»Soll ich wieder gehen? Ich kann draußen warten. Oder unten. Wenn dir das lieber ist.« »Das ist ja das Problem! Ich will nicht, dass du gehst.«
Julia Wentworth hatte nicht vor, sich zu verlieben, als sie nach drei Jahren Studium in Oxford an New Yor...
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Es war vollkommen zwecklos. Ich hatte versucht, ihn als William Cavendish Junior anzusehen, nur der Verlobte meiner Schwester, doch bereits nach wenigen Versuchen war mir die Unmöglichkeit dieses Unterfangens bewusst geworden. Für mich würde er immer Grayson bleiben. Egal, was passierte. So hatte ich ihn kennengelernt. Ich hatte ihn gesehen. Nicht als die Person, die er vorgab zu sein, sondern als die Person, die er wirklich war. So wie er auch mich gesehen hatte, als diejenige, die ich war und sein konnte. Dadurch schmerzte es umso mehr.
In den geschützten Hallen des Four Seasons war es mir leichter gefallen, zu ignorieren, was mir auf dem Herzen lag. Wir schwiegen einen Großteil des Weges, den wir durch einen kleinen Park abkürzten. Ein See, auf dem ein paar Enten schwammen, glitzerte in der Nachmittagssonne. Ich hatte meine Jacke ausgezogen, weil es so warm war und auch Grayson hatte die Ärmel seines Mantels hochgeschoben, sodass die Zeichnungen darunter zum Vorschein kamen. Ich erhaschte nur einen kurzen Blick auf die Fänge eines Löwen, bevor ich den Blick beschämt abwandte. Sehr viel peinlicher konnte es nicht werden.
Wir wussten beide nicht, was wir sagen sollten.
Ich fühlte mich eigenartig leer. Wie bei einem Ballon, den man mit der Nadel pikste, dem daraufhin alle Luft entwich, so war auch meine Wut auf ihn verflogen. Oder immerhin nicht mehr so präsent wie zuvor, denn nach all dem Mist, hatte ich da nicht zumindest eine Erklärung verdient?
»Warum?« Die Frage war raus, ehe ich mir überlegen konnte, was ich eigentlich genau von ihm hören wollte.
Warum? Warum hatte er sich mit mir getroffen, wenn er mit meiner Schwester verlobt war? Warum hatte er zugelassen, dass da dieses Etwas entstehen konnte, das nun für diese tiefe Kluft zwischen uns gesorgt hatte? Warum redete er nicht mit mir, sondern schwieg und machte dadurch alles schlimmer? Warum klopfte mein Herz wie wild, wenn er mich so ansah, wenn es das genaue Gegenteil von dem war, was ich wollte. Warum, warum, warum?
Grayson blickte hinter die Fassade. Vermutlich lag es an seinen Eltern und der Art und Weise, wie er aufgewachsen war. Oder einfach daran, dass ich meine Gefühle vor ihm nicht verstecken konnte. Er wusste sofort, wovon ich sprach.
»Ich dachte, ich hätte eine Wahl«, sagte er schließlich, die Hände tief in den Taschen vergraben und das Gesicht verzogen, als würden ihm die Worte physischen Schmerz zufügen.
»Und du denkst du hast keine«, schloss ich daraus.
»Ich habe keine«, berichtigte er.
Das wollte ich so nicht stehen lassen. Die Wut, die ich schon verflogen glaubte, bahnte sich einen Weg durch meine Adern. Heiß und aufbrausend. »Jeder hat eine Wahl.«
»Nun, ich habe keine.« Ein unkontrolliertes Beben lag in seiner Stimme und aus den Augenwinkeln sah ich, wie er die Hand zur Faust ballte und die Finger wieder löste. Seine Schritte wurden energischer, doch der endgültige Ausbruch blieb aus. Er beherrschte sich, beherrschte die Wut, die in seinem Körper brodelte und sperrte sie weg. Zusammen mit allen anderen Gefühlen. Zurück blieb die Person, die sich mir bei dem Essen mit meiner Familie offenbart hatte. William war alles egal. Aber Grayson ...