»Soll ich wieder gehen? Ich kann draußen warten. Oder unten. Wenn dir das lieber ist.« »Das ist ja das Problem! Ich will nicht, dass du gehst.«
Julia Wentworth hatte nicht vor, sich zu verlieben, als sie nach drei Jahren Studium in Oxford an New Yor...
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»... und deshalb ist der Newcastle-Fall ein fabelhaftes Beispiel dafür, dass selbst die Justiz nicht frei von Fehlern ist. Wer Teil der Drogen-Mafia ist, gehört hinter Gittern. Nichts anderes hätte in diesem Fall passieren sollen. Da stimmen Sie mir doch zu, nicht wahr?«
Sofia Rodriguez nickte beschwichtigend, aber ich sah, dass sie ihrem Mann nur noch mit halbem Ohr zuhörte. Ihr Blick war auf das Smartphone unter dem Tisch gerichtet.
»Natürlich.« Auch ich nickte nur halbherzig und unterdrückte ein Gähnen. Der Newcastle-Fall war das einzige Thema, das Mr Rodriguez aufrechterhielt, so schien es. Der Anwalt, der sonst eher im Hintergrund agierte, konnte richtig aufgebracht werden, sobald die Sprache auf den Fall von vergangenem Sommer kam. Oder er tat fiese Sticheleien seiner Kollegen mit einem schwachen Lächeln ab.
Der Prozess gegen den Drogenboss Emilio Vito, einen der mächtigsten Männer der Stadt, hatte natürlich für große Aufmerksamkeit gesorgt. Er war wegen Mordes angeklagt worden. Ein Mord, den er nicht begangen hatte, so schwor er. Das allein stachelte die Verschwörungstheoretiker in New Yorks Untergrund an.
Natürlich standen die Anwaltskanzleien, die die Parteien vertraten – ein Drogenboss auf der einen und eine trauernde Familie auf der anderen Seite - um ein Vielfaches mehr im Rampenlicht. Die Verliererseite – was in dem Fall leider Mr Rodriguez bedeutete – war dabei wenig schmeichelhaft davongekommen. Nur am Rande hatte ich mitbekommen, dass Mr Rodriguez einige langjährige Klienten durch die Niederlage vor Gericht verloren hatte. Wenn man Dreck am Stecken hatte, blieb man bei keinem Anwalt, der nicht jeden Fall für sich gewinnen konnte. So weit ging die Loyalität der High Society nicht. Eigentlich hätte ich auch meinen Eltern zugetraut, sich von ihm zu distanzieren, doch mein Vater schwor nach wie vor auf Mr Rodriguez und seine Fähigkeiten. Er war Teil der Familie.
Doch Familie hin oder her. Ich bereute meine Entscheidung die Plätze mit Heather getauscht zu haben, damit sie neben ihrem Bruder sitzen konnte, doch ein kleines bisschen. Es bedeutete nämlich, dass ich seit einer Stunde die Erzählungen von alten und neuen Gerichtsfällen über mich ergehen lassen musste. Ein leiser Seufzer entfuhr mir ungewollt.
Heathers Blick war so voller Hoffnung gewesen, dass ich ihr den Wunsch nicht hatte abschlagen können. Und wer war ich schon, eine Schwester von ihrem Bruder fernzuhalten, den sie seit vierzehn Jahren nicht mehr gesehen hatte?
Tante Mildred, die so und nur so genannt werden wollte und die sich Gott sei Dank gerade auf den freien Stuhl zwischen Mr Rodriguez und mich setzte, war meine Rettung. Mr Rodriguez' Mund klappte mitten im Satz zu.
»Hach, Kinder. Vielleicht hätte ich doch besser einen Gang weniger essen sollen. Es spannt doch ganz schön um den Bauch herum. Dabei wollte ich doch noch das Tanzbein schwingen. Benedict, mein Lieber, ich hatte gehofft, dass Sie mir die Ehre erweisen.«
»Aber natürlich, Mildred. Sehr gerne.«
Mr Rodriguez wandte sich mit einem höflichen Nicken seiner Frau zu. Die Ärmste. Sie sah nicht besonders begeistert aus. Mr Rodriguez kam nämlich gerade erst so richtig in Fahrt, wie sein hochroter Kopf verriet.