64.

1.2K 61 4
                                    

Es vergehen vier Tage, die alle nach dem gleichen Prinzip ablaufen, bis Alice ihren Worten Taten folgen lässt.

Wenn wir in der Schule sind, verbringe ich Zeit mit Nat und Pers Freunden, abends liege ich neben Alice und erzähle ihr jedes meiner Geheimnisse. Sie vertraut mir viel mehr über ihre Familie an als noch in Deutschland und ich spüre, wie mein Vertrauen in sie mit jedem Tag wächst. Als wir am Donnerstagabend draußen sitzen und Karten spielen, meint Alice: „Ich kann dich theoretisch nachher mitnehmen und bei Ole rauslassen. Es liegt auf dem Weg und dann kannst du Caleb sehen und nach meinem Training einfach wieder mitkommen." Nat grinst sofort und nickt aufgeregt, sie ist längst auf Caleb Entzug.

„Brüderchen, ich wette Kers... Kristen würde zu gerne mit dir und Mama in den Laden fahren", meint Alice und bekommt direkt einen genervten Blick von Kristen ab. Als sie jedoch versteht, was die Schwedin gesagt hat, schaut sie gespannt zu Per, der direkt lächelnd nickt. „Das können wir gerne machen. Kyra, willst du mit?", fragt er freundlich und ich sehe absichtlich nicht zu Alice. Stattdessen schaue ich Kristen an, die eindeutig auf Zweisamkeit mit Per hofft. In den letzten Tagen ist mir immer häufiger aufgefallen, wie gut die beiden sich verstehen. „Wie pflegst du zu sagen? Nat und ich sind aneinandergebunden. Ich gehe mit ihr", meine ich und bekomme dafür ausnahmsweise ein echtes Lächeln von Kristen. Nat schmunzelt leicht und sagt nichts gegen meine Aussage. Wir spielen das Spiel noch zu Ende und warten dann darauf, dass Alice ihre Sachen packt.

Ausnahmsweise fährt sie selbst und ich darf Beifahrerin sein. Auf dem Weg zu Ole reden wir über Per und Kristen, sodass die Fahrt schnell vorbei geht. Als Alice vor einer hübschen Villa hält, legt sie mir ihre Hand auf den Arm und meint: „Du kannst auch mit mir kommen, wenn du keine Lust auf die beiden Turteltauben hast." Ich muss sofort grinsen und nicke, weil Zeit mit ihr alles ist, was ich will. „Das habe ich gehört", murmelt Nat und steigt dann aus. Sie winkt uns noch auf dem Weg zur Tür, dann fährt Alice weiter.

Meiner Freundin beim Tennis zuzusehen, fasziniert mich genauso wie beim ersten Mal. Neben ihrem guten Aussehen ist auch ihr Talent und die Selbstverständlichkeit, mit der sie spielt, nicht zu übersehen. Wie zu erwarten, hat sie einen strengen Trainer, den ich jedoch auch hin und wieder lächeln sehe. Immer wenn Alice so in ihrer Konzentration gefangen ist, dass sie es unmöglich mitbekommen kann. Ich mache ein Bild von ihr während des Trainings und schicke es an meine Mutter. Sie antwortet schon nach wenigen Minuten mit einem Bild von Finja, die auf dem Sofa eingeschlafen ist. Mein Herz zieht sich leicht zusammen, wer hätte gedacht, dass ich meine Schwester so schnell schon vermissen würde. Ich will gerade noch etwas schreiben, als Schritte neben mir ertönen und ich aufsehe.

„Hat sie dich gezwungen, mitzukommen?", fragt Ivar, als er sich ein kleines Stück von mir entfernt auf die Tribüne setzt. Er hat wieder ein charmantes Lächeln aufgesetzt, das ich versuche zu erwidern, obwohl mir nicht danach zu Mute ist. Ich hätte vielleicht damit rechnen sollen, dass er hier sein würde. „So schlimm ist es nicht", antworte ich und er nickt immer noch lächelnd. „Kyra, oder?", fragt er und ich nicke, während ich meinen Blick wieder auf das Spielfeld lenke. Ivar fängt an, mich einige Sachen über Deutschland zu fragen und ich muss zugeben, dass er sehr gut darin ist, Smalltalk zu führen. Langsam frage ich mich, ob das den reichen Leuten hier einfach mit in die Wiege gelegt wird.

„Pass auf, jetzt gerade spielt sie nur noch mit ihrer Gegnerin. Sobald sie Lust dazu hat, wird sie einen Ball schmettern und den Punkt holen", meint er und zeigt auf Alice. Es dauert nur wenige Ballwechsel, bis er Recht behält und ich spüre, wie es an mir nagt, dass er sie so gut kennt. „Spielt ihr manchmal gegeneinander?", frage ich ihn und er schmunzelt leicht. „Wenn ich Lust habe, mich zu blamieren, ja", meint er und ich muss lachen. Auch wenn ich ihn nicht mögen will, fällt es mir verdammt schwer, etwas Unfreundliches an ihm zu finden.

Als Alice fertig ist, kommt sie zu uns und lächelt beim Anblick von uns beiden. „Was machst du denn hier?", fragt sie Ivar und er winkt ab. „Meine Eltern treffen sich mit Bekannten und es wurde mir zu langweilig." Alice grinst und zwinkert ihm zu: „Da wolltest du dir mal ansehen, wie man richtig Tennis spielt, verstehe schon." Ivar lacht und ich spüre sofort, dass die beiden tatsächlich einiges verbindet. Alice ist vor ihm nicht wie vor den anderen in der Schule. Es ist schön zu sehen, dass es Menschen gibt, bei denen sie sich wohlfühlt. Auch wenn es nur ihr Fakefreund ist. „Hast du schon mal gespielt?", fragt Ivar an mich gewandt und ich schüttele den Kopf. Sofort lächelt er leicht und nickt Alice zu: „Der hintere Platz bleibt heute Abend frei, zeig ihr doch was." Dann steht er auf, verabschiedet sich bei uns beiden und macht sich auf den Weg zurück zu seinen Eltern. Alice wirft mir einen fragenden Blick zu, woraufhin ich sage: „Ich muss dich warnen, ich bin vom Talent befreit." Sie grinst jedoch nur, schnappt sich ihre Sachen und winkt mich mit sich.

Alice ist eine unwahrscheinlich geduldige Trainerin und überrascht mich wieder mit einer neuen Seite an ihr. Sie hat das Talent, ihrer Stimme all ihre Strenge zu nehmen und mich mit ihren Worten in vollkommener Sicherheit zu wiegen. Dadurch verliere ich schnell meine Anspannung und traue mich, Dinge auszuprobieren. Sie wirft mir immer wieder Bälle hin und lässt mich drauf losschlagen. Hin und wieder zeigt sie mir, wie ich meine Haltung verbessern kann und ich genieße jede ihrer Berührungen. Wenn ich einen guten Schlag mache, grinst sie stolz und zwinkert mir hin und wieder zu.

Ich fühle mich wie ein verknallter Teenager und das ändert sich nicht, als sie mir irgendwann den Schläger wegnimmt und mich mit sich zum Umkleidebereich nimmt. Kaum sind wir in einem der schicken Räume, sitzt Alice auch schon auf meinem Schoß und küsst mich um meinen Verstand. Meine Finger finden von selbst den Weg unter ihren Rock und streichen über die weiche Haut ihrer Beine. „Du siehst beim Tennis viel zu gut aus", raune ich ihr zu und spüre, wie sie lächeln muss, während sie meinen Hals küsst. „Ach ja, gefällt's dir?", haucht sie in mein Ohr und ich bekomme sofort eine Gänsehaut. Ich nicke nur und ziehe ihre Lippen wieder zu mir, weil ich nicht genug von ihnen bekomme. Ihre Hände fahren unter mein Shirt und ich ziehe sie noch dichter an mich. Es wäre eine Lüge zu sagen, dass ich gerade nicht nur an eine einzige Sache denken kann. Ein kleiner Teil meines Kopfes erinnert mich jedoch daran, dass Alice noch nicht bereit ist und schafft es, meine Hände auf ihrem Hintern zu lassen.

„Ich will, dass wir heute Nacht in meinem Bett schlafen, okay?", flüstert sie zwischen den Küssen und ich nicke direkt. Wieso sollte ich dazu jemals nein sagen? Als sie mit ihrer Hand leicht unter meinen BH fährt, kann ich ein kleines Stöhnen nicht unterdrücken. Sofort werden ihre Augen noch dunkler als vorher und sie beißt sich auf ihre Lippe. Einen Moment lang sieht sie mir nur tief in die Augen, unser Atem hat sich synchronisiert und ist viel schneller als sonst. „Wir müssen heim", bringt sie nur hervor und drückt mir noch einen Kuss auf die Lippen, bevor sie aufsteht und mir zeigt, dass ich rausgehen muss. Ich schmunzele leicht und stehe auf, um sie an ihrem Trikot zu mir zu ziehen. „Schämst du dich vor mir?", frage ich, doch sie schüttelt sofort lächelnd den Kopf.

„Ich weiß nur, dass wir nie hier wegkommen, wenn ich mich jetzt vor dir ausziehe", sagt sie und gibt mir mehrere kleine Küsse auf die Wange. Lächelnd werde ich leicht rot und ziehe sie in einen kurzen intensiven Kuss. „Na gut", murmele ich und stupse ihr mit meinem Finger auf die Nase.

„Beeil dich, Zicke", sage ich, zwinkere ihr zu und genieße ihr Lächeln auf dem Weg nach draußen.


Only the rain knowsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt