10. Kapitel

122 14 29
                                    

Ich wollte nicht hier sein

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Ich wollte nicht hier sein. Eigentlich gab es sogar tausend andere Orte, an denen ich lieber wäre. Selbst das Diamonds hätte ich der blasierten Dinnerparty jederzeit vorgezogen, auch wenn das zwangsläufig hieß, dass ich Davids schulterlange Haare halten würde, während er sich die Seele aus dem Leib kotzte.

Aber wie so oft in meinem beschissenen Leben, hatte ich keine andere Wahl, als das nervtötende Händeschütteln und Küsschen links und rechts über mich ergehen zu lassen, bis ich anständig lange hier gewesen war, um mich wegen der Arbeit zu verabschieden. Damit ich meinen Frust letztendlich doch im Diamonds in Whiskey, Rum oder jeder anderen Mischung, die Obadiah mir vor die Nase setzte, zu ertränken.

Es grenzte an ein Wunder, dass ich innerhalb einer Stunde allen Politikern und Würdenträgern dieser verdammten Stadt die Hand geschüttelt und einen kleinen unwichtigen Plausch gehalten hatte, so wie es mir aufgetragen wurde. Ich sah William Seniors wohlwollendes Nicken, als sich unsere Blicke kurz kreuzten. Den zuckenden Mundwinkeln zufolge hatte er heute mehr gute Geschäfte gemacht als in den letzten Monaten zusammen.

»Da bist du ja. Ich hab dich schon die ganze Zeit gesucht.«

Heather hakte sich unvermittelt von hinten bei mir unter und zog mich in Richtung der breiten Glasfront zur Terrasse. Das Haus des Bürgermeisters erinnerte mehr an ein Herrenhaus des achtzehnten Jahrhunderts als an eine neumodische Villa auf Long Island. Es gab sogar einen vergoldeten Lüster, der von der Decke des Ballsaals hing und einen goldenen Schimmer auf seine Gäste warf. Das Gebäude konnte mitsamt Angestellten – von denen es eine Menge gab – mindestens drei Großfamilien aufnehmen, die sich in New York wahrscheinlich ein einziges Zimmer teilten. Bürgermeister Price allerdings lebte hier mit seiner Frau allein. Getrennt in einem der fünf Schlafzimmer, gesetzt den Fall, dass man den Gerüchten trauen konnte. Und in diesen Fällen konnte man das meistens.

»Was für eine öde Party. Ich dachte hier wären ein paar süße Typen, aber das sind ja alles nur alte Knacker. Die können ihre Finger nicht bei sich behalten«, beschwerte Heather sich schmollend und schüttelte sich gleich darauf angewidert. Das kobaltblaue Abendkleid schwang um ihre Knöchel und ich vermutete, dass sie sich nur deshalb so krampfhaft an mir festkrallte, damit sie nicht der Länge nach hinfiel.

»Sie würden es nicht wagen, dir auch nur nahe zu kommen«, brummte ich und ließ mich bereitwillig mitziehen. Ein wenig Luft würde mir nach dem Champagner ganz guttun. Wenn man mit jedem zweiten Politiker oder Geschäftsfrau auf einen schönen Abend anstieß, hatte man schnell einen gewissen Pegel erreicht, der einen glauben ließ, die Veranstaltung wäre es wirklich wert zu bleiben.

Heather hatte mein Vorhaben, mich an den nächsten Kellner zu wenden, um ein neues Glas Champagner zu bekommen, erfolgreich interveniert. Sie hatte ihre Rolle besser gespielt als ich und würde bestimmt noch eine Weile brauchen, bis auch sie jeden Tisch abgeklappert hatte und mit den Frauen der Politiker und Kaufmänner und was sie alle waren, gesprochen hatte. Das konnte sie gut. Wenn sie einmal begann zu reden, wurde man sie so schnell nicht wieder los. Und das wollte man auch nicht. Die Menschen fühlten sich wohl in ihrer Nähe und liebten ihre Geschichten. Jessica und William Senior nahmen sie aus diesem Grund öfters mit zu solchen Veranstaltungen. Ich hatte mich dieses Mal leider nicht entschuldigen können. Ich wusste nicht einmal, wofür diese Feier überhaupt stattfand. Feierten wir einen Geburtstag? Ein Jubiläum? Eine Wahlparty? Ich hatte absolut keine Ahnung. Nirgends waren Banner der Republikaner zu sehen, also schloss ich letzteres schonmal aus.

Me Because Of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt