»Soll ich wieder gehen? Ich kann draußen warten. Oder unten. Wenn dir das lieber ist.« »Das ist ja das Problem! Ich will nicht, dass du gehst.«
Julia Wentworth hatte nicht vor, sich zu verlieben, als sie nach drei Jahren Studium in Oxford an New Yor...
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Beim Nachtisch wandte sich das Gesprächsthema von unbedeutendem Smalltalk schließlich den geschäftlichen Dingen zu. Es begann, indem mein Vater Mr Rodriguez auf einen seiner interessanten Fälle ansprach. Eine rechtliche Angelegenheit, von der ich nur am Rande mitbekommen hatte, die in den Medien jedoch für Furore gesorgt hatte und über die man sich folglich gründlich das Maul zerrissen hatte.
Mr Rodriguez war einer der Anwälte gewesen, die im Newcastle-Fall unfreiwillig ins Rampenlicht gerückt worden waren. Wenn man den Medien Glauben schenkte, hatte Mr Rodriguez und seine Anwaltskanzlei mächtig Einbußen gemacht. Er tat den verlorene Fall jedoch mit einer abwinkenden Geste ab und lachte ungezwungen. Sein Lachen kam mir ein wenig zu ungezwungen vor, doch vor so einem selbstgefälligen Publikum wie diesem, würde ich meine Fehler der Vergangenheit auch nicht diskutieren wollen.
Weil weder Mr Rodriguez noch John oder mein Vater den Ehevertrag ansprachen, begann Heather Julia in ein zwangloses Gespräch über Bücher zu verwickeln, weil sie in ihrem Zimmer offenbar ein großes Bücherregal vorgefunden hatte.
»War deine Schwester schon immer so bücherbegeistert?«, konnte ich nicht verhindern zu fragen. Ich war froh, dass Heather Julia so sehr in Beschlag genommen hatte, dass sie meine Worte nicht gehört hatte, sonst hätte ich mir vermutlich einen weiteren ihrer berühmten feindseligen Blicke eingefangen.
»Oh ja, schon immer. Man muss ihr nur ein Buch in die Hand drücken und sie ist die nächsten Stunden über beschäftigt.« Sie beugte sich vertraulich näher. »Früher habe ich ihr meine Bücher, die ich für die Schule lesen musste, gegeben, und hab sie danach immer ausgequetscht, was darin passiert ist. Ich habe keine einzige Schullektüre in meinem Leben zu Ende gelesen«, bekannte sie lachend.
»Das heißt, du bist keine Leseratte?«
»Um Himmels Willen, nein. Ich hab gar nicht die Zeit dafür.«
»Gehst du gerne im Central Park spazieren?«
Beth legte den Kopf schief. »Nein, das kann ich nicht behaupten. Versteh mich nicht falsch, ich bin gerne unterwegs. Aber ... ich bin nicht fit genug.«
Ich wusste genau, was ich da tat: ich versuchte Parallelen zwischen ihr und ihrer Schwester herzustellen, aber bis auf das gleiche braune Haar und die gleichen Sommersprossen – die bei Beth jedoch weitaus deutlicher hervortraten – konnte ich nichts finden. Sie waren wie Feuer und Wasser. Vollkommen unterschiedlich, doch in ihren Augen las man eine unerschütterliche Geschwisterliebe.
»Nicht fit genug?« Ich runzelte die Stirn und spürte Julias Augen mit einem Schlag überdeutlich auf mir liegen. Meine Nackenhaare stellten sich auf und streckten sich ihr entgegen. Meine Kiefer mahlten, als ich dem Drang widerstand den Kopf zu drehen und ihr ins Gesicht zu schauen. Wenn ich das tat, könnte ich nicht mehr wegschauen.
»Als ich 15 war, hatte ich eine Lungenentzündung, die zu spät behandelt wurde. Seitdem habe ich manchmal Atemprobleme, wenn ich mich aufrege oder zu sehr anstrenge«, flüsterte Beth und ihre roten Wangen bezeugten, wie peinlich ihr das Eingeständnis war. Ich wusste nicht recht, was ich darauf antworten sollte. Es erklärte immerhin, warum sich Julia manchmal wie die große Schwester vorkam. Sicherlich machte sie sich ständig Sorgen um ihre Schwester und ihren Gesundheitszustand.