okay Sweetheart?", holte Saint mich aus meinen Gedanken, machte sich bereits auf den Weg zum angrenzenden Badezimmer.
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Secrets of London I Dark Romance / Abgeschlossen
General FictionWas wärst du bereit zu tun, wenn deine Familie in Schwierigkeiten steckt? Was, wenn der Prinz von London dich zu seinem Eigentum ernennen will? Nicht der aus dem Königshaus, sondern der echte. Ausschnitt: "Fass mich nicht an", schrie ich und versu...