26. Kapitel

102 9 23
                                        

Wenn es eine Hölle auf Erden gibt, war ich mir sicher, dass sie nicht mit der vor Anspannung getränkten Luft auf der Rückbank der Limousine mithalten konnte

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Wenn es eine Hölle auf Erden gibt, war ich mir sicher, dass sie nicht mit der vor Anspannung getränkten Luft auf der Rückbank der Limousine mithalten konnte. Jerome hatte die Trennwand zwischen uns hochgefahren, was die Luft hier drinnen noch schlechter machte. Ganz abgesehen von der Gesellschaft. Mir gegenüber saß Heather und schaute bisweilen mitleidig von dem aufleuchtenden Display in ihren Händen auf. Darauf lief irgendein K-Drama – das sah ich an den Untertiteln -, das offenbar höchst spannend war. Sie konnte die Augen kaum eine Sekunde davon losreißen, und sei es, um ihrem Bruder Beistand zu leisten, den man gerade zum Henker zerrte.

Obwohl sie ungewöhnlich ruhig war – das K-Drama beanspruchte ihre ganze Aufmerksamkeit – war es tröstlich, sie dabeizuhaben. Denn sie nicht dabeizuhaben, wäre das größere Übel gewesen.

Neben Heather hatte unsere Mutter ihre Hände im Schoß gefaltet, ein verkniffener Ausdruck auf dem Gesicht und wollte einfach nicht aufhören zu reden. »Reden» hieß in ihrem Fall »Befehle erteilen«.

»Ich kann deine Tattoos sehen. Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass du sie bedeckst?«, bemerkte sie spitz und das sanfte Licht ließ ihre rostroten Haare kurzzeitig zu Flammen werden, die ihren Kopf in Brand steckten. Meine Finger berührten die schwarzen Linien an meinem Handgelenk.

»Du hast es beschlossen, nicht ich. Man sieht sie ja kaum«, entgegnete ich schwach.

»Man sollte sie gar nicht sehen.«

An einer Diskussion mit ihr hatte ich keinerlei Interesse. Zumal wir beide wussten, wie diese Diskussion ausgehen würde. Sie brauchte diese Hochzeit – aus welchen Gründen auch immer. Von mir aus konnte sie über meine Geschmacksverirrungen lästern so viel sie wollte, aber ich würde ganz sicher nicht ihren Abdeckstift dazu benutzen, um meine Tattoos vor der Öffentlichkeit zu verstecken, als wären sie schreckliche Geheimnisse, über die man nur hinter vorgehaltener Hand sprechen durfte. Manchmal war sie ziemlich rückständig.

Ich war stolz auf die schwarzen Zeichnungen auf meiner Haut, jedes einzelne davon war besonders. Wenn ich am Abgrund stand und mich fragte, warum ich diesen Stress, den Stress mit der Firma und meinen Eltern, überhaupt über mich ergehen ließ, erinnerten sie mich daran. Ich war stärker als sie. Anmutig wie der Löwe, der seine Zähne in meinen Unterarm grub. Gerissen wie die Schlangen, die sich in einem Nest aus Blumenranken an meinen Armen emporschlängelten. Und mächtig wie der Drache, dessen schwarze Schwingen sich von einem Schulterblatt zum nächsten zogen und der fast meinen gesamten Rücken einnahm. Seine Muskeln waren meine Muskeln. Seine Stärke war meine Stärke. Irgendwann würde es sich bezahlt machen, wenn ich jetzt durchhielt.

»Heather, pack endlich das Handy weg. Was macht das bloß für einen Eindruck?«, wetterte sie nun gegen Heather. Die legte den Kopf schief.

»Sprichst du von Dad oder von dir? Denn ich glaube, Will hat gerade ganz andere Sorgen.« William Senior hatte den Blick aus dem Fenster gerichtet, doch ich spürte, dass er neben mir gluckste. Seine Körper zuckte verräterisch.

Me Because Of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt