17. Kapitel

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Adel verpflichtet

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Adel verpflichtet. Dieses Sprichwort hatte mein Vater in meiner Kindheit andauernd zum Besten gegeben. Zunächst hatten diese Worte für mich keinerlei Bedeutung gehabt, weil sie Tag und Nacht in meinen Ohren klingelten. Theoretisch wusste ich, dass unsere Familie altem englischen Adel entsprang und unser Name in manchen Ecken Englands noch mit vielsagenden Mienen ausgesprochen wurde. Dass man uns früh eingebläut hatte, keine Emotionen zu zeigen, um sich nicht verletzbar zu machen, war für mich irgendwie zur traurigen Normalität geworden.

Ich war der unnahbare arrogante William Cavendish geworden, der ich jetzt war. Der Junge, der in der Privatschule mit niemandem sprach, wenn es nicht unbedingt sein musste und der selbst dann nicht das Gesicht verzog, wenn er von seinen Lehrern gerügt oder zum Direktor geschickt wurde. Mein Name gab mir Immunität. Sie konnten mich nicht rausschmeißen.

Wen kümmerte es, dass ich zwei Stunden Mathe geschwänzt hatte, um hinter der Sporthalle zu rauchen? Wen kümmerte es, dass ich die letzte Englischarbeit in den Sand gesetzt hatte und nicht auf die Lehrer hörte? Meine Eltern jedenfalls nicht.

Meine Zukunft war bereits vorgeschrieben. Warum sollte ich mich anstrengen, wenn ich ohnehin nicht entschied, was nach dem Abschluss kam? Ein Studium an der Columbia. Management. Und dann irgendwann die Übernahme eines millionenschweren Unternehmens. Sein Leben vor sich zu sehen, als hätte man es bereits hinter sich war ätzend. Mehr als das. Es war absolut beschissen. Mit Henrys Weggang war es zur knallharten Realität geworden. Ich hatte immer an unbedeutender zweiter Stelle gestanden und war plötzlich nachgerückt.

Jetzt war nicht mehr Henry derjenige, der Samstag Unterricht bekam, um sich mit der Geschichte von Cavendish Corporation vertraut zu machen, sondern ich. Nicht er war derjenige, der sich die Vorträge seiner Eltern über die neuesten Technologien anhören musste, sondern ich. Und nicht er war es, der die Last dieser Familie auf den Schultern trug. Das war ich. Diese Last drückte schon so lange auf meine Schultern, dass das Gewicht nicht erst zum Vorschein kam, wenn ich mich in diesen trostlosen Büroräumen befand. Es war allgegenwärtig.

Adel verpflichtet. Wie ich diesen Spruch hasste.

Henry hatte sich nicht verpflichtet und war gegangen. Viel zu oft ertappte ich mich bei dem Gedanken, dass er es richtig gemacht hatte und ich wie er die Zügel in die Hand nehmen sollte, anstatt mein Leben von unseren Eltern steuern zu lassen. Dabei war er es, der mich direkt in die Scheiße manövriert hatte. Und ich musste den Karren nun aus dem Dreck ziehen.

»Deine Investitionen waren ja ganz schön, aber nun musst du dich endlich ernsteren Themen widmen. Du hast nicht studiert, um dein Potenzial an diese Start-Ups zu verlieren. «, fuhr Jessica unbeirrt fort.

»Start-Ups sind die Zukunft«, erwiderte ich geladen. Sie machte eine wegwerfende Handbewegung.

»Ein oder zwei Jahre wird es vielleicht gut laufen, aber danach hast du nur noch Probleme. Cavendish Corporation ist die einzige Konstante in deinem Leben. Diese Firma bedeutet Sicherheit. Ein sicheres Einkommen, ein sicherer Arbeitsplatz. Die künstliche Intelligenz ist noch ganz am Anfang. Denk doch an die Fortschritte, die wir in zehn Jahren erreichen können. Was ist daran schlecht?« Nun schwang wahre Begeisterung in ihrer Stimme mit. Diese lebhaften Ausbrüche waren selten und kam nur in Zusammenhang mit ihrer Arbeit zum Vorschein.

Me Because Of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt