In Alice Bett zu schlafen, fühlt sich so an, als würde sie mich in das letzte bisschen Privatsphäre einladen, das sie noch vor mir hatte. Ihr Duft hatte noch einige Tage bei mir zuhause in meinem Bett gehangen, doch hier ist es, als würde ich mich in ein Paradies meines Lieblingsgeruchs legen. Es hat definitiv Kingsize und ist unglaublich weich. Das Schönste daran ist jedoch die Schwedin selbst, die sich sofort in meine Arme legt. Ihre Haare riechen nach Shampoo und erinnern mich an Abende in Deutschland, wenn sie sich frischgeduscht zu mir und meiner Schwester gesetzt hat.
Heute scheinen alle einen wirklich schönen Tag gehabt zu haben. Nat habe ich an der Nasenspitze ansehen können, wie sie die Zeit mit Caleb genossen hat und Per und Kristen haben uns kaum wahrgenommen, als wir wiederkamen. Ich streiche sanft durch das Haar meiner Freundin und murmele: „Ivar scheint nett zu sein." Ich spüre sofort, wie sie schmunzeln muss und ihren Arm fester um meine Hüfte schlingt. „Danke", flüstert sie und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Ich hebe fragend eine Augenbraue, doch sie fügt direkt hinzu: „Dafür, dass du ihm eine Chance gibst." Ich seufze nur und male einige Kreise auf ihrem Arm, als könnte ich ihr irgendetwas abschlagen. Wenn ich daran denke, wie verrückt sie mich in Deutschland gemacht hat, kann ich es mir kaum mehr vorstellen. Mittlerweile würde ich diesem Mädchen nicht mehr eine Sekunde etwas Böses wollen, im Gegenteil, ich würde für sie durchs Feuer gehen.
„Was machen wir am Wochenende?", frage ich, während ich mich mehr an sie schmiege. „Sicherlich denken sich meine Eltern noch was Tolles aus. Per und ich haben gleichzeitig ein Spiel, also werdet ihr vermutlich bei ihm zusehen." Ich runzele leicht die Stirn und frage: „Kann ich nicht bei dir zusehen?" Ich spüre, wie sie leicht schmunzelt, dann jedoch ihren Kopf schüttelt. „Meine Eltern werden bei mir zusehen, das will ich dir nicht antun." Obwohl ich die Antwort auf meine Frage schon weiß, stelle ich sie trotzdem: „Schauen deine Eltern immer bei dir zu statt bei Per?" Alice brummt zustimmend und erzählt mir dann von ihrer Jugend, in der sie mehr trainiert hat als alles andere. Während ihre Eltern bei Per immer etwas weniger genau hinsahen, musste sie stets Leistung zeigen.
„Es liegt schon in der Sache selbst. Eine Einzelsportart ist ein gutes Mittel, um sich von anderen zu unterscheiden und Tennis ist in unseren Kreisen ziemlich hoch angesehen. Mein Vater hat früher selbst gespielt und tut es jetzt meistens nur noch fürs Geschäft", meint sie und ich höre genau, dass sie diese Tatsache traurig macht. „Und du wirst das irgendwann auch machen", beende ich ihren Gedanken und sie nickt resigniert. Ich löse mich ein Stück von ihr, um sie ansehen zu können und lege meine Hand auf ihre Wange. „Wie würde deine Zukunft aussehen, wenn du es dir aussuchen könntest?", frage ich sie, doch sie verzieht direkt leicht das Gesicht. Sie weigert sich eindeutig, überhaupt darüber nachzudenken, doch ich lege mein bestes Lächeln auf, um sie doch dazu zu bringen.
Schließlich seufzt sie und meint: „Ich weiß nicht. Vielleicht würde ich Musik studieren und in ein schönes Dorf ziehen, wo meine Kinder den ganzen Tag draußen sein könnten, ohne dass ich mich sorgen müsste." Ich muss leicht lächeln und frage: „Du willst Kinder?" Sie nickt grinsend und erwidert: „Mindestens vier. Mein Haus wäre klein, dafür wäre der Garten riesig und meine Kinder könnten darin Fußball spielen, so wie ihre Mutter." Mein Herz wird warm und nur um sicher zu gehen, frage ich nach: „Ist in dieser Zukunft eine Frau an deiner Seite?" Sofort grinst sie und streicht an meinem Ohr entlang, um an meinem Helix herumzuspielen. „Nicht irgendeine Frau, in meiner perfekten Zukunft bist du an meiner Seite", sagt sie und erzeugt damit ein Gefühl in mir, das ich nicht in Worte fassen kann. Ich spüre das Blut in meine Wangen steigen und ziehe Alice zu mir, um sie küssen zu können. „Damit das klar ist, du schmeißt den Haushalt", nuschelt sie zwischen den Küssen und bringt mich damit zum Lachen. „Halt die Klappe", meine ich nur und verhindere ihren Einspruch mit meinen Lippen.
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Das Wochenende verläuft in etwa so, wie Alice es vorausgesagt hatte. Wir gehen zu Pers Spiel und ich kann ihr nur zwischen Tür und Angel noch viel Glück für ihr Spiel wünschen. Obwohl ihre Eltern nur einige Meter vor ihr laufen, dreht sie sich zu mir um und zwinkert mir auf dem Weg nach draußen zu. Caleb, Toby und die anderen schauen mit bei Per zu, sodass es nicht langweilig wird. Sie gewinnen und als Per ein Tor schießt, springt Kristen glücklich auf. Nat grinst mich an und ich weiß genau, was sie denkt. Toby fragt mich, ob wir nachher mit zu Astrid gehen wollen, die bei sich zuhause eine Party schmeißt. Ich weiß, wie schwer es ihm fällt, seine Gefühle zu zeigen und dass unsere Anwesenheit ihm den nötigen Mut geben könnte. Also sage ich zu und wir überreden auch Kristen, mit uns zu kommen. Per ist nach dem Spiel so gutgelaunt, dass er ganz begeistert von unserem Plan ist und direkt seinen Eltern Bescheid gibt.
Caleb, Mik und Ole begleiten uns ebenfalls und als Astrid uns die Tür öffnet ist sie sichtlich überrascht. Sie wohnt in einem schönen, großen Haus, das aber nicht so vor Reichtum trotzt wie andere Villen in der Gegend. Als sie uns durch den Wohnbereich zu Garten führt, wirkt sie leicht aufgeregt und ich bin mir sicher, dass das an Toby liegen muss. Er trägt wie immer ein weißes Shirt, dass seine Muskeln betonen soll und als ich ihn vorhin umarmt habe, konnte ich auch Parfum erahnen. Astrid trägt ein Sommerkleid und sieht mit ihren bunten Ohrringen wirklich süß aus. Sie ist vermutlich die einzige von Alice Schulfreundinnen, die ich sympathisch finden könnte.
Im Garten sitzen wie zu erwarten all die anderen Schwedinnen und auch ihre deutschen Austauschpartnerinnen. Erst als ich Victoria sehe, fällt mir wieder ein, dass sie mir geschrieben hatte. Ein schlechtes Gewissen überkommt mich, weil sie nicht verdient hat, wie ich mit ihr umgehe. Sie war nicht immer nett zu mir, aber ich sollte trotzdem nicht mit ihr spielen. Wir setzen uns zu den anderen und relativ schnell entstehen genug Gespräche, denen ich einfach lauschen kann. Toby sitzt neben mir und spielt nervös an seiner Stuhllehne herum, bis ich ihm meine Hand auf den Arm lege. Astrid ist gerade aufgestanden, um etwas zu trinken zu holen und es ist vielleicht Tobys beste Chancen, mit offenen Karten zu spielen. „Geh und hilf ihr", flüstere ich ihm auf Deutsch zu, doch er wirft mir einen verunsicherten Blick zu. „Du kannst das", sage ich mit Nachdruck und er nickt seufzend: „Okay." Als er ihr nachläuft, durchflutet mich eine Welle von Stolz, bei der ich nie erwartet hätte, dass ich sie mal in Bezug auf Toby spüren könnte.
Ich muss leicht lächeln, als mein Blick jedoch auf Vicky fällt und ich mich sofort wieder schlecht fühle. Wie kann ich von Toby erwarten, ehrlich zu sein, wenn ich es selbst doch nicht kann. Als Amber gerade mit einer der Schwedinnen beschäftigt ist, fasse ich mir ein Herz und warte, bis Vicky zu mir sieht.
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Only the rain knows
RomanceKyra ist seit sie denken kann verknallt in ein Mädchen, das nicht mal weiß, dass sie existiert. Sie ist zu schüchtern, um den nächsten Schritt zu wagen, als aus dem Nichts jemand in ihr Leben tritt, der alles verändern wird. Es ist sehr viel leicht...